Rn. 72

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Der Mitunternehmeranteil des Gesellschafters einer PersGes besteht aus dem Gesellschaftsanteil und dem Sonder-BV des Mitunternehmers: BFH vom 19.03.1991, BStBl II 1991, 635 Leitsatz 2. Erwähnung findet der Begriff des Sonder-BV in § 6 Abs 5 S 2 EStG, eine gesetzliche Definition erfolgte jedoch nicht.

Der Anteil des einzelnen unmittelbar oder auch nur mittelbar (s Rn 111b) beteiligten Gesellschafters am "Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft" wird demzufolge in zweiter Stufe aufgrund einer Sonderbilanz zur StB der PersGes ermittelt (s Rn 61).

Zum notwendigen Sonder-BV zählen alle WG, die im rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum eines Gesellschafters stehen und dazu geeignet und bestimmt sind (unmittelbarer wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang: BFH vom 27.06.2006, BStBl II 2006, 874; BFH vom 10.06.1999, BStBl II 1999, 715; BFH vom 01.10.1996, BStBl II 1997, 530; BFH BFH/NV 1991, 588),

  • entweder der PersGes durch unmittelbaren Einsatz in deren Betrieb, auch bei nur mittelbarer Überlassung, zB durch Grundstücksvermietungen an die PersGes über zwischengeschaltete Dritte (BFH BStBl II 1994, 250) (Sonder-BV I) – nachfolgend s Rn 74 ff – oder
  • mittelbar der Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der PersGes (Sonder-BV II) – nachfolgend s Rn 75 insbesondere zu Beteiligungen an KapGes –

zu dienen.

Bei atypisch stillen Gesellschaften bezieht sich das "Dienen" auf den Betrieb des aktiven Gesellschafters.

Bei dem durch die Sonderbilanz repräsentierten Sonder-BV im Eigentum des Gesellschafters handelt es sich nicht um BV eines eigenständigen Betriebs des Gesellschafters (s BFH BStBl II 1991, 635), vielmehr ist das Sonder-BV unselbstständiger Teil des aus Gesamthandsvermögen und Sondervermögen gebildeten einheitlichen Betriebs der PersGes (vgl Bordewin in Kruse (Hrsg), 69; Döllerer, DStZ 1980, 259, 261). Der einzelne Gesellschafter unterhält insoweit keinen eigenen Gewerbebetrieb (BFH BStBl II 1976, 180; s Rn 11ff).

Die generelle Eigenschaft als BV wird von der Zweckbestimmung des einzelnen WG her definiert (zB Maschine, Geldkassette), die zusätzliche Unterscheidung von BV/Sonder-BV stellt ausschließlich auf die zivilrechtliche Vermögensträgerschaft bzw Rechtszuständigkeit ab. Der stets auf einen juristischen Vermögensträger bezogene Vermögensbegriff zwingt zur Unterscheidung mehrerer BV mit mehreren Bilanzen innerhalb des einheitlichen Betriebs der PersGes (s auch BFH BFH/NV 2006, 874 zu 2.b. der Urteil-Begründung; Raupach und Knobbe-Keuk in Kruse (Hrsg), 106, 128). Bei Vorliegen von Sonder-BV im Rahmen einer Mitunternehmerschaft ist es hilfreich und dringend zu empfehlen, die verschiedenen Bilanzen, die additiv zusammengefasst in die Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft münden, zu erstellen und fortzuentwickeln. Fortzuentwickeln bedeutet, dass sie jeweils der Erklärung zur einheitlich und gesonderten Feststellung der Einkünfte beigefügt werden (ab Wj 2015 sind Ergänzungs-, Sonderbilanzen und GuV aller Gesellschafter unter der PersGes und deren 13-stelliger Steuernummer separat als E-(Sonder-)Bilanzen nach der Taxonomie für Einzelunternehmen – manuell oder Excel-basiert – einzureichen: s Schäperclaus, WPK-Magazin 1/2015, 28; Ley, KÖSDI 2012, 17 889; aktuell Taxonomie-Version 6.7 zum 01.04.2023, BMF BStBl I 2023, 994 für Übermittlungen ab Mai 2024.

Wegen der sich bei Nutzungsüberlassungen ergebenden Bilanzierungskonkurrenz zwischen dem BV eines eigenen Gesellschafter-Gewerbebetriebs und Sonder-BV I s Rn 77.

Sonder-BV ist bei der Nutzungsüberlassung von WG im Rahmen einer sog mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung zwischen Schwester-PersGes nachrangig (Vorrang des eigenen BV der Besitz-GbR – auch bei Besitz-Bruchteilsgemeinschaft, s Rn 2929a – vor dem Sonder-BV, dazu s BFH vom 05.11.2010, BStBl II 2 010 593 Rz 50 mit Bezug auf BFH vom 23.04.1996, BStBl II 1998, 325 sowie BMF vom 28.04.1998, BStBl I 1998, 583).

Wegen der Bestätigung der für die StPfl positiven Rspr des BFH (BFH vom 02.08.2012, BFH/NV 2012, 2053) zur Zeitpunktbetrachtung bei zeitlich vorgelagerter Ausgliederung von Sonder-BV gemäß § 6 Abs 5 S 3 Nr 2 EStG im Vorfeld der Schenkung des Gesellschaftsanteils auf Basis des § 6 Abs 3 EStGBFH vom 10.09.2020, BStBl II 2021, 367 iVm nachfolgend BMF vom 05.05.2021, BStBl I 2021, 696 (steht der Buchwertfortführung nicht entgegen).

Im Todesfall können die WG des Sonder-BV und die Anteile an der PersGes bei gesellschaftsvertraglich qualifizierter Nachfolgeklausel betreffend den Anteil und einer Vererbung der WG des Sonder-BV nach den allgemein erbrechtlichen Bestimmungen beide ein unterschiedliches Schicksal erleiden. Wälzholz, NWB 2014, 3266, 3268 nennt als Bsp, dass nach dem Gesellschaftsvertrag der PersGes ausschließlich Abkömmlinge nachfolgeberechtigt sind, dass nach einem Gesellschaftertestament aber der Ehegatte bzgl des Sonder-BV zum Alleinerben eingesetzt wurde oder im Fall fehlenden Testaments das Sonder-BV infolge der gesetzlichen Erbfolge auf Ehega...

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