Rn. 33a

Stand: EL 162 – ET: 12/2022

Dem Nießbraucher sind nach dem gesetzlichen Regelstatut nur die entnahmefähigen Gewinnanteile lt HB zuzurechnen, die übrigen Gewinnanteile (dh der Anteil an den bei Bilanzfeststellung gebildeten offenen Rücklagen, der anteilige Bilanzgewinn, der Anteil an außerordentlichen Anlageverkäufen, Mehrgewinne in der StB gegenüber der HB) dem Anteilseigner und Nießbrauchbesteller (Wälzholz, DStR 2010, 1930, 1932 mwN; Küspert, FR 2014, 397, 405 mwN; glA BFH v 01.03.1994, BStBl II 1995, 241 zu III.3.c.aaa.; Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 307, 41. Aufl; Götz/Jorde, FR 2003, 998, 1002), es sei denn,

  • dem Nießbraucher stehen nach einer vertraglich davon abweichenden Abrede auch die aus der Veräußerung von WG des Gesamthandsvermögens folgenden Gewinne zu, dann sind diese steuerlich ausschließlich dem Nießbraucher zuzurechnen, wenn dieser als Mitunternehmer anzusehen ist: FG RP v 23.03.2021, 3 K 1861/18, EFG 2021, 1356 zu 2.a.cc.(2) der Begründung, nrkr, Az BFH IV R 12/21, – folgerichtig, weil im Falle der Auflösung der KG das Auseinandersetzungsguthaben dem Nießbraucher zustand, dem Gesellschafter die Mitunternehmereigenschaft dagegen aberkannt wurde, weil dieser kein ausreichendes Maß an Mitunternehmerrisiko trug –, oder
  • Bp-Mehrergebnisse aufgrund nicht abziehbarer BA führen zu höherem entnahmefähigen Gewinn lt HB (Schulze zur Wiesche, DStR 1995, 318, 321; Biergans, DStR 1985, 327, 332).

Sondervergütungen iSv § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG und Sonderbilanzergebnisse sind jeweils dem Besteller oder Berechtigten zuzuordnen.

Der dem Nießbraucher zustehende Gewinnanteil ist auf einem gesonderten, für ihn einzurichtenden Kapitalkonto gutzuschreiben und kann voll entnommen werden. Das Kapitalkonto des Anteilseigners ist fortzuführen, ihm sind die nicht dem Nießbraucher zustehenden Gewinnanteile gutzuschreiben (Biergans, DStR 1985, 327, 332 mwN).

 

Beispiel (aus Biergans, DStR 1985, 327, 332):

Eine PersGes, an der vier Gesellschafter mit jeweils 25 % beteiligt sind, erwirtschaftet einen Gesamtgewinn von 2 000 000. Am Anteil eines der Gesellschafter ist ein Nießbrauchrecht bestellt worden. Laut Gesellschaftsvertrag besteht eine von der Höhe des Jahresgewinnes abhängige prozentuale Entnahmesperre. Danach dürfen bei einem Jahresgewinn von 2 000 000 nur 80 % des Gewinnes entnommen werden. Im Bilanzgewinn ist

(1) ein Gewinn iHv 800 000
(2) ein Verlust von 600 000

aus der Veräußerung eines Grundstücks des Gesamthandsvermögens enthalten.

Lösung:

(1) Der Gewinn des Nießbrauchers ermittelt sich wie folgt:
 
anteiliger HB-Gewinn (2 000 000 × 0,25) 500 000
anteiliger Grundstücksveräußerungsgewinn (800 000 × 0,25) ./. 200 000
unter die Entnahmesperre fallender Gewinnanteil (500 000 × 0,20) ./. 100 000
  200 000
Dem Anteilseigner (Nießbrauchbesteller) ist als Gewinnanteil anzurechnen:  
anteiliger Grundstücksveräußerungsgewinn 200 000
unter die Entnahmesperre fallender Gewinnanteil 100 000
  300 000

Nachtrag des Verfassers: Hat der Anteilseigner ein gesellschaftsrechtliches (ggf pauschaliertes) Steuerentnahmerecht, schmälert dies zusätzlich das dem Nießbraucher verbleibende Netto-Entnahmerecht (so Wälzholz, DStR 2010, 1930, 1932).

(2) Der Gewinn des Nießbrauchers ermittelt sich wie folgt:
 
anteiliger HB-Gewinn (2 000 000 × 0,25) 500 000
anteiliger Grundstücksveräußerungsverlust (600 000 × 0,25) 150 000
unter die Entnahmesperre fallender Gewinnanteil (500 000 × 0,20) ./. 100 000
  550 000
Dem Anteilseigner ist als Verlust zuzuweisen:  
anteiliger Grundstücksveräußerungsverlust 150 000
unter die Entnahmesperre fallender Gewinnanteil 100 000
  50 000

Der Nießbraucher hat gegenüber dem Anteilseigner im Innenverhältnis einen Ausgleichsanspruch von 50 000.

Bei späterer Wiederauflösung der dem Nießbrauchbesteller zugerechneten Gewinnanteile (zB Gewinnrücklagen) zugunsten des vertraglich entnahmefähigen Gewinnanteils entsteht beim Nießbrauchbesteller Sonderbetriebsaufwand, beim Nießbraucher Sonderbetriebsertrag. Die verfahrensmäßige Feststellung der Einkünfte richtet sich nach §§ 179 Abs 2 S 3 AO, 180 Abs 1 Nr 2a AO, dh, sie erfolgt iRd Gewinnfeststellungsverfahrens für die PersGes, ein gesondertes Feststellungsverfahren zwischen Nießbrauchbesteller und Nießbraucher wird abgelehnt: Biergans, DStR 1985, 327, 331 mwN.

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