Schrifttum:

Schulze zur Wiesche, Freiberufliche Tätigkeit und Betriebsaufspaltung, DStZ 2018, 472;

Korn, Betriebsaufspaltung durch Verpachtung des Mandantenstamms, BeSt 2018 Nr 3, 25;

Sanden, Zur bilanziellen Einordnung von Kundenstämmen – Geschäftswertbildender Faktor, immaterielles WG oder persönliche Eigenschaft?, DB 2022, 2945.

 

Rn. 351

Stand: EL 165 – ET: 06/2023

Immaterielle WG (zB Patente, auch nicht patentgeschützte Erfindungen, Warenzeichen, Formeln, Autorenrechte, Namens- und Zeichenrechte – BFH vom 16.12.2009, BStBl II 2010, 808) können eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen, wenn sie zur Erzielung eines nennenswerten Umsatzes – Urteilsfall 16.12.2009, aaO, zwischen 61 % und 82 % – dienen (BFH BStBl II 2006, 457; 1999, 281; 1992, 415; 1989, 455; 1988, 537; 1973, 869; 1978, 545; H 15.7 Abs 5 EStH 2021 "Immaterielle WG"). Bestätigt BFH vom 11.07.1989, BFH/NV 1990, 99 (wesentlich > 50 %-Umsatzgrenze); BFH vom 14.09.1989, BFH/NV 1990, 522 (Umsätze im Urteilsfall fast ausschließlich patentbedingt). Der Leitsatz des rechtskräftigen Urteils des FG Sa EFG 1987, 131, lautet:

Zitat

"Überlässt eine GbR Patente an eine personengleiche GmbH, so liegen die sachlichen Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung jedenfalls dann vor, wenn der Anteil der Umsätze aus der Patentverwertung am Gesamtumsatz der GmbH 30 % beträgt."

Das Recht an einem Namen (auch der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person: BFH vom 12.06.2019, BFH/NV 2019, 138) oder an einem Warenzeichen kann auch dann wesentliche Betriebsgrundlage sein, wenn es nicht bilanzierungsfähig und nicht warenzeichenrechtlich bzw markenrechtlich besonders geschützt ist: BFH vom 16.12.2009, BStBl II 2010, 808.

"Kundenstamm und Know-how im Hinblick auf den Lieferanten" können als selbstständig verkehrsfähige WG bei isolierter Verpachtung eine wesentliche Betriebsgrundlage bilden, zB nachdem alle übrigen WG eines Großhandels auf eine beherrschte GmbH übertragen, Kundenstamm und Lieferanten-Know-how jedoch nur verpachtet wurden: BFH vom 05.06.2007, BFH/NV 2007, 2256. Hierzu auch Hinweis auf BFH vom 26.11.2009, BStBl II 2010, 609 Rz 20, wonach von entscheidender Bedeutung ist, ob eine Greifbarkeit am Markt gegeben ist, die fehlt, wenn die Kundenbeziehung untrennbar mit der Person des Unternehmers verknüpft ist.

Wird ein besonderes Pachtentgelt für einen "selbstständig nutzbaren" Kundenstamm vereinbart und gezahlt, kommt eine gesonderte Behandlung des Kundenstamms als immaterielles WG in Betracht. Dann ist wesentliche Betriebsgrundlage auch der im Wesentlichen nur aus einem einzigen Großkunden bestehende verpachtete Kundenstamm einer Werbeagentur, und auch eine fehlende Absicherung, zB bei öffentlichen Auftraggebern, die, jedenfalls bei größeren Aufträgen, an das Vergaberecht gebunden sind, schließt die Annahme einer wirksamen Verpachtung des Kundenstamms iS einer wesentlichen Betriebsgrundlage nicht aus: BFH vom 29.11.2017, BFH/NV 2018, 623 Rz 55–56 mit Verweis auf BFH BFH/NV 2006, 1453 unter II.2.b. Fließt dagegen unter irriger Annahme des Vorliegens einer Betriebsaufspaltung für die Übernahme eines Kundenstamms eine gesonderte Pacht einer neu gegründeten GmbH an das ursprüngliche Unternehmen, kann eine vGA nach § 8 Abs 3 S 2 KStG vorliegen, wenn der Kundenstamm nicht als immaterielles WG einzuordnen ist: BFH vom 26.11.2009, aaO.

Verpachtet ein Freiberufler (Urteilsfall: StB) isoliert den funktional wesentlichen freiberuflichen Mandantenstamm (dieser ist lt BFH vom 21.11.2017, BFH/NV 2018, 522 Rz 34, "eine, wenn nicht gar die wesentliche Betriebsgrundlage einer Steuerkanzlei") an eine von ihm beherrschte GmbH, so ist dies eine zur Begründung einer gewerblichen Betriebsaufspaltung (weil keine eigenverantwortliche freiberufliche Tätigkeit mehr: BFH vom 21.11.2017, aaO, Rz 36) wesentliche Betriebsgrundlage: BFH vom 21.11.2017, aaO; VIII. Senat des BFH vom 08.04.2011, BFH/NV 2011, 1135. Die Pachterlöse werden auch bei paralleler Fortführung der steuerberatenden Einzelpraxis als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einem eigenständigen abgrenzbaren Besitzunternehmen erzielt, wenn – s BFH vom 22.1.2009, BFH/NV 2009, 758 – die Verflechtung zwischen beiden Tätigkeiten nicht so eng ist, dass sich die Tätigkeiten gegenseitig unlösbar bedingen (im Urteilsfall wurden in der Einzelpraxis nur noch höchstpersönliche Gutachtenaufträge, Testamentsvollstreckung, Liquidatortätigkeiten ausgeübt, die von der Beratung des verpachteten Mandantenstamms trennbar waren). Der Mandantenstamm wird nach § 6 Abs 3 S 1 EStG zum Buchwert aus dem freiberuflichen in das gewerbliche BV überführt.

Wird der zur Nutzung überlassene Mandantenstamm an einen Dritten veräußert, tritt durch den Wegfall der sachlichen Verflechtung eine zwangsweise Betriebsaufgabe im Besitzunternehmen ein, aufgrund derer gemäß § 16 Abs 2 S 2 EStG iVm § 16 Abs 3 EStG die Gewinnermittlungsart von der Einnahme-Überschussrechnung zum BV-Vergleich gemäß § 4 Abs 1 EStG wechselt und eine Schluss- und Aufgabebilanz aufzustellen sind; d...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge