Rn. 101

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Durch den Übergang zur AbgSt kam es zu Friktionen, da der Systemwechsel in mehrere Grundprinzipien des ESt-Rechts simultan eingriff (zur Beschreibung des Übergangs durch den BFH s Urt BFH v 03.11.2015, VIII R 37/13, BStBl II 2016, 273 Rz 25 ff; zum Übergang bei Anschaffung von WG vor der erstmaligen Anwendbarkeit der AbgSt zuletzt BFH v 29.10.2019, VIII R 16/16). Insb der Übergang von der Nettobesteuerung nach § 2 Abs 2 S 1 EStG zur Bruttobesteuerung aufgrund des § 2 Abs 2 S 2 EStG (s Worgulla, FR 2013, 921) hat insoweit zu vorhersehbaren Rechtsstreitigkeiten geführt (Werth, DStR 2015, 1343, 1348). Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des WK-Abzugsverbots s Rn 111.

 

Rn. 101a

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Durch den Übergang von der synthetischen ESt, bei der WK bei den Einkünften aus KapVerm dem Grunde nach abziehbar waren (evtl eingeschränkt nach § 3c Abs 2 S 1 EStG, s zuletzt BFH v 07.06.2016, VIII R 32/13, BStBl II 2016, 769) zur Schedulisierung durch die AbgSt, bei der WK nicht abziehbar sind, entstand ein starker, vorhersehbarer Anreiz, WK noch im alten System zu verausgaben, Einnahmen aber unter der AbgSt zu vereinnahmen (Weiss, NWB 2016, 334, 336).

 

Rn. 102

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Daher hatte der Gesetzgeber in § 52a EStG aF eigene "Anwendungsvorschriften zur Einführung einer AbgSt auf KapErtr und Veräußerungsgewinne" vorgesehen. Diese sind inzwischen aufgehoben worden (iRd "KroatienAnpG" v 25.07.2014, BGBl I 2014, 1266; Korn/Strahl in Korn, § 52a EStG Rz 1, Aug 2014) und, soweit erforderlich, in § 52 EStG integriert worden; s zum Ganzen Weiss, FR 2016, 520).

 

Rn. 103

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Darin war bestimmt, dass § 2 Abs 2 EStG – der das WK-Abzugsverbot enthält – erstmals ab dem VZ 2009 anzuwenden ist (§ 52a Abs 2 EStG aF). § 52a Abs 10 S 10 EStG aF enthielt hingegen die Regelung, dass § 20 Abs 39 EStG "idF des Artikels 1 des Gesetzes vom 19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) … erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende KapErtr anzuwenden" seien (zum Übergang auch Karrenbrock, NWB 2015, 1310; zum Spielraum des Gesetzgebers bei der Gestaltung des Übergangs BFH v 03.11.2015, VIII R 37/13, BStBl II 2016, 273).

 

Rn. 104

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Insoweit konnten sich beim Übergang zur AbgSt zwei Konstellationen ergeben (s auch Jachmann-Michel in Drüen/Hey/Mellinghoff, FS 100 Jahre BFH, OVS 2018, 1279, 1281):

  • Zum einen konnte ein StPfl WK vor dem Stichtag verausgabt haben und nach dem Stichtag stpfl Einnahmen beziehen. Diese Konstellation konnte bewusst herbeigeführt worden sein, um die Abzugsfähigkeit gegen den progressiven ESt-Satz bis zum VZ 2008 noch zu nutzen, oder sich auch unbewusst ergeben haben.
  • Zum anderen konnte der StPfl vor dem Stichtag Einnahmen erzielen und nach dem Stichtag noch (nachträgliche) WK haben (zur Entwicklung der Rspr Moritz, DStR 2014, 1703, 1704). Diese Konstellation betraf häufig auch Selbstanzeigen im Bereich der Einkünfte aus KapVerm (Viebrock/van Lück/Szrubarski, DStR 2015, 391).
 

Rn. 105

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

In ersterem Fall hat der BFH selbst für Fälle bewusster Nutzung des Übergangs zur AbgSt den Abzug in VZ vor 2009 für zulässig erachtet (ausführlich dazu Weiss, EStB 2016, 299, 300). In seinem Urt BFH v 24.02.2015, VIII R 44/12, BStBl II 2015, 64 hat er den WK-Abzug für das sog "Grand-Slam-Program", bei dem eine "Vorabverwaltungsgebühr" noch vor Einführung der AbgSt gezahlt wurde, um dann während der Geltung der AbgSt Einnahmen aus KapVerm zu beziehen, zugelassen. Einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten hat er in der Gestaltung nicht gesehen.

 

Rn. 106

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

In letzterem Fall hat der BFH in st Rspr (zuletzt BFH v 09.06.2015, VIII R 12/14, BStBl II 2016 II, 199 mwN; zuletzt BFH v 28.02.2018, VIII R 41/15, BStBl II 2018, 478) den Abzug nachträglicher WK verweigert (insgesamt zu nachträglichen WK Geissler, NWB 2015, 332). Auch der an die Stelle der tatsächlichen WK tretende WK-Pauschbetrag (§ 2 Abs 2 S 2 EStG) hilft in diesen Fällen nicht, da dieser (§ 20 Abs 9 S 4 EStG) maximal bis zur Höhe der KapErtr zu gewähren ist, die aber im entsprechenden VZ häufig nicht vorlagen (Weiss, FR 2016, 520 mwN).

 

Rn. 107

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Das Urt des FG Nds v 22.06.2015, 7 K 19/13, EFG 2016, 641 hatte einen WK-Abzug für nachträgliche WK entgegen der oben genannten BFH-Rspr für möglich gehalten. Der BFH hat in der Revision seine nun st Rspr bestätigt. Zudem hat er an seiner gefestigten Rspr zur Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs 9 EStG festgehalten (BFH v 28.02.2018, VIII R 41/15, BStBl II 2018, 478; Werth, BFH/PR 2018, 205).

 

Rn. 108–109

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

vorläufig frei

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