Rn. 101

Stand: EL 159 – ET: 08/2022

Anlaufverluste haben die Rspr wiederholt beschäftigt, wenn zwischen einem Gewerbebetrieb und einkommensteuerlich unbeachtlicher Tätigkeit abzugrenzen war. Entwicklungsübersicht über die Rspr:

  • Der GrS (BFH BStBl II 1984, 751) geht davon aus, dass längere Verlustjahre für sich allein noch nicht den Schluss zulassen, dass die Einkünfteerzielungsabsicht fehle. Es müssen vielmehr (zB bei Ausübung eines Katalogberufes nach § 18 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG (BFH BStBl II 2004, 455; FG Köln 10 K 3679/08, DStRE 2010, 1298 rkr) zusätzliche Beweisanzeichen hinzukommen, aus denen geschlossen werden kann, dass der StPfl die Verluste bringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübe (ebenso BFH BStBl II 1991, 564; 2004, 455; 2004, 1063; BFH/NV 1995, 866 sowie s Rn 93). Eine verlustbringende Tätigkeit ist nach Ansicht des GrS BFH BStBl II 1984, 751 nicht schon dann Liebhaberei, wenn das Unternehmen aus objektiver betriebswirtschaftlicher Sicht auf absehbare Zeit nicht zur Einkunftserzielung geeignet sei. Vielmehr müsse geprüft werden, ob die objektive Lage den Rückschluss auf ein Handeln des StPfl aus persönlichen Motiven zulasse (glA BFH BStBl II 1985, 455).

    • BFH BFH/NV 1995, 866 stellt für die Frage der Dauer der Anlaufzeit, für die die allgemeinen Liebhaberei-Grundsätze nicht gelten, auf die Eigenart jedes Betriebs ab;
    • demgegenüber stellte BFH BStBl II 1985, 399 – also nach der Entscheidung des GrS – noch auf eine achtjährige Betrachtung ab.
    • So geht BFH BFH/NV 2000, 23 mit Anmerkung Weber-Grellet, DStRE 1999, 824 bei einem typischen Gewerbebetrieb (hier: Kunstblumeneinzelhandel) auch nach 10 ausschließlichen Verlustjahren (kumulierte Verluste rd TDM 323) nicht ohne weiteres von Liebhaberei aus.
    • Bei einem luf Betrieb, der schottische Hochlandrinder züchtet, geht FG Sa EFG 1998, 92 rkr von einer Zeit mit Anlaufverlusten von 8–10 Jahren, ggf auch mehr, aus. Auch s Rn 104 "LuF"
    • Ein RA betreibt auch dann seine Kanzlei mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn er seit 20 Jahren Verluste iHv insgesamt 1 Mio DM erzielt hat, denn ein Unternehmen dieser Art ist idR nicht dazu bestimmt und geeignet, persönliche Neigungen außerhalb der Einkommenssphäre zu befriedigen (BFH BFH/NV 1997, 221). BFH BStBl II 2005, 392 mit 11-jährigem, FG Münster 7 K 3913/09 ua, EFG 2012, 919 rkr mit einem 9-jährigen Betrachtungszeitraum für RA (s Rn 123 "Rechtsanwalt").
    • Weniger großzügig dagegen wieder BFH X R 33/04, BStBl II 2007, 874 mit Anmerkung Kanzler, FR 2009, 85: idR nur 5-jähriger Betrachtungszeitraum (bei Buchverlag, s Rn 123 "Verlag").
  • Sind die Verluste der Anlaufphase, welchen Zeitraum man auch immer zu Grunde legt, so hoch, dass der StPfl davon ausgehen musste und auch davon ausgegangen ist, dass diese Verluste durch spätere Gewinne (einschließlich möglicher Veräußerungsgewinne) auch nicht annähernd ausgeglichen werden können, sind diese Verluste aufgrund der vom GrS (BFH BStBl II 1984, 751) entwickelten Totalgewinnprognose der Liebhaberei zuzuordnen (BFH BStBl II 1985, 399).
  • Die Erstellung einer positiven betriebswirtschaftlichen Kalkulation oder Ergebnisprognose während des Verlustzeitraums ist ein gewichtiges Indiz für eine Gewinnerzielungsabsicht (BFH BStBl II 2004, 1063; BFH X R 33/04, BStBl II 2007, 874).
  • Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, ob und wie der StPfl auf die längere Zeit erwirtschafteten Verluste hin reagiert (BFH BStBl II 1999, 727; 2000, 674; 2004, 455; 2004, 1063; 2005, 336; 2005, 392; BFH X R 33/04, BStBl II 2007, 874), etwa

  • Steht aufgrund der Entwicklung eindeutig fest, dass der Betrieb, wie ihn der StPfl betreibt, von vornherein keine nachhaltigen Gewinne erwarten lässt, indizieren auch Verluste in der Anlaufphase Liebhaberei, selbst wenn der StPfl den Betrieb aufgrund der Verluste wieder einstellt (BFH BFH/NV 1999, 1081).
  • Handelt der Rechtsnachfolger in einem Liebhabereibetrieb (dh im Gegensatz zum Rechtsvorgänger) mit Gewinnerzielungsabsicht (hier betreffend ein Weingut), sind die von ihm erzielten Verluste als Anfangsverluste eines neu eröffneten Betriebs anzuerkennen (BFH BStBl II 2000, 674).
  • Der Grundsatz, dass die Anlaufphase bis zum Eintritt in die Gewinnzone idR nicht länger als 3 Jahre dauert, gilt nicht für den Fall der Neugründung eines Unternehmens (BFHE 199, 217). Ferner s Rn 123 "Unternehmensneugründung".
  • Einem StPfl (hier: Dipl-Designer), der künstlerisch selbstständig tätig ist, kann zur Beurteilung seiner Gewinnerzielungsabsicht eine wied...

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