ba) Ausschluss deutscher Besteuerung bei Veräußerung von WG (Steuerfreistellung)

 

Rn. 250

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Tatbestandliche Voraussetzung der Entstrickungsbesteuerung ist hier, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich des Gewinns aus der (späteren) Veräußerung des WG ausgeschlossen ist (zur Problematik dieses auf eine Rechtsfolge abstellenden Tatbestandsmerkmals s Rn 247). Veräußerung meint den entgeltlichen Wechsel in der personellen Zurechnung, dh entgeltliche Übertragung wirtschaftlichen Eigentums. Ein Ausschluss des Besteuerungsrechts soll nach dem Regelbeispiel des § 4 Abs 1 S 3 EStG vorliegen, wenn ein bisher einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnendes WG nunmehr einer ausländischen Betriebsstätte zuordnen ist. Die Entnahmefiktion soll insb in folgenden Fällen eingreifen (vgl auch Förster, DB 2007, 73):

  • Überführung durch unbeschränkt StPfl

    • aus dem inländischen Stammhaus in eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte
    • aus einer inländischen Betriebsstätte in eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte
    • aus einer ausländischen Anrechnungs- in eine ausländische Freistellungsbetriebsstätte (vorausgesetzt, nicht bereits eine vorangehende Überführung in die Anrechnungsbetriebsstätte hat eine fiktive Entnahme ausgelöst, s Rn 248)
    • beim Wegzug eines StPfl und Zurechnung von WG des Stammhauses mit Zentralfunktion zum neuen ausländischen Stammhaus (Bsp Beteiligungen, Patente, Marken, s BMF v 24.12.1999, BStBl I 1999, 1078 Rz 2.4, 2.6.1.c).
  • Überführung durch beschränkt StPfl

    • aus einer inländischen in eine ausländische Betriebsstätte
    • aus einer inländischen Betriebsstätte in das ausländische Stammhaus (s BMF v 24.12.1999, BStBl I 1999, 1078 Rz 2.6.3)
  • Abschluss eines DBA mit Freistellung von Betriebsstätteneinkünften (BMF v 26.10.2018, BStBl I 2018, 1104, passive Entstrickung, s Rn 248a).
 

Rn. 251

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Der Gesetzgeber strebt folgendes Besteuerungsverfahren für WG im UV (Vorräte) an:

 

Beispiel (nach Hruschka, StuB 2006, 586):

Der unbeschränkt StPfl A überführt in seine Freistellungsbetriebsstätte ein WG mit HK von 50 und Fremdvergleichspreis 80 in eine ausländische Betriebsstätte, wo noch bis zum Verkauf an Endabnehmer zu 100 Vertriebskosten von 10 anfallen.

Lösung:

Im Zeitpunkt der Überführung in die ausländische Betriebsstätte ist ein Quasi-Entnahmegewinn von 30 zu besteuern. Der in der Betriebsstätte noch anfallende Gewinn von 10 (nach Abzug der Vertriebskosten von ebenfalls 10) führt zu einer Anwendung des Progressionsvorbehaltes nach § 32b Abs 1 Nr 3 EStG.

 

Rn. 252

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Zu Zweifeln an der Sofortbesteuerungslösung zur Sicherung der inländischen Besteuerung stiller Reserven s Rn 247f. Die Überführung in eine ausländische Betriebsstätte bewirkt keine Beendigung der deutschen Steuerhoheit (Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1483; vgl auch Kessler/Huck, StuW 2005, 201; Wassermeyer, DB 2006, 1178; Werra/Teiche, DB 2006, 1456). Nach Art 7 Abs 1 S 2 OECD-MA kann ein Betriebsstättenstaat nur die Gewinne besteuern, die durch das Tätigwerden der Betriebsstätte erzielt werden und dieser auch entsprechend zuzurechnen sind. Die Regelung in § 4 Abs 1 S 3, 4 EStG (und § 12 Abs 1 KStG) fingiert einen Gewinn nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Überführung durch Entnahme oder Veräußerung. Nur für diesen Gewinn ist der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der BRD relevant. Die fiktive Entnahme (Veräußerung) kann sich nur auf den im Zeitpunkt der Überführung abgeschlossenen Teil der Produktion und einen sich daraus fiktiv ergebenden Produktionsgewinn beziehen. Ob auch ein Vertriebsgewinn entstehen wird, ist dagegen zum Zeitpunkt der Überführung ungewiss (Wassermeyer, DB 2006, 2420; Schneider/Oepen, FR 2009, 25; Schönfeld, IStR 2010, 135). Der den künftig entstehenden Vertriebsgewinn verkörpernde Wertschöpfungsbeitrag ist zum Überführungszeitpunkt noch nicht erbracht. Das überführte WG kann vor seiner Veräußerung auch untergehen. Entscheidend ist, ob das Besteuerungsrecht Deutschlands für den auf den Zeitpunkt der Überführung fiktiv angenommenen Entnahmegewinn (Veräußerungsgewinn) ausgeschlossen oder beschränkt wird, was § 4 Abs 1 S 4 EStG für das Regelbeispiel (pauschal) bejaht.

Im Bsp unter s Rn 251 bleibt auch nach Überführung in die ausländischen Betriebsstätte das Besteuerungsrecht aus dem Produktionsgewinn der BRD erhalten, ein "Ausschluss" des Besteuerungsrechts findet hier tatsächlich nicht statt. Lediglich die Erfassung etwaiger künftiger Wertsteigerungen wird ausgeschlossen (Förster, DB 2007, 73). Gleichwohl will der Gesetzgeber den Fall durch das Regelbeispiel des § 4 Abs 1 S 4 EStG erfasst wissen.

 

Rn. 253

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

vorläufig frei

 

Rn. 254

Stand: EL 148 – ET: 12/2020

Zur Zielrichtung der Entstrickungsnorm des SEStEG für ein WG des AV folgendes Bsp; weitere Bsp bei Schönfeld, IStR 2010, 133.

 

Beispiel:

Der inländische Tunnelbauunternehmer H überführt vom inländischen Stammhaus eine Bohrmaschine in die Schweiz zum Einsatz beim Bau des Gotthard-Basistunnels (Freistellungsbetriebsstätte). Der Buchwert der Bohr...

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