Rn. 1770

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Nach § 4 Abs 5 Nr 6b S 2 EStG nF ist ein auf 1 250 EUR begrenzter Abzug der Aufwendungen möglich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. "Anderer Arbeitsplatz" iSd Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist (BFH BStBl II 2005, 488; BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 14); weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen.

Die Abzugsbeschränkung setzt insbesondere keinen eigenen, räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich voraus, so dass ein anderer Arbeitsplatz auch dann gegeben ist, wenn er sich in einem Großraumbüro oder in einer Schalterhalle befindet (BFH BStBl II 2004, 78; 2004, 83; BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 14). Auch kommt es nicht darauf an, ob der andere Arbeitsplatz schlechtere Bedingungen hat. So ist unerheblich, ob der andere Arbeitsplatz durch Lärmbelästigung, Reinigungsarbeiten, Anlaufen der Klimaanlage oder Publikumsverkehr beeinträchtigt ist (BFH BStBl II 2004, 83; BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 14). Ebenso ist unbeachtlich, ob der StPfl subjektiv den anderen Arbeitsplatz für unannehmbar hält. Es kommt insoweit allein auf objektive Gesichtspunkte an (BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 14).

 

Rn. 1771

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Übt der StPfl mehrere Tätigkeiten aus, so ist das Merkmal erfüllt, wenn für eine von mehreren Tätigkeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (tätigkeitsbezogene Betrachtung, BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 15). Es kann nicht sein, dass jeglicher Abzug ausgeschlossen sein soll, obwohl zwangsläufig für die Tätigkeit, für die kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, Kosten wegen des häuslichen Arbeitszimmers entstehen. Steht nur für eine von mehreren Tätigkeiten, für die beide das häusliche Arbeitszimmer genutzt wird, kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, so sind aber die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer nur zeitanteilig absetzbar (BMF BStBl I 2004, 143 Rz 12). Die Kosten können nur bis zur Grenze von 1 250 EUR geltend gemacht werden, soweit sie auf die Tätigkeit, für die kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, entfallen.

 

Rn. 1772

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Ein anderer Arbeitsplatz steht auch dann nicht zur Verfügung, wenn außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, zB an Wochenenden oder in den Ferien, der StPfl auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen ist, um seine beruflichen Pflichten zu erfüllen (BFH BStBl II 2004, 80; aA BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 15).

Ein Poolarbeitsplatz, bei dem sich acht Großbetriebsprüfer drei Arbeitsplätze für die vor- und nachbereitenden Arbeiten der Prüfungen teilen, kann unter Umständen nicht als anderer Arbeitsplatz angesehen werden (BFH BStBl II 2014, 570; BFH/NV 2016, 380; auch s Kanzler, FR 2014, 656; Schneider, NWB 2014, 1860; Weber-Grellet, jurisPR-ArbR 29/2014 Rz 6; Geserich, DStR 2014, 1316).

 

Rn. 1773

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Steht der andere Arbeitsplatz nur zeitweise im VZ nicht zur Verfügung, so kann auch nur für diesen Zeitraum die Begünstigung gelten (BMF BStBl I 2017, 1320 Rz 15). Dies bedeutet, dass nur die Kosten für diesen Zeitraum geltend gemacht werden können. Da es sich beim Grenzbetrag um einen Jahresbetrag handelt, kann dieser aber voll ausgeschöpft werden.

 

Rn. 1774

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers entfällt aber nicht bereits dann, wenn dem StPfl irgendein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sondern nur dann, wenn dieser Arbeitsplatz grundsätzlich so beschaffen ist, dass der StPfl auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist. Das ist der Fall, wenn es sich um einen Büroarbeitsplatz handelt (BFH BStBl II 2004, 78; Giloy, BB 1995, 2454; Paus, INF 1995, 577; Urban, DStZ 1996, 229). Hat zB das häusliche Arbeitszimmer zwar einen PC, jedoch der andere Arbeitsplatz nicht, und erfordert die Tätigkeit Arbeiten am PC, so steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (aA noch BMF BStBl I 2004, 143 Rz 11). Es kommt nach Ansicht des BFH aber nicht darauf an, in welchem Umfang die Arbeitsmittel (hier ein PC) im Betrieb des Arbeitsgebers genutzt werden können (BFH BStBl II 2012, 127), denn es sei zwischen Arbeitsplatz (§ 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG) und Arbeitsmittel (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 6 EStG) zu unterscheiden.

Weiterhin kommt es nicht darauf an, ob der StPfl faktisch einen Arbeitsplatz nutzen kann. Ein "anderer Arbeitsplatz" steht daher iS des § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b S 2 EStG erst dann zur Verfügung, wenn der ArbG entsprechend verfügt hat (BFH BStBl II 2014, 674).

 

Rn. 1775

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Das Merkmal "kein anderer Arbeitsplatz" ist bei StPfl mit einem Arbeitsplatz (zB Handelsvertreter, Heimarbeiter) unproblematisch. Bei Ausübung mehrerer Tätigkeiten oder bei Ausübung an verschiedenen Stellen ist dies häufig schwierig zu bestimmen. Die Gerichte bzw Verwaltung haben hierzu vielfach entschieden bzw Vorgaben gemacht. So lassen sich ua folgende Fälle unterscheiden:

  • Bei einem Lehrer ist der Mittelpunkt der Berufstätig...

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