Rn. 420

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Ein Kind, das das 18., jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung im Inland oder Ausland mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann.

  • Beginn der Berufsausbildung ist die Aufnahme der erstmaligen oder einer neuen Ausbildung.
  • Die Fortsetzung der Berufsausbildung betrifft die Fälle, in denen im Rahmen einer Berufsausbildung einzelne Ausbildungsabschnitte aufeinander folgen, wie das bei der Ablegung des ersten Staatsexamens der Fall ist, wenn das zweite Staatsexamen angestrebt wird.
 

Rn. 421

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Durch die Regelung werden Eltern, deren Kinder keinen Ausbildungsplatz haben, mit den Eltern gleichgestellt, deren Kinder sich in Ausbildung befinden. Das erscheint deshalb verfassungsrechtlich geboten, weil bei typisierender Betrachtung den Eltern, deren Kind (noch) keinen Ausbildungsplatz hat, ebenso Unterhaltsaufwendungen erwachsen wie Eltern, deren Kind über einen Ausbildungsplatz verfügt. Die Eltern – und nicht das Kind – sollen nicht benachteiligt werden, weil ihr Kind noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat. Die Ausbildungssuche beginnt in dem Monat, in dem die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz erfolgt, BFH v 28.02.2013, III R 9/12, BFH/NV 2013, 1079. Die Einschaltung der Agentur für Arbeit ist bei § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c EStG kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal, Selder in Blümich, § 32 EStG Rz 61 (Februar 2019); R 32.7 Abs 3 EStR 2012.

Bei § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c EStG wird das Kind – anders als bei § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b EStG – nicht nur für einen Zeitraum von 4 Monaten berücksichtigt, BFH v 15.07.2003, VIII R 77/00, BStBl II 2003, 845; BFH v 04.03.2010, III R 23/08, BFH/NV 2010, 1264.

Bei § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c EStG handelt es sich nicht nur um einen Auffangtatbestand für die Fälle, in denen die Regelung nach § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b EStG nicht greift. Die Vorschrift findet auch auf ein Kind Anwendung, das sich aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis heraus um einen weiteren Ausbildungsplatz bewirbt, die Ausbildung aus studienorganisatorischen Gründen aber nicht sogleich antreten kann und bis dahin im Beruf weiterarbeitet, BFH v 28.05.2013, XI R 38/11, BFH/NV 2013, 1774, und das Kind während der Vollzeiterwerbstätigkeit auf den ihm zugesagten weiteren Ausbildungsplatz wartet, vgl BFH v 17.06.2010, III R 34/09, BStBl II 2010, 982.

Nach H 32.7 EStH 2020 "Erkrankung und Mutterschaft", A 17.2 Abs 1 S 1 bis 3 DA-KG 2020 ist ein Kind auch dann nach § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst c EStG zu berücksichtigen, wenn es infolge einer Erkrankung daran gehindert ist, sich um eine Berufsausbildung zu bemühen, sie zu beginnen oder fortzusetzen. Dazu muss die Erkrankung und das voraussichtliche Ende der Erkrankung durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen werden. Ist nach den ärztlichen Feststellungen das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht absehbar, ist zu prüfen, ob das Kind wegen einer Behinderung nach § 32 Abs 4 S 1 Nr 3 EStG berücksichtigt werden kann. Ist das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht absehbar, reicht der Wille des Kindes, sich nach dem Ende der Erkrankung um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, nicht aus, BFH v 12.11.2020, III R 49/18, BStBl II 2021; 390; BFH v 18.02.20121, III R 35/19.

 

Rn. 422

Stand: EL 153 – ET: 10/2021

Neben dem objektiven Fehlen eines Ausbildungsplatzes erfordert der Tatbestand die subjektive Ausbildungswilligkeit des Kindes, BFH v 26.08.2014, XI R 14/12, BFH/NV 2015, 322; FG D'dorf v 20.08.1997, 10 K 1177/97 Kg, EFG 1998, 105; FG Mchn v 08.07.1999, 7 K 7128/98, EFG 1999, 1187. Diese muss darauf gerichtet sein, zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Berufsausbildung zu beginnen oder fortzusetzen, BFH v 30.07.2009, III R 77/06, BFH/NV 2010, 28; H 32.7 EStH 2020 "Kinder ohne Ausbildungsplatz"; A 17.1 Abs 1 S 9 DA-KG 2020. Dem Kind muss es trotz nachweisbar ernsthafter Bemühungen (H 32.7 EStH 2020; A 17.1 Abs 1 S 5 DA-KG 2020) nicht gelungen sein, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, BFH v 19.06.2008, III R 66/05, BStBl II 2009, 1005. Die Ausbildungsbereitschaft des Kindes muss sich durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben, BFH v 19.06.2008, III R 66/05, BStBl II 2009, 1005; zum Nachweis und zur Indizwirkung der Registrierung bei der Arbeitsvermittlung s Rn 321. Es ist eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, BFH v 22.09.2011, III R 30/08, BStBl II 2012, 411. Zum Nachweis für die ernsthaften Bemühungen des Kindes vgl H 32.7 EStH 2020 "Kinder ohne Ausbildungsplatz"; A 17.1 Abs 2 DA-KG 2020.

An der erforderlichen Ausbildungswilligkeit fehlt es auch dann, wenn das Kind aufgrund einer – wenn auch geringfügigen – anderen Beschäftigung oder der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes den Beginn der Ausbildung verschiebt, BFH v 15.07.2003, VIII R 79/99, BStBl II 2003, 843; FG SchlH v 30.08.2004, 5 K 274/03, EFG 2004, 1701; H 32.5 EStH 2020 "Kinder ohne Ausbildungsplatz"; A 17.1...

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