Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung des Betriebsrats als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine durch den Konkursverwalter erklärte betriebsbedingte Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

§ 113 Abs. 1 Sätze 1 und 2 InsO enthalten nur Regelungen zur Kündigung an sich und der dabei zu wahrenden Kündigungsfrist für das Konkursverfahren. Der allgemeine Kündigungsschutz und sonderkündigungsschutzrechtliche Bestimmungen bleiben davon unberührt.

Eine durch den Konkursverwalter erklärte betriebsbedingte Kündigung ist unwirksam, wenn für sie nicht die nach dem Inhalt eines Firmentarifvertrages dafür erforderliche Zustimmung des Betriebsrats erteilt worden ist.

War der Arbeitgeber an einen Tarifvertrag gebunden, so wird durch die Konkurseröffnung die Tarifgebundenheit nicht betroffen. In einem (Firmen-) Tarifvertrag kann eine Regelung gemäß § 102 Abs. 6 BetrVG getroffen werden.

 

Normenkette

InsO § 113 Abs. 1-2; KO § 6; BetrVG § 102 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 18.06.1998; Aktenzeichen 6 Ca 2374/98)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 25. Februar zum 31. Mai 1998.

Der am 17. Dezember 1946 geborene Kläger ist mit Wirkung vom 05. April 1965 in die Dienste der Firma K. GmbH getreten. Er ist Gewerkschaftsmitglied und als Polsterer beschäftigt worden gegen eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von DM 5.039,00. Im Betrieb der Firma K. GmbH waren zum Zeitpunkt der Kündigung noch 50 Arbeitnehmer beschäftigt und ein Betriebsrat gebildet. Der Kläger war dessen stellvertretender Vorsitzender. Unter dem Datum des 11. Juni 1997 wurde ein Ergänzungstarifvertrag zur Beschäftigungssicherung zwischen der Geschäftsleitung der Firma K. GmbH, der Gewerkschaft Holz und Kunststoff Baden-Württemberg und dem Verband Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat in Ausführung des § 20 des Manteltarifvertrages der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie vom 28. März 1992 abgeschlossen. Unter § 2 wurde die betriebliche Sonderzahlung in Abänderung des Tarifvertrages auf 40 % festgelegt und unter § 3 folgende Vereinbarung getroffen:

Der Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen durch die K. GmbH bis einschließlich des 30. Juni 1998 ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich.

Hinsichtlich der Laufzeit des Tarifvertrages war bestimmt:

Die Bestimmungen dieses Ergänzungstarifvertrages gelten befristet bis zum 31. Dezember 1997; sie entfalten, ausgenommen die Bestimmung zur Beschäftigungssicherung und dem dort angegebenen Zeitrahmen, keine Nachwirkung.

Durch Beschluß des Amtsgerichts Stuttgart vom 20. Februar 1998 ist das Konkursverfahren über das Vermögen der Firma K. GmbH eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt worden. In einer Besprechung vom 17. Februar 1998 wurde dem Betriebsrat die Betriebsstillegung zum 31. Mai 1998 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 20. Februar 1998 wandte sich der Beklagte an den Betriebsrat und bezeichnete dieses Schreiben formell als Anhörungsschreiben. Der Betriebsrat bestätigte mit Schreiben vom 25. Februar 1998, daß er zur betriebsbedingten Kündigung aller Mitarbeiter angehört worden sei. Nach der in der Berufungsverhandlung durch den Kläger abgegebenen Erklärung hat der Betriebsrat im Anschluß an das Schreiben vom 25. Februar 1998 ein weiteres Schreiben an den Beklagten mit dem sinngemäßen Inhalt abgesandt, der Betriebsrat stimme den Kündigungen nicht zu.

Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25. Februar 1998, welches am darauffolgenden Tage zugegangen ist, unter Hinweis auf § 113 Abs. 1 InsO zum 31. Mai 1998. Am 08. Mai 1998 wurden ein Interessenausgleich und ein Sozialplan abgeschlossen. Unter der Ziffer 2 Abs. 2 des Interessenausgleichs ist angeführt:

„Die Parteien sind sich darüber einig, daß sich diese Kündigungsfrist für alle bereits gekündigten Arbeitnehmer um einen Monat auf den 30.06.1998 verlängert”.

Eine weitere nach dem 30. Juni 1998 erklärte Kündigung ist Gegenstand eines weiteren beim Arbeitsgericht anhängigen Verfahrens. Der Kläger steht seit dem 01. Juni 1998 in einem neuen Arbeitsverhältnis.

Der Kläger hat die Kündigung vom 25. Februar 1998 mit der Begründung angefochten, sie sei ohne Zustimmung des Betriebsrats ausgesprochen worden und auch nicht sozial gerechtfertigt. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats hat er bestritten.

Er hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Kündigung vom 25.02.1998 nicht beendet wird;
  2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis über den 31.05.1998 hinaus auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

Der Beklagte, der um die Abweisung der Klage gebeten hat, hat die Kündigung damit verteidigt, dass er ausgeführt hat, die Geschäftsausstattung der Gemeinschuldnerin sei am 17. Juni 1998 versteigert worden. Nur mit wenigen Arbeitnehmern habe er Aufräum- und Entsorgungsarbeiten durchgeführt und im übrigen die Arbeitnehmer freigestellt. An § 3 des Ergänzungstarifvertrages sei er nicht gebunden, zumindest sei die Bes...

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