Rn. 1112

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Die Escape-Klausel des § 6 Abs 1 Nr 4 S 3 EStG ermöglicht dem StPfl einen abweichenden Wertansatz für die Privatnutzung des jeweiligen Kfz mit den tatsächlich auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen. Voraussetzung ist, dass der StPfl die Gesamtaufwendungen für das Kfz durch Belege nachweist und ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, das das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten wiedergibt. An diese sog Fahrtenbuchmethode stellen sowohl die FinVerw als auch der BFH hohe Anforderungen. Einwendungen gegen die strikten Vorgaben sind nicht erfolgsversprechend. Unter dem Az ist nun ein Verfahren beim BFH zur Frage anhängig, ob Rahmen der Fahrtenbuchmethode gemäß § 8 Abs 2 S 4 EStG nicht durch Belege nachgewiesene Aufwendungen geschätzt werden dürfen oder in diesen Fällen der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines Kfz zwingend gemäß § 8 Abs 2 S 2 EStG iVm § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG zu ermitteln ist. Das FG München hatte entschieden, dass der für die Anwedung der Fahrenbuchmehthode geforderte Belegnachweis bei geringfügigen Mängeln durch eine Hinzuzschätzung ergänzt werden kann (FG München v 16.10.2020, 8 K 611/19).

 

Rn. 1113

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Das Fahrtenbuch stellt dabei einen Eigenbeleg dar, bei dem eine formelle und inhaltliche Komponente zu unterscheiden sind (Kulosa in Schmidt, § 6 EStG Rz 530f (37. Aufl)).

  • Die Fahrtenbuchmethode ist für jedes betroffene Fahrzeug gesondert anzuwenden.
  • Es kann in elektronischer Form geführt werden. Zur erforderlichen technischen Ausgestaltung des elektronischen Fahrtenbuches vgl FG BdW EFG 2002, 667.
  • Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Dafür ist die Angabe des Datums, Fahrtziel, jeweiliger Kunde, Geschäftspartner oder Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben genügen regelmäßig nicht. Grundsätzlich ist jede einzelne berufliche Nutzung aufzuführen, Angabe des am Ende erreichten Gesamtkilometerstandes notwendig. Ausnahme, wenn betriebliche Verwendung aus mehreren Teilabschnitten besteht, es sei denn, diese Reise wird aus privaten Zwecken unterbrochen, dann sind zwei Reisen aufführen (vgl BFH v 15.02.2017, VI R 50/15, BFH/NV 2017, 1155).
  • Zu den erforderlichen Einzelangaben s BMF BStBl I 2009, 1326 Tz 23ff. So müssen zu den betrieblichen Fahrten stets Angaben über Datum, Km-Stand zu Beginn und Ende der betrieblich veranlassten Fahrt, Zielorte, Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner enthalten sein. Aufzeichnungen in einem handschriftlich geführten Fahrtenbuch müssen lesbar sein, die Lesbarkeit durch den Ersteller ist nicht ausreichend, weil das Fahrtenbuch als Nachweis gegenüber dem FA gilt, dh, die Handschrift muss letztlich lesbar sein (BFH VIII B 120/11, BFH/NV 2012, 949). Zur Frage, ob Unleserlichkeit von Fahrtenbüchern durch ein nachträglich erstelltes Transkript geheilt werden kann mit der Folge, dass die rein betriebliche Nutzung der Fahrzeuge erbracht und ein Privatanteil nach der 1 %-Regelung nicht anzusetzen ist, Revision beim BFH unter Az VIII R 12/21 anhängig. Nach Auffassung des FG München v 09.03.2021, 6 K 2915/17, im Streitfall nicht erfüllt.
  • Kleinere Mängel und Ungenauigkeiten (im Streitfall: Verwendung von Abkürzungen für Kunden und Ortsangaben; fehlende Ortsangaben bei Übernachtung im Hotel; Differenzen aus dem Vergleich zwischen den Kilometerangaben im Fahrtenbuch und laut Routenplaner; keine Aufzeichnung von Tankstopps) führen nach Auffassung des Nds FG v 16.06.2021, 9 K 276/19, nicht zur Verwerfung des Fahrtenbuchs und Anwendung der 1 %-Regelung, wenn die Angaben insgesamt plausibel sind (Anschluss an Urteil des BFH v 10.04.2008, VI R 38/06, BFH/NV 2008, 1373).

    Maßgeblich ist, ob trotz der Mängel noch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben gegeben und der Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung des Dienstwagens möglich ist. Dabei ist es dem FA zuzumuten, fehlende Angaben zu Hotelübernachtungen aus vorliegenden Reisekostenunterlagen zu ermitteln, sofern es sich nur um vereinzelte Fälle handelt (Abgrenzung zu FG Köln v 15.09.2016, 10 K 2497/15, EFG 2016, 2081). Dabei gilt, dass Angaben zu den Kilometerständen idR sofort, dh am Ende jeder Fahrt gemacht werden müssen. Nur Präzisierungen des beruflichen Zwecks dürfen ggf noch innerhalb einer Woche nachgeholt werden. Die Indizwirkung, die von fehlenden Gebrauchsspuren und einem gleichmäßigen Schriftbild eines Fahrtenbuches in Bezug auf eine unzulässige Nacherstellung ausgeht, kann vom StPfl entkräftet werden.

    Im Ergebnis dürfen die Anforderungen an das ordnungsgemäße Führen eines Fahrtenbuches nicht überspannt werden, damit aus der widerlegbaren Typisierung der 1 %-Regelung in der Praxis nicht eine unwiderlegbare Typisierung wird. Gerade im Hinblick auf die stark typisierende 1 %-Regelung wäre dies aus verfassungsrech...

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