Leitsatz

1. Letzte Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung setzen Maßnahmen des Prüfers oder des FA voraus, die darauf gerichtet sind, bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen, etwa indem der Prüfer Unterlagen anfordert, den Steuerpflichtigen in irgendeiner Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichte Unterlagen auswertet.

2. Es ist erforderlich, dass der Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlungen im Interesse der verjährungsrechtlichen Rechtssicherheit eindeutig feststeht.

 

Normenkette

§ 171 Abs. 4 S. 3 AO

 

Sachverhalt

Nach einer Außenprüfung erhob der Kläger gegen die Feststellungen im Prüfungsbericht gem. § 202 Abs. 2 AO Einwände. Im September 2000 reagierte das Prüfungsfinanzamt auf die Einwendungen des Klägers mit einem Ergänzungsbericht über die "in der Zeit vom 03.03.1998 bis 25.06.1998" durchgeführte Prüfung. Die Einwendungen wurden zurückgewiesen. Die Prüferin räumte ein, dass eine Schlussbesprechung nicht durchgeführt worden sei. Die letzten Ermittlungen hätten am 15.09.2000 stattgefunden. Das FA erließ am 04.12.2003 einen nach Maßgabe der Prüfungsergebnisse geänderten ESt-Bescheid. Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.03 2008, 6 K 2103/04, Haufe-Index 2186614, EFG 2009, 1515).

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Das Urteil des FG sei nicht mit ausreichenden tatsächlichen Feststellungen unterlegt; der Senat könne nicht selbst feststellen, ob der angefochtene ESt-Bescheid für 1994 nach Ablauf der Festsetzungsfrist ergangen sei.

Das FG habe zur Begründung u.a. ausgeführt, letzte Ermittlungen i.S.v. § 171 Abs. 4 S. 3 AO hätten noch im Jahr 2000 stattgefunden. Das ergebe sich daraus, dass die Prüferin vor Anfertigung des Ergänzungsberichts, also in der Zeit zwischen dem 25.06.1998 und dem 18.09.2000 "intensiv in die Sachverhaltsaufklärung eingestiegen sei". Diese Ausführungen hielten einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Aus dem Umstand allein, dass die Prüferin in ihrem Ergänzungsbericht Ausführungen gemacht habe, die inhaltlich über die Ausführungen im ersten Bericht hinausgegangen seien, könne nicht geschlossen werden, dass noch bis in das Jahr 2000 letzte Ermittlungen i.S.v. § 171 Abs. 4 S. 3 AO stattgefunden hätten. Das FG habe nicht festgestellt, welche Ermittlungshandlungen wann stattgefunden haben sollten. Auch lasse sich aus der Gegenüberstellung der beiden Berichte nicht schließen, dass überhaupt Ermittlungen stattgefunden hätten. Die Prüferin habe vor Ort keine Ermittlungen mehr durchgeführt. Aus den Akten ergebe sich nicht, dass sie Unterlagen von den Klägern angefordert oder die Kläger zur Mitwirkung in irgendeiner Weise aufgefordert hätte. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Kläger fehlende Unterlagen oder Belege im Einwendungsverfahren nachgereicht hätten, die das FA ausgewertet haben könnte.

 

Hinweis

1. Gem. § 171 Abs. 4 S. 3 AO endet die Festsetzungsfrist spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat oder wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind; eine Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften bleibt unberührt.

Diese Vorschrift regelt den Ablauf der Festsetzungsverjährungsfrist im Anschluss an eine Außenprüfung, wenn keine anderweitige Ablaufhemmung eingreift. Dazu sind nach einer Außenprüfung zwei Sachverhaltsvarianten zu unterscheiden.

a) Hat am Ende der Außenprüfung eine Schlussbesprechung stattgefunden, so beginnt die Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO, die für die ESt vier Jahre beträgt, mit dem Ende des Jahres, in dem die Schlussbesprechung abgehalten worden ist. Die Schlussbesprechung, deren Termin fixiert ist (vgl. § 11 Abs. 1 BpO) und sich daher im Regelfall eindeutig nachweisen lässt, markiert damit auf rechtssichere Weise das Jahr, an dessen Ende die Festsetzungsverjährungsfrist beginnt. Dies dürfte die nach einer Außenprüfung am häufigsten anzutreffende Sachverhaltskonstellation sein.
b)

Seltener und daher in seinen verjährungsrechtlichen Strukturen bisher noch nicht abschließend geklärt ist der Fall, dass eine Außenprüfung nicht mit einer Schlussbesprechung abgeschlossen wird. In diesem Fall ordnet das Gesetz an, dass die Festsetzungsfrist am Ende des Jahres beginnt, in dem "die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung" stattgefunden haben. Mit der Frage, was "letzte Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung" sind, hatte sich der BFH bisher noch nicht befasst. Auch in diesem Fall hat er keine abschließenden Maßstäbe aufgestellt. Der BFH hat aber immerhin einige Fingerzeige gegeben, um dieses verjährungsrechtliche Neuland urbar zu machen:

aa) Nach dem Wortsinn der Vorschrift ist ein Zusammenhang mit der Außenprüfung erforderlich. Deshalb reicht der bloße Blick in die beim FA vorhandenen Akten nic...

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