Rn. 45

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Der Anwendungsbereich ist sowohl hinsichtlich der Unternehmensgröße als auch hinsichtlich des Unternehmensalters des ArbG begrenzt. Dies wird durchaus kritisiert, Möllmann/Zantopp, DStR 2020, 2817, 2821; Hamacher/Jeuckens, NWB 2021, 964, 971; BR-Drucks 51/21 [Beschluss] S 6, resultiert jedoch letztlich aus der Fokussierung des Gesetzgebers auf kleine und mittlere Start-up-Unternehmen mit der dann einhergehenden Notwendigkeit einer Grenzbestimmung. Der Gesetzgeber hat die Kritik dabei jedenfalls dahingehend aufgenommen, dass die im ursprünglichen Gesetzesentwurf vorgesehene sowohl für das Unternehmensalter als auch die Steuerpause bestimmte 10-jährige Höchstdauer (BT-Drucks 19/27631, 44f) auf 12 Jahre erhöht wurde (BT-Drucks 19/28868, 101, Beschlussempfehlung des Finanzausschusses).

 

Rn. 46

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Hinsichtlich der Unternehmensgröße verlangt § 19a Abs 3 EStG, dass das Unternehmen des ArbG die in Art 2 Abs 1 des Anhangs der Empfehlung der Kommission v 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl L 124 v 20.05.2003, S 36, KMU-Definitionsempfehlung) in der jeweils geltenden Fassung genannten Schwellenwerte nicht überschreitet. Danach bestehen derzeit folgende Größenklassen:

 
  Mitarbeiter Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme
Kleinstunternehmen weniger als 10 höchstens EUR 2 Mio
Kleinunternehmen weniger als 50 höchstens EUR 10 Mio
Mittlere Unternehmen weniger als 250

höchstens EUR 50 Mio Jahresumsatz

oder höchstens EUR 43 Mio Jahresbilanzsumme

§ 19a EStG trifft keine Unterscheidung zwischen den Größenklassen, für die Begünstigung ist es daher ausreichend und notwendig, die für mittlere Unternehmen geltenden Schwellenwerte einzuhalten, Westermann/Thor, FR 2021, 198, 201; ausschließlich auf diese Werte verweist auch BMF v 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308 Rz 42.

Das Unternehmen darf die Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung nicht überschreiten oder im vorangegangenen Kj nicht überschritten haben. Die Möglichkeit des alternativen zeitlichen Bezugspunktes macht die Regelung flexibler und schafft insoweit einen gewissen Handlungsspielraum, Fahsel/Bergan, FR 2021, 729, 731; Westermann/Thor, FR 2021, 198, 202.

 

Rn. 47

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Das Gesetz trifft keine Aussage zur konkreten Berechnung der Schwellenwerte. Die Verwaltung will Art 3 ff der KMU-Definitionsempfehlung anwenden, BMF v 16.11.2021, BStBl I 2021, 2308, Rz 42. Dies ist uE kritisch zu sehen, immerhin verweist § 19a Abs 3 EStG explizit (lediglich) auf die Schwellenwerte. Die Anwendung von Art 3 ff der KMU-Definitionsempfehlung müsste daher in diesen Verweis "hineingelesen" werden.

Es zeigt sich zudem, dass beide Regelungsregime wenig aufeinander abgestimmt sind; so ist es wenig schlüssig, über die restriktive Auslegung des Unternehmens des ArbG in § 19a Abs 1 EStG (s Rn 55) hinausgehend nunmehr mit Blick auf Art 3 der KMU-Definitionsempfehlung auch Partnerunternehmen und verbundene Unternehmen in die Berechnung der Schwellenwerte einzubeziehen (krit auch Bleschick, EStB 2022, 27 f). Zudem beziehen sich die Angaben für die Berechnung auf den letzten Rechnungsabschluss und werden auf Jahresbasis berechnet (Art 4 Abs 1 der KMU-Definitionsempfehlung); nur bei neu gegründeten Unternehmen werden mangels Vorjahresdaten die relevanten Werte im Laufe des Jahres geschätzt (Art 4 Abs 3 der KMU-Definitionsempfehlung).

Diese Berechnungsweise hat zur Folge, dass es letztlich nicht auf die Angaben im Zeitpunkt der Übertragung, sondern diesbezüglich auf das vorherige Jahr ankommt; bei der Alternative des "vorangegangenen Jahres" wäre wiederum auf dessen vorheriges Jahr abzustellen.

Unklar ist uE zudem die Handhabe der für den Erwerb bzw Verlust des KMU-Status anzuwendenden 2-Jahres-Betrachtung (Art 4 Abs 2 der KMU-Definitionsempfehlung). Ist der Erwerb/Verlust dann rückwirkend innerhalb des Betrachtungszeitraums erfolgt? Die Annahme einer Rückwirkung würde die Praxis erschweren, da der Status im Zeitpunkt der Übertragung dann im Einzelfall fraglich sein kann. Lehnt man daher eine Rückwirkung ab, muss Art 4 Abs 3 der KMU-Definitionsempfehlung für Unternehmen im Gründungsjahr als abweichende Sonderregelung angesehen werden, iR dessen keine 2-Jahres-Betrachtung Anwendung findet; anderenfalls könnte ein Unternehmen im Gründungsjahr mangels Rückwirkung den KMU-Status nicht erlangen, was jedenfalls der Intention des Gesetzgebers widersprechen würde, der davon ausgeht, dass Startup-Unternehmen typischerweise die KMU-Voraussetzungen erfüllen, BT-Drucks 19/27631, 110. Zur Verdeutlichung der Verwaltungsansicht folgendes Beispiel:

 

Beispiel:

Die A-GmbH mit Kj als Geschäftsjahr überträgt am 01.10.2021 einen Geschäftsanteil an dessen ArbN.

Alternative 1: Die A-GmbH hat in den Jahren 2019 sowie 2020 die KMU-Schwellenwerte eingehalten, wie sich zu Jahresende herausstellt, jedoch nicht im Jahr 2021.

Lösung:

Die für die Berechnung der Schwellenwerte des Jahres 2021 notwendigen A...

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