Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung, Ausschlussfrist;. Eigenkündigung, widerrechtliche Drohung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Hemmung des Beginns der Ausschlußfrist des § 626 II BGB bei Anhörung des Kündigungsgegners. Überschreitung der Regelfrist zur Anhörung (1 Woche) bei Urlaub des zu kündigenden Arbeitnehmers.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Emden (Entscheidung vom 06.09.2000; Aktenzeichen 1 Ca 276/00)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.12.2002; Aktenzeichen 2 AZR 478/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 06. September 2000 – 1 Ca 276/00 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Streitwert: unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Der am 12. Mai 1944 geborene Kläger war seit dem 11. Januar 1966 bei der Beklagten in deren Werk … beschäftigt, zuletzt als Fachreferent mit einem monatlichen Bruttogehalt von durchschnittlich 10.500,00 DM.

Am 25. April 2000 wandten sich die Mitarbeiter … der Konzernrevision an den Kläger, welcher am 24. Juni 1998 zum Vorsitzenden des Stadtsportbundes … gewählt worden war. Sie erbaten von ihm vergeblich die Vorlage der Telefonabschreibungen für seinen Telefonapparat und befragten ihn hinsichtlich der Fahrten mit Geschäftsfahrzeugen der Beklagten zu privaten Zwecken d. h. zum Landessportbund (LSB) nach Hannover.

Auf den bei der Beklagten verwendeten Telefonabschreibungen ist stets am Ende folgender Text vermerkt:

„die in dieser Abrechnung privat angefallenen Gebühreneinheiten wurden gekennzeichnet und der belegführenden Stelle zur Weiterbelastung im Rahmen de Entgeltabrechnung aufgegeben (gemäß Organisations-Anweisung vo44).

Unterschrift: Mitarbeiter … Aufbewahrungsfrist: 1 Jahr in … der organisatorischen Einheit.”

Am 25. April 2000 unterzeichnete der Kläger folgende Erklärung (Fotokopie Bl. 14 d. A.):

„Von der Konzern – Revision … bin ich auf Vorgänge der persönlichen Bereicherung, im Zusammenhang, mit einem Ehrenamt des Stadtsportbundes aufmerksam gemacht worden.

Ich gebe zu, dass persönliche Bereicherungen zu Lasten VW AG erfolgt sind, ohne die Einzelfälle jetzt zu benennen.”

Anschließend ging er vom 26. April bis zum 07. Mai 2000 in Urlaub. Nach seiner Rückkehr kennzeichnete er am 09. Mai 2000 die von ihm in der Zeit vom 01. Januar 1999 bis zum 31. März 2000 geführten Dienstgespräche. Unter dem 16. Mai 2000 nahm er schriftlich zu Revisionsfragen zum Thema Dienstreisen Stellung (vgl. Fotokopien Bl. 57, 58 d. A.). Unstreitig fuhr der Kläger am 12.10.99, 07.03.2000 und 04.04.2000 mit einem von ihm angeforderten Kraftfahrzeug der Beklagten nach Hannover und nahm dort an Sitzungen des LSB teil. Am 04.02.99, im Juni 1999 und am 16. November 1999 fuhr er mit einem Kraftfahrzeug der Beklagten nicht nur dienstlich nach Wolfsburg, sondern nahm auch zugleich in Hannover Termine beim LSB wahr.

Am 18. Mai 2000 fand im Büro des Personalleiters … zwischen diesem, weiteren Mitarbeitern der Personalabteilung, dem Kläger und drei Betriebsratsmitgliedern ein Gespräch statt. Dem Kläger wurde dabei seitens der Personalabteilung angekündigt, dass ihm fristlos gekündigt werde und man davon nur dann absehe, wenn er sofort selbst zum 30. Juni 2000 kündige. Nach Beratung mit dem Personalausschuss des Betriebsrats unterschrieb der Kläger folgende Erklärung vom 18. Mai 2000:

„Kündigung

Hiermit bitte ich um Lösung meines Arbeitsverhältnisses mit Wirkung vom 30.06.2000. Grund: eigener Wunsch.

Emden, 18.05.2000.”

Mit Schreiben vom 31. Mai 2000 (Fotokopie Bl. 5 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien vorsorglich fristlos und hilfsweise fristgemäß.

In Bezug auf seine Erklärung vom 18. Mai 2000 hat der Kläger mit einer der Beklagten am 15. Juni 2000 zugestellten Klageschrift vom 08. Juni 2000 die Anfechtung erklärt. Die Klage richtet sich dabei zugleich gegen die Kündigung der Beklagten vom 31. Mai 2000.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Eigenkündigung vom 18. Mai 2000 wirksam angefochten zu haben, denn zum einen habe die Beklagte am 18. Mai 2000 wegen Ablaufs der Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht mehr mit einer fristlosen Kündigung drohen dürfen und zum anderen fehle es auch an einem Kündigungsgrund. Die Kündigung vom 31. Mai 2000 sei rechtsunwirksam.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis der Parteien durch die Eigenkündigung des Klägers vom 18.05.2000 nicht mit dem 30.06.2000 beendet ist.
  2. festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis der Parteien durch die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 31.05.2000 nicht beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf berufen, der Kläger habe strafbare Handlungen – Betrug und Unterschlagung – ihr gegenüber begangen durch nicht abgerechnete Privatgespräche (7423 Gesprächseinheiten) und diverse Privatfahrten zum Landessportbund nach Hannover. Sie habe ihm deshalb am 18. Mai 2000 mit dem Ausspruch einer fristlosen Kün...

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