Rn. 1721

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Die Regelung des § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG erschließt sich im Kontext der Vorschriften zur Entfernungspauschale (§ 9 Abs 1 S 3 Nr 4, Abs 2 EStG) und zur Ermittlung des Anteils der Privatnutzung nach § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG. Fahrten zwischen Wohnung und Erwerbsstätte wurden vom Gesetzgeber der Erwerbssphäre zugeordnet. Daher sind die Fahrtkosten einer einmaligen täglichen Fahrt von der Wohnung zur Betriebsstätte/ersten Tätigkeitsstätte und zurück zur Wohnung grds in voller Höhe abziehbar. Die Aufwendungen können daher als BA bzw WK abgezogen werden. Ab 2001 gilt für alle Einkunftsarten die Entfernungspauschale, die diese betrieblich veranlassten Aufwendungen abdecken soll (§ 4 Abs 5 Nr 6 S 2 und § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG).

Unabhängig davon handelt es sich aber bei den Aufwendungen, die ein StPfl für sein betrieblich und privat genutztes Fahrzeug tätigt, um gemischte Kosten. Der Gesetzgeber hat zur Ermittlung des Anteils der Privatnutzung drei pauschalierte Berechnungsmethoden vorgegeben. Einerseits führte der Gesetzgeber durch das JStG 1996 die Pauschalierung der Privatnutzung durch die 1 %-Regelung des § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG ein. Damit sollte aber nicht der auf die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte entfallende Privatnutzungsanteil (= der über den betrieblich veranlassten Teil – die Entfernungspauschale – hinausgehende Privatanteil) abgegolten sein. Dieser zuletzt genannte Privatanteil der Kfz-Kosten ermittelt sich nach der 0,03 %-Regelung (§ 4 Abs 5 Nr 6 S 3 EStG). Danach ist der nichtabzugsfähige BA-Anteil mit 0,03 % des Listenpreises minus der zum Steuerabzug zugelassenen Entfernungspauschale pauschaliert anzusetzen (BFH BFH/NV 2013, 299; 2015, 1575).

Damit werden im Ergebnis StPfl, die Gewinneinkünfte erzielen, ebenso behandelt wie StPfl, die Überschusseinkünfte beziehen (BFH BFH/NV 2015, 1575). Weiterhin sieht § 4 Abs 5 Nr 6 S 3 EStG eine pauschalierte Berechnung des Privatanteils für Familienheimfahrten vor (0,002 %-Regelung).

Die BA-Kürzung durch die Berücksichtigung der privaten Nutzung bei den Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte wie auch bei den Familienheimfahrten führt nicht dazu, dass bei einer Aufdeckung der stillen Reserven, zB im Fall der Veräußerung des Kfz, diese zu kürzen sind.

 

Rn. 1722

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Die pauschalierte Bewertungsmethode (Listenpreisregelung) ist nach Auffassung des BFH verfassungsgemäß (zur 1 %-Regelung BFH BStBl II 2000, 273; 2001, 403; 2003, 472; 2003, 704; 2011, 451; BFH/NV 2002, 1024; 2003, 466; 2003, 1577; 2013, 299; zur 0,03 %-Regelung FG Münster EFG 2002, 312). Dem ist aus den vom BFH genannten Gründen zuzustimmen (BFH BStBl II 2000, 273). Dies gilt auch für die 0,03 %-Regelung des § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG. Auch hier hat der StPfl das Wahlrecht, die tatsächlichen Kosten zu ermitteln (§ 4 Abs 5 Nr 6 Hs 2 EStG). Er hat es damit in der Hand, durch Führung eines Fahrtenbuches zu erreichen, dass nicht die Listenregelung greift.

Allerdings wird vertreten, dass die Vorschrift des § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG insoweit verfassungsrechtlich bedenklich ist, als es durch eine kumulierende Anwendung von § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG (1 %-Regelung) und § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG zum gänzlichen Ausschluss des BA-Abzuges kommen kann (FG Münster EFG 2002, 312). Denn werden die tatsächlichen betrieblichen Kfz-Aufwendungen durch die 1 %-Regelung im vollen Umfang dem privaten Bereich zugerechnet, können die vom Gesetzgeber als betrieblich eingestuften Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht pauschaliert nach § 4 Abs 5 S 1 Nr 6 EStG noch berücksichtigt werden. Indes dürfte auch dieses Argument die Regelung nicht verfassungsrechtlich in Frage stellen. Wie die für verfassungswidrig erscheinenden Fälle der Kostendeckelung sind auch diese Fälle mit unerwünschtem Ergebnis durch die alternativ zur Verfügung gestellte Berechnungsmethode mittels ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs zu lösen. Damit wurde die im Raume stehende Verfassungswidrigkeit der Regelung vermieden (vgl Kanzler, FR 2000, 618; Schuhmann, FR 1998, 877).

Auch ist die pauschalierte Bewertungsmethode bei den Familienheimfahrten (0,002 %-Regelung) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Ungleichbehandlung bei der Anwendung der 0,002 %-Regelung bei ArbN und Selbstständigen sachlich gerechtfertigt (BFH BStBl II 2013, 812; Pezzer, BFH/PR 2013, 389; Kempermann, FR 2013, 1035).

Erfasst werden alle Kfz. Unerheblich ist die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einstufung (BFH BStBl II 2003, 472). Entscheidend ist nach dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, darauf abzustellen, ob das Fahrzeug nicht nur gelegentlich einer privaten Mitbenutzung zugänglich ist. Es gehören daher zu den Kfz zB Pkw, Motorräder, Geländewagen und sonstige Kombinationskraftwagen (BFH BStBl II 2003, 472).

Grundlage für die Berechnungen (auch der Kappung der Listenpreisregelung durch die tatsächlich entstandenen Kosten) sind bei einer Gesellschaft die Aufwendungen durch die Gesellschaf...

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