Leitsatz

1. In der Übertragung von Gesellschaftsanteilen kann die mittelbare Schenkung des Erlöses aus einem bereits geplanten Verkauf der Anteile liegen.

2. Bei der Festsetzung von Hinterziehungszinsen sind die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung und die Höhe der hinterzogenen Steuer unabhängig von einem ergangenen Steuerbescheid zu prüfen.

 

Normenkette

§ 171 Abs. 10, § 235, § 370 Abs. 1 AO, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Ehemann (E) der Klägerin war zu 75 % am Stammkapital einer GmbH beteiligt. V beabsichtigte gemäß einer im Jahr 1989 abgegebenen schriftlichen Absichtserklärung den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der GmbH. Mit Vertrag vom 28.12.1989 verkaufte E 24 % der Anteile am Stammkapital der GmbH für einen Kaufpreis von 11.160.000 DM (errechnet aus einem nach dem Stuttgarter Verfahren errechneten Wert von 155 DM je Anteil im Nominalwert von 100 DM) an die Klägerin. Diese finanzierte den Kaufpreis zunächst durch ein von einer anderen GmbH, an der u.a. E beteiligt war, gewährtes Darlehen und löste dieses im Februar 1990 durch ein Bankdarlehen ab, für das E eine Bürgschaft übernahm. In den Jahren 1990 und 1991 verkaufte u.a. die Klägerin Anteile am Stammkapital der GmbH an V. Die Klägerin hatte in ihrer von einem Steuerberater erstellten Schenkungsteuererklärung angegeben, sie habe für die von ihr erworbenen GmbH-Anteile eine angemessene Gegenleistung erbracht. Nach Ermittlungen der Steuerfahndung ging das FA demgegenüber (unter Zugrundelegung eines Werts von 500 DM je Anteil im Nominalwert von 100 DM) von einer gemischten Schenkung aus und setzte gegen die Klägerin Schenkungsteuer fest. Für diese Schenkungsteuer setzte das FA ferner Hinterziehungszinsen fest.

Das FG beurteilte in seinem die Festsetzung von Hinterziehungszinsen betreffenden Urteil den Anteilserwerb der Klägerin ebenfalls als gemischte Schenkung; es setzte die Hinterziehungszinsen wegen eines anzusetzenden Paktabschlags herab (FG München, Urteil vom 13.7.2009, 4 K 235/06, Haufe-Index 2425194).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Das FG habe die der Klägerin übertragenen GmbH-Anteile zu Unrecht als Gegenstand einer gemischt-freigebigen Zuwendung beurteilt. Gegenstand der Zuwendung sei vielmehr der Verkaufserlös aus dem Verkauf der Anteile an V gewesen, weil die Klägerin über die übertragenen GmbH-Anteile nicht frei habe verfügen dürfen und den Kaufpreis für den Anteilserwerb nicht aus eigenem Vermögen habe aufbringen können. Es bedürfe daher einer erneuten Prüfung, ob eine Steuerhinterziehung vorlag und ab welchem Zeitpunkt der Zinslauf begonnen hat.

 

Hinweis

1. Bei Hinterziehungszinsen (§ 235 AO) ist Gegenstand der Verzinsung der hinterzogene Steuerbetrag. Bei einer Klage gegen den Zinsbescheid entscheidet das FG in eigener Zuständigkeit inzidenter darüber, ob die Voraussetzungen für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen gegeben sind. Die finanzgerichtliche Prüfungsbefugnis erstreckt sich auch darauf, ob eine zur Festsetzung von Hinterziehungszinsen berechtigende Steuerhinterziehung vorliegt und ob Beginn und Ende des Zinslaufs vom FA zutreffend ermittelt wurden. Das FG ist bei seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheids über Hinterziehungszinsen nicht an den zuvor ergangenen Steuerbescheid gebunden.

Bei der Festsetzung von Zinsen wegen hinterzogener Schenkungsteuer ist ein zuvor ergangener Schenkungsteuerbescheid mangels entsprechender gesetzlicher Anordnung kein Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10 AO. Der Schenkungsteuerbescheid entfaltet für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen keine Bindungswirkung. Insbesondere erstreckt sich die Prüfungsbefugnis und -pflicht des FG hinsichtlich des Zinsbescheids auch darauf, ob das FA von einem zutreffenden Gegenstand der freigebigen Zuwendung (§ 7 Abs. Nr. 1 ErbStG) ausgegangen ist und den Zeitpunkt der Entstehung der Schenkungsteuer (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) zutreffend ermittelt hat.

2. Bei der Hingabe von Gesellschaftsanteilen (z.B. GmbH-Anteilen) bedarf es genauer Prüfung, ob diese selbst Zuwendungsgegenstand sind. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG setzt nicht voraus, dass der Entreicherungsgegenstand beim Schenker und der Bereicherungsgegenstand beim Beschenkten übereinstimmen. So kann mit der Hingabe eines Vermögensgegenstands mittelbar die Schenkung eines anderen Vermögensgegenstands erfolgen. Eine solche mittelbare Zuwendung kann auch in der Zuwendung von Gesellschaftsanteilen liegen, wenn der Beschenkte im Verhältnis zum Schenker nicht über die Anteile selbst, sondern nur über deren Verkaufserlös verfügen kann. Diese mittelbare Schenkung ist erst ausgeführt (und damit die Schenkungsteuer entstanden, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG), wenn der Beschenkte gegenüber dem Schenker die freie Verfügung über den Zuwendungsgegenstand (Verkaufserlös) erhält.

3. Der Festsetzung von Hinterziehungszinsen steht nicht entgegen, wenn der Schuldner der hinterzogenen Steuer an der Steuerhinterziehung nicht mitgewirkt hat. Entscheid...

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