Rn. 200

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Korrektur-/Neutralisationsfunktion: Die Gewinndefinition (§ 4 Abs 1 S 1 EStG) weist den Regelungen über Entnahmen und Einlagen (§ 4 Abs 1 S 2–5 EStG) eine Korrektur- und Neutralisationsfunktion im Rahmen der Gewinnermittlung durch BV-Vergleich zu (s Rn 5). Entnahmen und Einlagen stellen in spiegelbildlicher Verbundenheit notwendige Bestandteile der Ermittlung des Gewinns iRd Vermögensvergleichs dar. Der Gewinn/Verlust als Unterschiedsbetrag von Vermögensbeständen zu zwei Stichtagen muss "bereinigt" werden um Vorgänge, die keine BE oder BA darstellen (s Rn 1616 (Nacke)), sondern auf außerbetriebliche Vorgänge zurückzuführen bzw durch außerbetriebliche Zwecke veranlasst sind. Entnahmen und Einlagen beruhen systematisch auf dem Veranlassungsprinzip (Wied in Blümich, § 4 Rz 442), sie stellen eine Parallelwertung zum Begriffsinhalt des BV dar: (zB) notwendiges PV darf – mangels betrieblicher Veranlassung – nicht in den BV-Vergleich einbezogen werden (s Rn 110). Der Gewinn als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögensbeständen zweier Stichtage würde ohne entsprechende Korrektur durch Entnahmen systemwidrig gemindert bzw durch Einlagen erhöht. Mit der Nutzungs- und Leistungsentnahme, durch die Aufwendungen neutralisiert werden, die auf eine nicht betrieblich veranlasste Verwendung von WG des BV zurückgehen, gehen Korrektur- und Neutralisationsfunktion über die BV-Eigenschaft von WG hinaus bis auf die Ebene des BA-Begriffs. Korrespondierend gilt dies für die Aufwands- und Leistungseinlage, die korrigierend den Einbezug solcher Aufwendungen in die Gewinnermittlung nach den Grundsätzen des BV-Vergleichs ermöglicht, die durch eine betrieblich veranlasste Nutzung betriebsfremder WG des StPfl entstehen (BFH v 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, 348).

Ersatzrealisationsfunktion: Die steuerliche Erfassung von Sachentnahmen (§ 4 Abs 1 EStG) zum Teilwert (§ 6 Abs 1 Nr 4 S 1 EStG) als gesetzlich angeordneter unechter – nicht auf einem Verwertungsakt beruhender – Realisationsvorgang verhindert grds eine steuerneutrale Entstrickung in der betrieblichen Sphäre gebildeter stiller Reserven/Lasten (BFH v 07.10.1974, GrS 1/73, BStBl II 1975, 168; BFH v 10.11.2004, XI R 31/03, BStBl II 2005, 334; BFH v 16.06.2004, BStBl II 2005, 378). Für Sachentnahmen im Lebensmitteleinzelhandel und in der Gastronomie hat die FinVerw Pauschbeträge festgesetzt (BMF v 02.12.2019, BStBl I 2019, 1287 für 2020). Für die Bewertung von Nutzungsentnahmen trifft das Gesetz lediglich Anordnungen bzgl der privaten Nutzung betrieblicher Fahrzeuge (§ 6 Abs 1 Nr 4 S 2, 3 EStG). Im Übrigen ist mit der Rspr davon auszugehen, dass der Entnahme nicht der Wert der privaten Nutzung, sondern (lediglich) der hierdurch verursachte Aufwand ("anteilige tatsächliche Selbstkosten", dh als BA berücksichtige Aufwendungen einschließlich fixer und variabler Kosten, AfA und Finanzierungskosten) zugrunde zu legen ist (BFH v 26.10.1987, GrS 2/86, BStBl II 1988, 348; BFH v 19.12.2002, IV R 46/00, BFH/NV 2003, 979 mwN). Im Fall der Zerstörung oder bei Verlust eines WG des BV (Unfall, Diebstahl) während einer privat veranlassten Nutzung, liegt ausschließlich eine Nutzungsentnahme, keine nachgehende Sachentnahme vor; das WG bleibt BV (BFH v 24.05.1989, I R 213/85, BStBl II 1990, 8; R 4.7 Abs 1 S 3, 4 EStR 2012). Dies hat zur Folge, dass (mangels Sachentnahme) bzgl bis zu diesem Zeitpunkt gebildeter stiller Reserven keine Gewinnrealisation eintritt. Die Nutzungsentnahme ist mit dem Restbuchwert des WG anzusetzen (bzw bei behebbaren Schäden mit den Reparaturkosten), Schadensersatzleistungen/Schrotterlöse sind BE (BFH v 24.05.1989, I R 213/85, BStBl II 1988, 348; R 4.7 Abs 1 S 4, 5 EStR 2012). Umgekehrt führt ein betrieblich veranlasster Verlust bzw eine Beschädigung von WG des PV zu BA in Höhe eines fiktiven Restbuchwerts bzw BA iH der Reparaturkosten (vgl nur BFH v 24.11.1994, I R 25/94, BStBl II 1995, 318).

Die Legaldefinition des § 4 Abs 1 S 2 EStG – Entnahmen sind alle WG, die der StPfl dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke entnommen hat – verdeutlicht, dass es systematisch bei Entnahmen um das Verlassen der betrieblichen Sphäre (Gegenstände/Nutzungen) für nicht betriebliche Zwecke geht. Bei mitunternehmerischen PersGes zählt zum BV das Gesamthands- und das Sonder-BV (s § 15 Rn 61 (Bitz)). Der Transfer eines WG vom Sonder-BV in das Gesamthandsvermögen und umgekehrt kann mangels Verlassen der BV-Sphäre keinen Entnahmetatbestand darstellen (BFH v 19.09.2012, IV R 11/12, BFH/NV 2012, 1880).

Systematisch sind Entnahmen und Einlagen im Rahmen der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs 1, 5 EStG auf der zweiten Gewinnermittlungsstufe zu berücksichtigen (s Rn 5). In der kaufmännischen Praxis der Gewinnermittlung erscheinen BA (handelsrechtlich Aufwand) und BE (handelsrechtlich Erträge) innerhalb der GuV-Rechnung. Entnahmen und Einlagen werden dagegen als Bestandteil der Kapitalkontenentwicklung gezeigt (so im Idealfall des Einzel...

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