Rn. 75

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Zur rechtlichen Stütze für das vom BFH geschaffene Sonder-BV II s Rn 73.

Zum Sonder-BV II zählen:

(1)

nach st Rspr die Anteile der Kommanditisten einer GmbH & Co KG an der Komplementär-GmbH, wenn der Kommanditist wegen des Anteilsbesitzes beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung der KG nehmen kann und sich die Geschäftstätigkeit der GmbH auf die Geschäftsführung bei der KG beschränkt oder ein daneben bestehender eigener Geschäftsbetrieb der GmbH oder von dieser verwaltete Beteiligungen nur von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Wegen Einzelheiten ausführlich s Rn 47.

IdS gehört auch die Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters bei einer "GmbH und atypisch Still" an der GmbH selbst zum Sonder-BV II: BFH BStBl II 1999, 286. Über die Beteiligung an der GmbH kann der atypisch stille Gesellschafter auf deren Geschäftsverhalten Einfluss nehmen und so gleichzeitig seine Stellung als stiller Gesellschafter stärken.

Dies gilt jedoch nicht für die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH bei einer doppelstöckigen GmbH & Co KG, wenn er an der geschäftsführenden Komplementär-GmbH & Co KG selbst nicht als Kommanditist beteiligt ist: BFH vom 11.12.1990, BStBl II 1991, 510.

Mit der Zuordnung der Komplementär-Beteiligung zum Sonder-BV II ist noch nicht entschieden, ob auch zugleich funktional wesentliches BV iSd § 6 Abs 3 EStG, §§ 20, 24 UmwStG vorliegt, s Rn 47a.

(2) Grundstücke, die der Gesellschafter nicht unmittelbar selbst der PersGes zur Nutzung überlassen hat, sondern an einen Dritten vermietet hat, damit dieser sie der PersGes zur Nutzung überlässt (auch bei fehlender Absicht der Steuerumgehung): BFH BFH/NV 2008, 1320; s Rn 74a; BFH BStBl II 1981, 314; 1994, 250. Kein Sonder-BV II hat das FG Münster vom 27.11.2002, EFG 2003, 529, rkr, in Grundstücken gesehen, die der Gesellschafter den Kunden der Hauptgeschäftspartner der PersGes zur geschäftlichen Nutzung vermietet hat, wenn der Gesellschafter überwiegend eigene wirtschaftliche Interessen an der Vermietung glaubhaft machen kann; dies wäre mE zB dann der Fall, wenn der Gesellschafter die PersGes ohnehin beherrscht, so dass sein Gesellschaftereinfluss durch die Vermietung nicht weiter gestärkt wird, sondern es sich um private Vermögensanlage handelt.
(3) Grundstücke, die Gesellschafter der Organträger-PersGes Organgesellschaften zur Nutzung überlassen, sind Sonder-BV II der Organträger-PersGes: FG D'dorf EFG 2007, 34.
(4) Ein betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer, das ein Gesellschafter in Ausübung seiner Tätigkeit für die PersGes nutzt, ist Sonder-BV II; es gilt die Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b EStG: BFH vom 15.10.2014, VIII R 8/11, NWB 2015, 2482 nv; BFH vom 23.09.2009, BStBl II 2010, 337; BFH vom 21.11.2013, BFH/NV 2014, 509.
(5)

Betriebsaufspaltung:

Überlässt ein Gesellschafter der Besitz-PersGes ein ihm allein gehörendes WG der Betriebs-KapGes zur Nutzung, so gehört das WG zum Sonder-BV II des Gesellschafters bei der Besitz-PersGes, wenn der Einsatz des betreffenden WG in der Betriebs-GmbH durch die betrieblichen Interessen der Besitz-PersGes veranlasst ist. IdR ist das nicht schon dann der Fall, wenn das WG für die Betriebs-KapGes besondere Bedeutung besitzt, sofern es für deren Betrieb nicht unverzichtbar ist.

Bei zeitgleich entstehender doppelter Betriebsaufspaltung mit einem Besitzunternehmen und zwei Schwester-Betriebsunternehmen gehören die Anteile an einer Vertriebs-KapGes zum Sonder-BV II der Gesellschafter der Besitzgesellschaft und nicht zu deren Sonder-BV II bei einer daneben bestehenden Produktions-PersGes (2. Betriebsgesellschaft) – Bilanzierungskonkurrenz ohne Zuordnungswahlrecht: BFH v 10.5.2012, BFH/NV 2012, 1644. Ansonsten ist die zeitliche Abfolge maßgebend für die Zuordnung (Dokumentation erforderlich!).

(6) Anteile an einer Schwester-PersGes B sind kein Sonder-BV II bei der damit verflochtenen Haupt-Schwester-PersGes A: diese Frage wurde aufgeworfen durch BFH v 04.03.2009, BFH/NV 2009, 1953. Prinz, DB 2010, 972, 976 weist zu Recht darauf hin, dass bejahendenfalls der Mitunternehmeranteil als solcher dann in Abweichung von der bisherigen BFH-Rspr (s Rn 64 zu (1)) zu einem eigenständigen WG gemacht werden müsste, mE abzulehnen; ebenso Grosse/Hübner, DStR 2021, 2033 Ziffer 3.2.2.4. Unabhängig davon, ob ein Mitunternehmeranteil überhaupt Sonder-BV II bei einer anderen Mitunternehmerschaft darstellen kann, ist er keine wesentliche Betriebsgrundlage für Zwecke des § 20 UmwStG: BFH v 25.02.2010, BStBl II 2010, 726 (auch s Schumacher, DStR 2010, 1606).
(7)

Anteile von Gesellschaftern an operativ tätigen KapGes, die keine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der PersGes halten, zu denen aber die PersGes "besonders enge Beziehungen" unterhält derart, dass die eine Gesellschaft unmittelbar eine wesentliche wirtschaftliche Funktion (existenzsichernd: BVerfG v 22.12.1992, 1 BvR 1333/89, DStR 1993, 603 und BFH v 13.02.2008, BStBl II 2009, 414) der anderen erfüllt: OFD Ffm v 21....

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge