• 2019

Unionsrechtliches Missbrauchsverbot / Steuerstrafrechtliche Folgen / Arbeitsteilige Unternehmen / § 370 AO

 

Das unionsrechtliche Missbrauchsverbot besagt, das für Stpfl. das Recht zum Vorsteuerabzug bzw. das Recht auf Steuerbefreiung oder Mehrwertsteuererstattung ausgeschlossen ist, wenn sie von der Steuerhinterziehung in der Leistungskette wussten oder wissen mussten. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der steuerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in arbeitsteiligen Unternehmen. Eine derartige steuerstrafrechtliche Verantwortlichkeit hat der BGH mit Urteil v. 15.5.2018, 1 StR 159/17 bejaht. Wird durch den Stpfl. oder den für die steuerlichen Angelegenheiten verantwortlichen Mitarbeiter vorsätzlich eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung angegeben und dadurch eine Steuerverkürzung bewirkt, liegt eine Steuerhinterziehung vor. Entsprechendes gilt auch bei Mitarbeitern innerhalb arbeitsteiliger Unternehmen. Begründen Mitarbeiter des Unternehmens im Namen des Unternehmens Leistungsbeziehungen, obwohl sie vom Betrug bzw. Missbrauch auf einer anderen Stufe der Leistungskette wissen oder wissen müssen, führt dies beim Unternehmen dazu, dass es das Recht auf den Vorsteuerabzug bzw. das Recht auf die Steuerbefreiung oder Steuererstattung verliert. Werden zusätzlich durch die Mitarbeiter selbst oder durch andere Mitarbeiter unrichtige oder unvollständige Steuererklärungen abgegeben oder beteiligen sie sich daran, können sich hieraus für sie steuerstrafrechtliche Konsequenzen ergeben. Geltung hat dies auch bei berufstypischen Handlungen. Verfassungsrechtliche Bedenken dagegen dürften nicht bestehen. Zu beachten ist auch § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO.

(so Pflaum, Das unionsrechtliche Missbrauchsverbot und die steuerstrafrechtliche Haftung in arbeitsteiligen Unternehmen, UR 2019, 63)

Kompensationsverbot für die Anrechnung der Vorsteuer / § 370 Abs. 4 Satz 3 AO

 

Der BGH hat seine Rechtsprechung zum Kompensationsverbot des § 370 Abs. 4 Satz 3 AO geändert (BGH v. 13.9.2018, 1 StR 642/17). Danach können bei der Hinterziehung von USt durch Unterlassen bei der Ermittlung des Umfangs der Steuerverkürzung geltend gemachte Vorsteuerbeträge mindernd berücksichtigt werden. Zu begründen ist dies mit der fehlenden Gefährdung des Steueranspruchs. Fraglich ist, in welchen weiteren Fällen der Hinterziehung von USt dem Täter zukünftig die Vorsteuer als Steuervorteil angerechnet werden kann. In Betracht kommen dürfte dies bei der USt-Hinterziehung durch Tun, wenn die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG vorliegen. Entsprechendes dürfte auch gelten bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 UStG. Ob sich die Rechtsprechung des BGH auch auf die Fälle des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 5 UStG übertragen lässt, dürfte fraglich sein.

(so von der Meden, Kein Kompensationsverbot für die Anrechnung der Vorsteuer - Zugleich Anmerkung zum Rechtsprechungswechsel (BGH v. 13.9.2018 - 1 StR 642/17) bei der Bestimmung der Steuerverkürzung bei der Umsatzsteuerhinterziehung, DStR 2019, 600)

Kompensationsverbot / Auswirkungen bei der Hinterziehung von Umsatzsteuer / § 370 Abs. 4 Satz 3 AO

 

Bisher waren auf Grund des Kompensationsverbots nach § 370 Abs. 4 Satz 3 AO im Fall einer Hinterziehung von USt nicht angegebene Vorsteuerbeträge bei der Berechnung der tatbestandsmäßigen USt-Verkürzung nicht zu berücksichtigen. Mit Urteil v. 13.9.2018, 1 StR 642/17 hat der BGH diese Auffassung aufgegeben. Nunmehr hat in diesen Fällen eine Verrechnung von Vorsteuer und USt stattzufinden. Geltung hat dies allerdings nur für diejenigen Vorsteuerbeträge, die dem Ausgangsumsatz unmittelbar zuzuordnen sind. Nicht geäußert hat sich der BGH zu der Frage, ob dies auch für Vorsteuerbeträge gilt, die auf allgemeine Aufwendungen entfallen. Auch hat der BGH nicht entschieden, ob seine geänderte Rechtsprechung auch für andere Fallkonstellationen der USt-Hinterziehung gilt. Insoweit ist daher Vorsicht geboten. Folge der geänderten Rechtsprechung ist, dass nunmehr eine Steuerhinterziehung ausgeschlossen ist, wenn ein Vorsteuerüberhang besteht. Weitere Auswirkungen ergeben sich im Rahmen von § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO und § 376 AO. Die Berücksichtigung der kompensationsfähigen Vorsteuer kann dazu führen, dass der Schwellenwert von 50.000 EUR nicht überschritten werden. Folge wäre dann auch die Geltung einer strafrechtlichen Verjährungsfrist von 5 Jahren. Von Bedeutung ist die geänderte Rechtsprechung des BGH auch im Rahmen der Selbstanzeige. Die kompensationsfähige Vorsteuer kann dazu führen, dass die Grenze von 25.000 EUR nach § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO nicht erreicht wird. Des Weiteren sind die kompensationsfähigen Vorsteuern auch bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Strafzuschlag nach § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO relevant. Im Rahmen der Vermögensabschöpfung dürfte das Kompensationsverbot unbeachtlich sein.

(so Spatscheck/Wimmer, Änderung der BGH-Rechtsprechung zum Kompensationsverbot bei der Umsatzsteuerhinterziehun...

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