Rn. 376

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Unproblematisch ist die Begründung einer (unechten) Betriebsaufspaltung, wenn dies sofort im Zusammenhang mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit geschieht, indem die durch Bargründung errichtete Betriebs-GmbH das UV erwirbt, der Einzel-Besitzgesellschafter oder die Besitz-PersGes oder Besitzgemeinschaft das AV an die GmbH verpachtet.

Dies hat für das durch die Betriebsaufspaltung entstehende "Besitzunternehmen" eine Betriebseröffnung zur Folge, dh, die verpachteten WG sind mit dem Teilwert anzusetzen sind (§ 6 Abs 1 Nr 6 EStG). Die Dreijahresfrist des § 6 Abs 1 Nr 5 S 1 Buchst a EStG sowie die Bewertungsregel für die Einlage der Anteile an der Betriebs-GmbH nach § 6 Abs 1 Nr 5 S 1 Buchst b EStG sind zu beachten (zum Umfang des BV s Rn 361–363).

Zurückbehaltene und an Dritte verpachtete WG stellen bei einem Einzel-Besitzunternehmen nicht notwendiges, sondern allenfalls gewillkürtes BV dar, bei fehlender Widmung PV; bei einer Besitz-PersGes werden sie dem BV zugerechnet (s Rn 162).

Zur Vermeidung einer Betriebsaufspaltung unter Ehegatten s das Wiesbadener Modell unter s Rn 302 zu (6).

Wegen der Gefahr der ungewollten Beendigung einer zuvor unerkannten unechten Betriebsaufspaltung s Rn 305.

Die erst später, nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit, erfolgende Begründung einer echten Betriebsaufspaltung (s Rn 302) im Wege einer steuerneutralen Übertragung von WG des Besitz-Unternehmens auf die Betriebs-KapGes zum Buchwert ist seit dem 01.01.1999 wegen § 6 Abs 6 S 1 u 2 EStG durch das StEntlG 1999/2000/2002 ausgeschlossen:

  • Wird zB der Betrieb eines Einzelunternehmens oder einer PersGes in der Weise aufgespalten, dass das Betriebsgrundstück zurückbehalten wird und das bewegliche AV und Vorratsvermögen auf die Betriebs-GmbH in Erfüllung einer Einlageverpflichtung auf das Stammkapital übertragen wird, so ist dies als tauschähnlicher Vorgang zu qualifizieren, und die AK der GmbH-Beteiligung bemessen sich nach dem gemeinen Wert der übertragenen WG (Buchung: Beteiligung an Buchwert übertragene WG und an sonstiger Ertrag). Bei den übertragenen WG handelt es sich idR nicht um einen Betrieb oder einen Teilbetrieb, da nicht sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen übergehen; eine Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG ist bei Übertragung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ausgeschlossen: BFH v 16.06.2004, BStBl II 2005, 378. Allerdings stecken im übertragenen Vorratsvermögen idR keine erheblichen stillen Reserven.

Bei Verkauf des UV in engem zeitlichem Zusammenhang an die neu gegründete Betriebs-GmbH liegt eine verschleierte Sachgründung (ua s BGH v 07.07.2003, GmbHR 2003, 1051) vor (Verstoß gegen § 5 Abs 4 GmbHG iVm § 6 Abs 2 S 2 Nr 3 Buchst c GmbHG und § 19 Abs 4 GmbHG idF MoMiG): keine Befreiung von der Einlagepflicht, aber Wertanrechnung – also Wertnachweis schaffen und 10 Jahre aufbewahren (auch s Mohr, GmbH-StB 2009, 134, 135). Wegen der Haftung s § 82 Abs 1 Nr 1 GmbHG.

  • Bei Übertrag ohne Anrechnung auf den Stammanteil liegt eine verdeckte Einlage nach § 6 Abs 6 S 2 EStG vor, an die Stelle des gemeinen Werts der übertragenen WG tritt deren Teilwert.
  • Schon vor 1999, seit BMF v 12.10.1994, BB 1994, 2318, war eine Übertragung von Einzel-WG unter Übernahme von Verbindlichkeiten auf die Betriebs-KapGes nicht mehr steuerneutral möglich: so BFH v 04.08.2010, BFH/NV 2010, 2053.

Eine verschleierte Sachgründung lässt sich wie folgt vermeiden:

  • Die Betriebs-GmbH erwirbt das UV und sonstige WG und übernimmt in Höhe des Kaufpreises Verbindlichkeiten, sodass das Stammkapital unberührt bleibt und zur freien Verfügung der Geschäftsführer steht (CarlÅ, KÖSDI 1995, 10 199)
  • durch Umwandlung der Kaufpreisverpflichtung über das UV und sonstige WG in ein Darlehen (Knobbe-Keuk, 9. Aufl 1993, 837; Kaligin, Die Betriebsaufspaltung, 4. Aufl 2001, 52).

Bei Verkauf materieller beweglicher WG aus der Besitz-PersGes heraus kann die gesellschafterbezogene Anwendung des § 6b EStG – s Rn 60 – hilfreich sein (so Stahl, KÖSDI 2003, 13 796).

Die erzwungene Gewinnrealisierung bei späterer Begründung der Betriebsaufspaltung verfehlt ihren Sinn, nachdem dem niedrigen Thesaurierungs-KSt-Steuersatz bei der Betriebs-GmbH der besondere Thesaurierungssteuersatz nach § 34a EStG ab 2008 an die Seite gestellt wurde.

Legt das Besitzunternehmen ohne Ausweis steuerlicher Gründe (Gestaltungshinweis: wäre im Gesellschaftsvertrag – zB in einer Präambel – zu dokumentieren) sein Wj abweichend von dem Wj der Betriebsgesellschaft fest, sodass eine Steuerpause eintritt (im Urteilsfall Wj v 01.02. bis zum 31.01.), liegt hierin ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten iSv § 42 AO: BFH v 16.12.2003, BFH/NV 2004, 936.

Schwerwiegende steuerliche Folgen ergeben sich, wenn es bei Begründung einer echten Betriebsaufspaltung ungewollt zur verdeckten Übertragung des (originären) Geschäftswerts (als solchen bezeichnet man üblicherweise die Gewinnchancen des Unternehmens, soweit diese nicht auf der Person des Unternehmers beruhen) auf die Betriebs-Gmb...

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