Zusammenfassung

Die Sicherheit und damit der langfristige Bestand eines Unternehmens ist nur dann gewährleistet, wenn das Unternehmen jederzeit liquide ist. Dies bedeutet, es muss zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Unternehmensinsolvenzen laufen i. d. R. in 4 Phasen ab. Eine dieser Phasen ist die Liquiditätskrise. In diesem Stadium lässt sich die Unternehmenskrise nicht mehr verheimlichen. Dem Unternehmen fehlt ausreichende Liquidität zur Aufrechterhaltung der bisherigen Zahlungsbereitschaft. Skonto wird nicht mehr ausgenutzt und vereinbarte Zahlungsziele werden überzogen. Eine Rettung des Unternehmens ist, wenn überhaupt, nur noch mit schmerzhaften Einschnitten und Maßnahmen möglich und verlangt regelmäßig die finanzielle Unterstützung durch Dritte.

Im Jahr 2022 meldeten in Deutschland 14.590 Unternehmen Insolvenz an. Der deutliche Rückgang seit 2020 ist auf die Corona-Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung und der Bundesländer zurückzuführen. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch Unternehmen dadurch vorübergehend gerettet wurden, die ansonsten nicht dauerhaft überlebt hätten. Die nachfolgende Grafik bestätigt diese Einschätzung durch den Anstieg ab dem Jahr 2022 und der Prognose der Creditreform, die für die ersten 6 Monate des Jahres 2023 von ca. 8.400 Unternehmensinsolvenzen ausgeht. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 waren es 7.230 Insolvenzen. Dies ergibt ein Plus von 16,2 %. Geht man von einem gleichbleibenden Trend aus, bedeutet dies für das Jahr 2023 ca. 17.000 Unternehmensinsolvenzen.

Abb. 1: Firmeninsolvenzen in Deutschland 2010 bis 2023

Die liquiden Mittel des Unternehmens bestehen aus den verfügbaren Barmitteln, den täglich fälligen Bankguthaben, nicht ausgeschöpften Kreditlinien sowie den kurzfristig veräußerbaren Gütern. Die liquiden Mittel dienen zur Bezahlung von Verbindlichkeiten, der Tilgung von Krediten, der Zahlung von Steuern und Abgaben und letztendlich auch der (teilweisen) Finanzierung des Unternehmenswachstums.

Welche Maßnahmen zur Liquiditätsverbesserung im Rechnungswesen eingesetzt werden können, dazu informiert dieser Fachbeitrag.

1 Anlagevermögen, Eigen- und Fremdkapital analysieren

1.1 Je höher der Anteil des Anlagevermögens, desto höher das Unternehmerrisiko

Je höher der Anteil des Anlagevermögens am Gesamtvermögen (Bilanzsumme) des Unternehmens ist, desto höher ist das Unternehmerrisiko und desto geringer ist die Unternehmensflexibilität.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass das Unternehmen mindestens das vorhandene Anlagevermögen fortlaufend analysiert. Bei ausreichender Liquiditätslage genügte es, wenn die Analyse im Rahmen des Jahresabschlusses erfolgt. Mit zunehmender Liquiditätsverschlechterung müssen jedoch die Analysezeiträume verkürzt werden. Der wesentliche Maßstab ist dabei das betriebsnotwendige Anlagevermögen.

Zum betriebsnotwendigen Anlagevermögen gehören alle Vermögensgegenstände, die zur Aufrechterhaltung des Betriebszwecks erforderlich sind. Nicht berücksichtigt werden beispielsweise stillgelegte Produktionsanlagen, Finanzanlagen, Beteiligungen u.ä.

Das betriebsnotwendige Anlagevermögen zum Untersuchungszeitpunkt wird i. d. R. niedriger sein als das tatsächlich vorhandene Anlagevermögen. Dies deshalb, weil in den Positionen des Anlagevermögens Werte enthalten sein werden,

  • die für zukünftige Entwicklungen des Unternehmens vorgehalten werden (müssen) oder
  • aufgrund historischer Unternehmensentscheidungen übernommen wurden.

Einige Beispiele sollen diesen Gesichtspunkt verdeutlichen:

Es ist z. B. denkbar, dass

  • unbebaute Grundstücke vorhanden sind, die für eine spätere Unternehmenserweiterung vorgehalten werden.
  • Raumreserven in den Betriebs- und Verwaltungsgebäuden bestehen, die derzeit betrieblich nicht genutzt werden.
  • auch in den Maschinen und maschinellen Anlagen sowie in den Betriebs- und Geschäftsausstattungen ungenutzte Kapazitäten (Reserven) enthalten sind.
  • in den Beteiligungen und Wertpapieren über den betriebsnotwendigen Zweck hinaus erhebliche Finanzmittel gebunden sind.

Zwar wird jedes Unternehmen die Liquidation (Veräußerung) von Teilen des Anlagevermögens nur als letzte Möglichkeit zur Insolvenzabwehr ins Auge fassen, diese Möglichkeit muss jedoch ergriffen werden, wenn nur dadurch der Bestand des Unternehmens sicherzustellen ist. Ein weiterer Vorteil dieser Analyse ist, dass das Unternehmen – unabhängig von der Liquiditätsbetrachtung – erkennt, ob Vermögenswerte im Anlagevermögen enthalten sind, die aufgrund veränderter Marktgegebenheiten oder im Rahmen der Optimierung von Geschäfts- und Produktionsabläufen nicht mehr benötigt werden. Die dadurch zu erzielenden Verkaufserlöse erhöhen die Liquidität und können entweder zum Schuldenabbau oder für zukunftssichernde Investitionen eingesetzt werden.

Dafür müssen die nicht betriebsnotwendigen Teile des Anlagevermögens ermittelt und aufgelistet werden, und zwar hinsichtlich

  • der Liquidierbarkeit (Zeitaspekt) und
  • der wahrscheinlichen Höhe des Liquidationserlöses bzw. des Beleihungswertes, z. B. bei Wertpapieren (Wertaspekt).

Diese Aufstellung ist laufend (mindestens jährlich) zu aktualisieren.

1.2 Eigenkapital und Fremdkapital: Zusätzliche Zuführungen sind aufzulisten

Auf der Passivseite der Bil...

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