Leitsatz

Wird gegen einen Kaufmann ein Anspruch im Klagewege geltend gemacht, ist aufgrund des Vorsichtsprinzips grundsätzlich eine Rückstellung zu bilden. Hiervon ist nur bei offensichtlich willkürlichen oder nur zum Schein erhobenen Klagen abzuweichen. Beim Wechsel der Gewinnermittlungsmethode sind Rückstellungen zwingend gewinnerhöhend aufzulösen. Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund einer Umwandlung der Aufwand aus der Rückstellungsbildung nicht steuermindernd geltend gemacht werden konnte.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft. Sie wurde mit steuerlicher Wirkung zum Ende 2003 durch Verschmelzung zur Neugründung durch Übertragung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft gegründet. Für das Jahr 2004 wurde die Gewinnermittlung auf eine Einnahmenüberschussrechnung umgestellt. Im Rahmen einer Betriebsprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass im Jahr 2003 eine Rückstellung wegen einer gegen die Kanzlei erhobenen Klage zu bilden sein. Der daraus resultierende Aufwand führe zu einem Verlustvortrag, der im Rahmen der Umwandlung nicht auf die Klägerin übertragen werden konnte. Aufgrund der Umstellung der Gewinnermittlung im Jahr 2004 sei die Rückstellung zudem bei der Rechtsnachfolgerin gewinnerhöhend aufzulösen. Hiergegen brachte die Klägerin vor, dass sie zum Klageverfahren ein externes Gutachten eingeholt habe. Danach sei nicht überwiegend wahrscheinlich gewesen, dass der geltend gemachte Anspruch begründet war. Folglich hätte eine Rückstellung nicht gebildet werden dürfen.

 

Entscheidung

Das FG folgte dem Finanzamt und wies die Klage als unbegründet ab. Nach Auffassung des Gerichts besteht bei anhängigen Prozessen - unabhängig von der Erfolgsbeurteilung - eine generelle Pflicht zu Passivierung einer Rückstellung. Eine Ausnahme hiervon bestehe lediglich bei offensichtlich willkürlichen oder erkennbar nur zum Schein erhobenen Klagen. Entsprechende Anzeichen erkannte das Gericht im Streitfall aber nicht. Auch die gewinnerhöhende Auflösung aufgrund der Umstellung der Gewinnermittlungsart erfolgte zu Recht. Dass der Aufwand aus der Rückstellungsbildung durch die Rechtsvorgängerin de facto steuerlich nicht geltend gemacht und auch nicht auf die Klägerin übertragen werden konnte, führe zudem nicht zu einer Übermaßbesteuerung, sondern sei Ausfluss der gesetzlichen Regelungen zur Einschränkung der Übertragung von Verlustvorträgen bei Umwandlungen.

 

Hinweis

Nach dem Urteil dürfen Kaufleute Rückstellungen bereits dann bilden, wenn eine Klage gegen sie erhoben wird. Ob der Beklagte mit einer mehr als 50%-igen Wahrscheinlichkeit unterliegen wird, ist dabei irrelevant. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls war diese Rechtsprechung für den Steuerpflichtigen im Streitfall nachteilig. Grundsätzlich dürfte die Steuerpflichtige aber von dieser Rechtsprechung profitieren.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 25.09.2012, 3 K 77/11

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