Rn. 1658e

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Da die Zinszahlenstaffelmethode nicht mehr anzuwenden ist, sondern eine stichtagsbezogene Berechnung mit einem festen Zinssatz erfolgt, ohne dass dabei der Zeitpunkt von Entnahmen und Einlagen bzw die tatsächliche Entstehung der Überentnahme berücksichtigt wird, ergeben sich Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten.

Nachteilig sind Entnahmen, die zu Überentnahmen führen, wenn sie kurz vor Ende des Wj erfolgen, da die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen auf der Basis des gesamten Wj ermittelt werden. Es ist daher zu empfehlen, Entnahmen, die zu Überentnahmen führen, erst nach dem Jahresabschlussstichtag bzw zu Beginn eines Wj vorzunehmen, da sie dann nur das neue Wj belasten.

Entsprechend den Gestaltungsmöglichkeiten bei den Entnahmen bestehen solche auch bei den Einlagen. Durch Einlagen am Ende des Wj kann das Entnahmepotenzial erhöht werden. Jedoch ist zu beachten, dass eine allein zum Zwecke der Vermeidung der Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs 4a EStG vorgenommene Einlage zum Ende des Wj, um nur wenige Tage später im folgenden Wj diese wieder rückgängig zu machen, gegen § 42 AO verstoßen kann (so BFH BStBl II 2013, 16; FG BdW EFG 2009, 1354).

Auch durch den Ansatz eines außerordentlichen Gewinns am Ende des Wj kann ebenfalls das Entnahmepotenzial erweitert werden.

Da nach dem Gesetz typisierend die Überentnahmen mit 6 % und damit insbesondere Entnahmevorgänge zum Ende des Wj übermäßig verzinst werden (s Bsp bei Schneider/Petrak, WPg 2006, 1109 und Schallmoser, FR 2001, 514), werden im Schrifttum verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG geäußert (Schallmoser, FR 2001, 514; Schneider/Petrak, WPg 2006, 1109). Insbesondere wird dem Gesetzgeber vorgeworfen, er habe dem StPfl keine Möglichkeit einräumt, der typisierenden Regelung aus dem Weg gehen zu können (zB durch die Anwendung der Zinszahlenstaffelmethode).

Der Kritik ist uE nicht zu folgen. Dadurch dass der Gesetzgeber bei der Verzinsung die Entnahmen genauso behandelt wie die Einlagen oder (außerordentliche) Gewinne, dürfte der Nachteil durch einen entsprechenden Vorteil bei einer pauschalierenden Betrachtung aufgehoben sein (ebenso Wendt, FR 2000, 427). Im Übrigen hat der StPfl die Möglichkeit der oben genannten Gestaltung, so dass eine Verfassungswidrigkeit der Norm nicht angenommen werden kann (für Verfassungsmäßigkeit auch BFH BStBl II 2010, 1041; 2022, 662; Seiler in K/S/M, § 4 EStG Rz Ea 203; FG D'dorf EFG 2007, 572 mit Anm Valentin; Bode in Kirchhof/Seer, § 4 EStG Rz 192 (22. Aufl 2023); Loschelder in Schmidt, § 4 Rz 528 (42. Aufl 2023)). Das BVerfG vom 08.07.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, BGBl 2021, 4303 hat mit Beschluss über Verfassungsbeschwerden betreffend die Vollverzinsung nach den §§ 233a, 238 Abs 1 AO entschieden, dass ab 01.01.2019 von einer Verfassungswidrigkeit dieser Verzinsung im Hinblick auf ihre Höhe auszugehen sei. Er hat aber ausdrücklich offengelassen, wie zu anderen gesetzlichen Zinstatbeständen zu entscheiden ist. ME kommt auch im Hinblick auf diese Entscheidung des BVerfG unter Berücksichtigung der oben genannten Argumente keine andere Bewertung in Betracht (ebenso FG D'dorf vom 01.12.2022, 15 K 1131/19 G,F, Rev eingelegt Az BFH IV R 2/23).

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