Rn. 609

Stand: EL 121 – ET: 04/2017

Handelsrechtlich wird lediglich das AV definiert, UV damit nur indirekt als "Nicht-AV". Mangels eigener Begrifflichkeiten des EStG gilt dies auch für die StB. Nach der Definitionsnorm sind folgende Kriterien für "Gegenstände" zu beachten:

- Die bestimmt sind
- dauernd
- dem Geschäftsbetrieb
- zu dienen.

Unter "Gegenstände" sind handelsrechtlich Vermögensgegenstände und damit steuerlich WG zu verstehen (s Rn 594ff). Die weiteren Kriterien des "Dienens dem Geschäftsbetrieb" sind eher unproblematisch. Es verbleibt dann das Erfordernis der näheren Beleuchtung von "dauernd" und "bestimmt sind".

 

Rn. 609a

Stand: EL 121 – ET: 04/2017

"Dauernd" heißt sicherlich nicht immerwährend, und überhaupt darf die Auslegung nicht nur den Zeithorizont beachten, sondern vorrangig die Zweckbestimmung (Kußmaul/Huwer, DStR 2010, 2472). Man kann dazu differenzieren zwischen Ge- und Verbrauchsgut, im ersten Fall AV, im zweiten UV. Damit lassen sich unproblematische Fälle leicht identifizieren, zB das produktiv genutzte Gebäude als AV und das Rohmaterial zur Herstellung von Stahlprofilen als UV.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal kann auf die Dauer und die Art der Verwendung abheben; bei mehrmaliger Nutzung liegt AV vor, bei einmaliger nur UV. Einen typischen Anwendungsfall dieses Kriteriums stellen Stahlformen (Modelle) dar: Dienen diese einem kundenspezifischen Auftrag und können oder dürfen nur für diesen verwendet werden, liegt UV vor, bei auftragsunabhängiger Verwendung im eigentlichen Unternehmen dagegen AV (BFH v 08.10.1970, IV R 125/69, BStBl II 1971, 51ff).

Das Bsp belegt, dass in zweifelhaften Fällen nicht "entweder – oder" gilt, sondern "sowohl – als auch":

- Vorführwagen eines Autohändlers dienen zweckgerichtet der Präsentation eines zum Verkauf anstehenden Vorratsvermögens (insoweit AV), werden aber bereits beim Erwerb in der Absicht des Weiterverkaufs nach vielleicht sechs Monaten erworben (dann UV; BFH v 17.11.1981, VIII R 86/78, BStBl II 1982, 344).
- Musterhäuser eines Fertighausherstellers sind gleichermaßen wie die Vorführwagen des Autohändlers zu beurteilen (BFH v 31.03.1977, V R 44/73, BStBl II 1977, 684).
- Das längerfristig im Betrieb genutzte Flugzeug soll vor Ablauf der technischen Nutzungsdauer wieder veräußert werden (BFH v 09.02.2006, IV R 15/04, BFH/NV 2006, 1267).

In diesen Bsp hat der BFH jeweils auf AV entschieden, frühere Urt bei ähnlichen Sachverhalten lauteten dagegen auf UV. Die jeweilige Zwecksetzung richtet sich auf mehrfache (nicht unbedingt dauernde) Nutzung, aber auch zum Verkauf. Eine Gewichtung der beiden Zwecksetzungen wäre rein willkürlich. Einen typischen Fall stellen auch sog "Eiserne Bestände" im Produktionsprozess dar.

 

Beispiel:

In der petrochemischen Industrie bedarf es zum Betrieb einer Pipeline einer vorgreiflichen Füllung des gesamten Leitungsstranges durch Gas oder Öl. Ohne diese Verfüllung fließt kein Öl oder kein Gas durch die Leitung.

Der BFH v 13.01.1972, V R 47/71, BStBl II 1972, 745 hat beiläufig eiserne Bestände dem UV zugeordnet, allerdings darüber nicht spezifisch entschieden. ME ist eher eine Zuordnung zum AV im Hinblick auf das Kriterium der Herstellung der Betriebsbereitschaft (s § 6 Rn 170) anzunehmen.

Eine bedingte Verkaufsabsicht ist der Zuordnung zum AV nicht unbedingt schädlich. Das zeigt sich zB am Fall der Herstellung eines Mietwohngrundstücks mit schon bei der Planung vollzogener grundbuchmäßiger Aufteilung in ETW. Man mag darin schon ein Indiz für die Veräußerungsabsicht sehen, im Einzelfall kann es sich aber auch ganz anders verhalten. Der Investor (Gebäudehersteller) interessiert sich bei seinem Kalkül um den cash-inflow, sei es durch sofortigen Verkauf nach Baufertigstellung oder durch kurzfristige oder längerfristige Vermietung. Seine "Zweckbestimmung" ist also iSd bilanziellen Unterscheidung von AV und UV gespalten, eine objektive Lösung zu der einen oder anderen Variante besteht nicht.

Andererseits darf der zeitlich definierte Begriff "dauernd" nicht aus dem Betrachtungshorizont ausgeblendet werden. Wenn in einem Fertigungsbetrieb eine CNC-Maschine zur Bearbeitung von bestimmten Werkstücken angeschafft wird, dann gehen Zweckbestimmung und Dauer der Nutzung Hand in Hand. Dabei muss die Entscheidung im Zeitpunkt der Investition getroffen werden. Eine Retrospektive Jahre später kommt nicht in Betracht. So könnte im Fall der Anschaffung (aA Kußmaul/Huwer, DStR 2010, 2475) der CNC-Maschine nach einer halbjährigen Nutzung ein verlustträchtiger Weiterverkauf am Sekundärmarkt erfolgen, weil sich die Umstellung von einem Produktionslos auf das andere als zu umständlich und zeitaufwendig herausgestellt hat und nun eine andere wesentlich teurere Maschine angeschafft werden muss.

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