Rn. 1096

Stand: EL 160 – ET: 10/2022

Schon immer war in der Besteuerungspraxis das Thema der privaten Nutzung eines im BV befindlichen Kfz ein "heißes Eisen". Mit Wirkung ab 1996 hat der Gesetzgeber für diese Form der Nutzungsentnahme eine Spezialregelung folgenden Inhalts getroffen:

  • typisierende Festlegung des privaten Nutzungsanteils ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Kosten,
  • Möglichkeit für den StPfl, die Höhe der Privatnutzung durch ein Fahrtenbuch nachzuweisen (Escape-Klausel nach § 6 Abs 1 Nr 4 S 3 EStG),
  • pauschalierte Berücksichtigung der Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und für Familienheimfahrten gemäß § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG (s §§ 4,5 Rn 1723ff (Nacke)),
  • Werden mehrere Kfz in einem BV privat genutzt (s Rn 1110) kann zwischen Typisierung (1 %) und Fahrtenbuch je Fahrzeug unterschiedlich gewählt werden (BFH v 03.08.2000, III R 2/00, BStBl II 2001, 332).
  • Steuerliche Berücksichtigung von selbst getragenen Kfz-Kosten sowohl bei Anwendung der 1 %-Regel als auch bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode (BFH v 30.11.2016, VI R 2/17, HFR 2017, 314 und BFH v 30.11.2016, VI R 49/14, HFR 2017, 317, ergangen zu ArbN, Anm Geserich, HFR 2017, 316, sowie BFH v 16.12.2020, VI R 19/18, gleichmäßige Verteilung der (Einmal-)Zahlungen des ArbN für ein ihm auch zur Privatnutzung überlassenes betriebliches Kfz). Zur Vertragsgestaltung rund um die Fahrzeugüberlassung Wehl, NWB 2017, 3076.
  • Zur Privatnutzung des betrieblichen Pkw durch ArbN, vgl BMF v 03.03.2022, BStBl I 2022, 232 und zu den Änderungen Weber, BBK 2022, 338.

Im Ergebnis gilt danach Folgendes (entnommen der Begründung des Urteils des FG Mchn v 09.03.2021, 6 K 2915/17):

Nach dem Beweis des ersten Anscheins ist eine private Nutzung eines betrieblichen Pkw zu unterstellen. Dieser Anschein ist widerlegbar (s Rn 1097). In der Regel ist es dafür aber nicht ausreichend, wenn lediglich behauptet wird, dass für privat veranlasste Fahrten private Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Dadurch ist der Anscheinsbeweis in der Regel noch nicht erschüttert (vgl auch BFH v 02.07.2021, V B 34/20, nv im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug für ein betriebliches Kfz). Dieser kann aber zB dadurch widerlegt werden, wenn für Privatfahrten andere Fahrzeuge gleichen Status und Gebrauchswerts zur Verfügung stehen (BFH v 04.12.2012, VIII R 42/09, DB 2013, 262, auch s Rn 36). Je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen sind, desto leichter ist der Anscheinsbeweis zu erschüttern, weil keine nachvollziehbare Veranlassung für die private Nutzung des betrieblichen Pkw ersichtlich ist.

Nicht ausreichend ist es jedoch, wenn sich der StPfl für die privaten Fahrten auf ein Fahrzeug beruft, das ihm jedoch nicht ständig und uneingeschränkt zur Verfügung steht, so zB wenn auch der Ehegatte des StPfl das vergleichbare und für private Fahrten verfügbare Fahrzeug regelmäßig nutzt. Denn durch die regelmäßige Nutzung durch den Ehegatten wird der StPfl von der Nutzung ausgeschlossen, so dass ihm das für private Fahrten gedachte Fahrzeug nicht uneingeschränkt zur Verfügung steht. Voraussetzung für die Entkräftigung ist jedoch, dass dem StPfl die in Status und Gebrauchswert vergleichbaren Fahrzeuge für private Fahrten tatsächlich zur Verfügung stehen (vgl FG Münster v 21.03.2018, BB 2018, 1062, das im Streitfall eine Erschütterung des Anscheinsbeweises zuließ, NZB beim BFH unter Az IV B 28/18 eingelegt, aber als unbegründet zurückgewiesen).

Das FG Ha v 11.12.2019, 2 K 10/19 hat entschieden, dass die Widerlegung des ersten Anscheins einer Privatnutzung betrieblicher Kfz widerlegt sein kann, wenn einem StPfl neben einem als Großraumtaxi genutzten Pkw drei weitere Pkw für die Privatnutzung zur Verfüg...

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