Rn. 74

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Eine weitere Ausnahme für einen förmlichen Verstoß gegen den Einzelbewertungsgrundsatz bietet das Erfordernis der Bildung von Bewertungseinheiten. Denn wie jeder Grundsatz darf auch das Erfordernis der Einzelbewertung nicht verabsolutiert werden, weil sonst im Einzelfall ein schlichtweg nicht mehr sinnvolles Ergebnis erzielt wird (Benne, DB 1991, 2601, 2606). Im Handelsrecht sind diese Ausnahmen durch das BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)) in § 254 HGB kodifiziert worden. Das Steuerrecht ging dieser Regelung mit § 5 Abs 1a S 2 EStG seit 2006 voraus. In der Literatur ist dies intensiv im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften betreffend Fremdwährungen oder börsengängigen Vermögenswerten vor Einführung der gesetzlichen Vorschriften diskutiert worden (insb bei Christiansen, DStZ 1995, 388 mwN). Der Sinn von einschlägigen Sicherungsgeschäften (zB Termingeschäfte) besteht gerade darin, den potentiellen Vermögensverlust bei einer Forderung bzw Verbindlichkeit durch ein Gegengeschäft zu kompensieren (geschlossene Position). Nach der "Mechanik" dieser Geschäfte wird während des betreffenden Schwebezustandes eine Werterhöhung einer Forderungsposition (zB wegen gestiegenem Umrechnungskurs) durch eine gleich hohe Wertminderung der Sicherungsposition kompensiert und vice versa. Hier kann es schlichtweg nicht sinnvoll sein, etwa einen nicht realisierten Verlust nach dem Imparitätsprinzip auszuweisen, wenn mit Sicherheit dieser Verlust im Realisationszeitpunkt (zB bei Fälligkeit des Wertpapieres) durch das Gegengeschäft ausgeglichen wird. Zur Verbuchung von (teilweise) geschlossenen Positionen in Fremdwährung s die Bsp bei Kölpin, StuB 2001, 1107.

 

Rn. 74a

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Die steuerlichen Regelungen zur Bildung von Bewertungseinheiten auf dem Gebiet der Absicherungsgeschäfte (Sicherungsinstrumente) für die Grundschäfte beziehen sich ausdrücklich auf die Usancen der handelsrechtlichen Rechnungslegung. Obwohl diese Bewertungseinheiten erst nach Inkrafttreten des geänderten § 5 Abs 1a EStG (2006) mit der Änderung des BilMoG v 25.05.2009 (s vor § 1 Rn 193 (Bitz)) in der Vorschrift des § 254 HGB als lex speciales aufgeführt wurden, gilt der Maßgeblichkeitsgrundsatz auch für alle dort aufgeführten Hedge-Instrumente. Weitere Einzelheiten zur Anwendung dieser Vorschrift in der Bilanzierungspraxis ergeben sich aus der Veröffentlichung des IdW, RS HFA 35 v 10.06.2011. Die Zusammenfassung zu Bewertungseinheiten erfordert vergleichbare Risiken im Grundgeschäft und im Absicherungsgeschäft. Ohne diese Risikokompensation muss der Grundsatz der Einzelbewertung aufrechterhalten werden. Den identifizierten Risiken (zB Währungsrisiko, Zinsänderungsrisiko, Rohstoffpreisrisiko) müssen in der Wirkung gleichartige, aber gegenläufige Sicherungsinstrumente gegenübergestellt werden. Dabei müssen die Risiken identifizierbar und bewertbar sein (vgl Glaser in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen, Bilanzrecht § 254 HGB Rz 48).

Eine völlig gleiche Risikokategorie wird aber nicht gefordert, dies mangelt auch häufig an fehlenden entsprechenden Instrumenten oder am fehlenden Marktzugang. Neben der Ermittlung der Risikokategorie wird auch ein "objektiver Sicherungsbedarf" für die gesicherten Risiken gefordert. Dabei kann nur jeweils ein Einzelrisiko (zB Währungsrisiko oder Bonitätsrisiko) gleichzeitig abgesichert werden. Für ein Grundgeschäft können trotzdem unterschiedliche Risiken – allerdings nur in unterschiedlichen Absicherungsgeschäften – abgesichert werden. So kann eine Forderung in ausländischer Währung zB durch ein Devisengeschäft und zeitgleich durch den Erwerb eines sog credit/default swaps abgesichert werden (IDW, RS HFA 35 Rz 18).

 

Rn. 75

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

In § 254 S 2 HGB wird auch die Absicherung von Grundgeschäften durch Warentermingeschäfte zugelassen. Sie werden als Sicherungsgeschäfte akzeptiert, obwohl es sich dem Grunde nach nicht um Finanzierungsinstrumente handelt, weil auch eine physische Erfüllung der abgeschlossenen Geschäfte möglich ist. Warentermingeschäfte ohne die Möglichkeit zur Lieferung des Basiswertes mit einem cash settlement fallen bereits nach § 254 S 1 HGB unter die Finanzinstrumente.

 

Rn. 76

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Die Frage, ob die Zusammenfassung zu einer Bewertungseinheit auch die Pflicht zur Folge hat, dies bilanziell abzubilden, ist noch nicht eindeutig geklärt. Zunächst ist allerdings Voraussetzung für die Bildung einer bilanziellen Bewertungseinheit, dass der Kaufmann eine bewusste Entscheidung zur Risikoabsicherung trifft. Ob diese Entscheidung dann auch als Ausübung eines Wahlrechts zur Bewertungseinheit im bilanziellen Sinne anzusehen ist, wird unterschiedlich aufgefasst. Nach IDW, RS HFA 35 Tz 12 hat der Bilanzierende die freie Entscheidung hinsichtlich des bilanziellen Ausweises. Es wird allerdings ein Ausweis empfohlen. Von Glaser wird aus § 254 HGB eine Pflicht zum Ausweis von Bewertungseinheiten abgeleitet (Glaser in Hachmeister/Kahle/Mock/Schüppen,...

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