Zusammenfassung

 
Überblick

Mietverträge unter Angehörigen unterliegen generell einer kritischen Prüfung durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung. Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gründen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbunds typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können. Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung ist es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernsthaftigkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen (ständige Rechtsprechung, u. a. BFH, Urteil v. 16.2.2016, IX R 28/15, BFH/NV 2016 S. 1006).

Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen Angehörigen ist grundsätzlich, dass diese Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen und tatsächlich wie vereinbart durchgeführt werden. Vertragsinhalt und Durchführung müssen dabei dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Dieser sog. Fremdvergleich dient der Feststellung, ob der zu beurteilende Sachverhalt dem privaten Bereich (§ 12 EStG) oder dem Bereich der Einkunftserzielung (bei Mietverträgen demzufolge § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zuzuordnen ist. Dabei schließt nicht jede Abweichung vom Üblichen die Anerkennung eines Mietvertrags unter Angehörigen aus. Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind jedoch für die Besteuerung unbeachtlich (§ 41 Abs. 2 AO). Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn sich die Vertragsbeteiligten über den Scheincharakter des Rechtsgeschäfts einig sind, was bereits daran offenkundig werden kann, dass sie die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht ziehen. Für die Beurteilung eines Mietvertrags unter nahen Angehörigen kommt es entscheidend darauf an, ob die Vertragsparteien ihre Hauptpflichten wie die Überlassung einer konkret bestimmten Sache und die Höhe der Miete klar und eindeutig vereinbart und wie vereinbart durchgeführt – d. h. bezogen auf die Miete auch gezahlt – haben. Die Gewährung von Unterhalt ist kein Kriterium des Fremdvergleichs. Eine Wohnung kann grundsätzlich auch an ein unterhaltsberechtigtes Kind mit steuerlicher Wirkung vermietet werden.

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH ist ein Fremdvergleich nicht mehr nur bei Mietverträgen zwischen Angehörigen, sondern generell bei Mietverträgen zwischen "nahestehenden Personen" vorzunehmen, was eine deutliche Erweiterung darstellt. Was unter "nahestehenden Personen" zu verstehen ist, ist gesetzlich nicht definiert. Im Rahmen der Prüfung, ob ein Mietverhältnis unter nahestehenden Personen dem steuerlich bedeutsamen (§ 9 Abs. 1 EStG) oder dem privaten Bereich (§ 12 EStG) zuzuordnen ist, ist maßgeblich zu berücksichtigen, ob ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes, den Einzelfall bestimmendes Näheverhältnis angenommen werden kann. Maßgebend ist hierbei die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten (z. B. BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 42/15, BFH/NV 2017 S. 1422).

Besonderheiten gelten bei einer verbilligten Vermietung von Wohnraum.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO. Umfangreiche Ausführungen zu den Anforderungen der Rechtsprechung an die steuerrechtliche Anerkennung von Mietverträgen zwischen nahen Angehörigen enthält u. a. das Urteil des BFH v. 4.10.2016, IX R 8/16, BStBl 2017 II S. 273.

Ausführungen zu Mietverträgen unter Angehörigen finden sich auch in R 21.4 EStR und H 21.4 EStH "Fremdvergleich".

1 Steuerrechtliche Anerkennung

1.1 Voraussetzungen

Angehörigen steht es grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie steuerlich möglichst günstig sind. Mietverträge unter nahen Angehörigen sind steuerlich aber daraufhin zu untersuchen, ob sie durch die Einkünfteerzielung[1] oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich[2] veranlasst sind. Sie sind nur dann anzuerkennen, wenn sie bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und die Gestaltung und Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (sog. Fremdvergleich). Das gilt auch für Mietverträge, die mit Angehörigen und deren Lebensgefährten geschlossen worden sind.[3] Nach der Rechtsprechung ist die Frage, ob ein Fremdvergleich vorzunehmen ist, aber nicht nur auf die Fälle beschränkt, in denen eine Angehörigeneigenschaft vorliegt; vielmehr ist entscheidend zu berücksichtigen, ob ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes Näheverhältnis zwischen den Vertragsparteien angenommen werden kann.[4] Ein "Näheverhältnis" in diesem Sinne kann aus einer besonderen Beziehung zwischen 2 Vertragsparteien abgeleitet werden, wie z. B. zwischen Stiefmutter und Stiefsohn, die weder zivilrechtlich miteinander verwandt oder verschwägert noch steuerrechtlich Angehörige i. S. d. § 15 AO sind[5], oder zwischen der Steuerpflichtigen und der von den Eltern ihres Lebensgefährten beherrschten GmbH aufgrund der persönlichen ...

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