Leitsatz

Um die fristwahrende Absendung eines nicht beim Empfänger eingegangenen Schriftstücks glaubhaft zu machen, kann nicht auf ein Postausgangsbuch verzichtet werden, wenn Schriftstücke nicht kuvertiert in einen Postausgang gelegt werden, eine taggleiche Einlieferung bei der Post nicht sichergestellt ist und im Fristenkontrollbuch zudem keine Adressaten ausgewiesen werden. Die Absendung kann auch nicht durch eidesstattliche Versicherungen des Steuerberaters bezüglich der ordnungsgemäßen Organisation des Postausgangs und des Steuerpflichtigen hinsichtlich des fristgerechten Erhalts einer Abschrift nachgewiesen werden.

 

Sachverhalt

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Ihr steuerlicher Berater und Prozessbevollmächtigter gab an, gegen eine Einspruchsentscheidung fristgerecht Klage erhoben zu haben. Bei Gericht war die Klageschrift allerdings nicht eingegangen. Nach Bekanntwerden dieser Tatsache erhob der Prozessbevollmächtige erneut Klage. Da die Klagefrist mittlerweile abgelaufen war, beantragte er zusätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Um die ursprünglich fristgerechte Klageerhebung glaubhaft zu machen, fügte er dem Antrag eine Beschreibung der Organisation des Postausgangs seiner Kanzlei bei. Ein unterschriebener Schriftsatz wird demnach durch einen Rechtsanwalt in den Postausgang gegeben. Von dort werde er durch eine zuverlässige Mitarbeiterin zum nächstliegenden Briefkasten gebracht. Ist mit dem Postausgang eine Frist verknüpft, werde diese erst aus dem Fristenkontrollbuch gelöscht, wenn das Schriftstück tatsächlich das Haus verlassen habe oder postausgangsbereit sei. Hinsichtlich der Organisation der Fristenkontrolle gaben der Prozessbevollmächtigte und die damit beauftragte Mitarbeiterin eine eidesstattliche Versicherung ab. Zusätzlich versicherte die Klägerin an Eides statt, dass sie eine Abschrift der Klage fristgerecht erhalten habe. Aufgrund des Ablaufs der Klagefrist beantragte das Finanzamt die Klage als unzulässig abzuweisen.

 

Entscheidung

Das Gericht schloss sich dem Finanzamt an und gewährte keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die fristgerechte Absendung eines beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftsatzes kann durch die Vorlage objektiver Beweise glaubhaft gemacht werden, die belegen wann von wem und in welcher Weise es zur Post gebracht wurde. Dies erfolgt in der Regel durch ein Postausgangsbuch. Darauf kann nur verzichtet werden, wenn ein Fristenkontrollbuch entsprechend geführt wird, oder aufgrund der Büroorganisation sichergestellt ist, dass in der Poststelle unterzeichnet und kuvertiert eingereichte Schriftstücke ohne weitere Zwischenschritte noch am selben Tag zur Post gebracht werden. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall nicht erfüllt. Aus dem Fristenkontrollbuch ging nicht hervor an wen die streitige Klageschrift versendet wurde. Zudem erfolgt die Kuvertierung von Schriftsätzen erst in der Poststelle und ein Versand am gleichen Tag konnte nicht nachgewiesen werden. Die eidesstattlichen Versicherungen erkannte das Gericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH nicht als ausreichend für die Wiedereinsetzung an.

 

Hinweis

Um eine fristgerechte Versendung eines beim Empfänger nicht eingegangenen Schriftstückes glaubhaft machen zu können, ist nachzuweisen, wann von wem und in welcher Weise es zur Post gegeben wurde. Dieser Nachweis kann durch ein Postausgangsbuch oder ein entsprechend geführtes Fristenkontrollbuch erbracht werden. Um sich nicht auf einen ggf. schwieriger zu erbringenden Nachweis einer ordnungsgemäßen Organisation des bürointernen Postausgangs verlassen zu müssen, sollte nicht auf das Führen von Postausgangs- und Fristenkontrollbuch verzichtete werden.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 11.02.2010, 11 K 1306/07

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