Leitsatz

Die Kosten eines in einem Scheidungsfolgenverfahren beauftragten britischen Rechtsanwalts und die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Reisekosten sind als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig, soweit sich der Steuerpflichtige dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen hatte, das Verfahren nicht mutwillig oder ohne Aussicht auf Erfolg war, die Höhe der vereinbarten Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen sind und keine Kostenerstattung erfolgt.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige war von August 1992 bis Januar 2006 in Großbritannien verheiratet. Aus der Ehe sind 2 Kinder hervorgegangen, die 1994 und 1997 geboren wurden. 2004 trennten sich die Eheleute. Sie schlossen am 29.12.2004 eine privatschriftliche Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten. Die Ehe wurde am 24.1.2006 vor einem englischen Gericht geschieden. Im Hinblick auf die bestehende privatschriftliche Vereinbarung wurden keine weiteren, über die Scheidung hinausgehenden Regelungen getroffen. Seit Ende 2006 ist der Steuerpflichtige in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet. 2009 begann ein von seiner geschiedenen Ehefrau betriebener Rechtsstreit, in dem es um Ansprüche auf Kindesunterhalt der Höhe nach, Fragen des Versorgungsausgleichs, Fragen des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau des Steuerpflichtigen und Fragen des Vermögensausgleichs ging. In diesem Zusammenhang beauftragte der Steuerpflichtige einen in England ansässigen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen und machte die ihm entstandenen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG geltend. Das Finanzamt ließ diese unter Hinweis auf das BMF, Schreiben v. 20.12.2011, BStBl 2011 I S. 1286, mit dem die Nichtanwendung der geänderten Rechtsprechung des BFH angeordnet wurde, unberücksichtigt.

 

Entscheidung

Das FG gab der Klage unter Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung des BFH statt. Durch Urteil v. 12.5.2011, VI R 42/10, BFH/NV 2011 S. 1612 hat der BFH neue Rechtsgrundsätze aufgestellt und entschieden, dass Zivilprozesskosten mit Rücksicht auf das staatliche Gewaltmonopol unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Unausweichlich seien derartige Aufwendungen jedoch nur, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und einen angemessenen Betrag nicht überschreitet Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kam das FG im Streitfall zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten Kosten für den Rechtsanwalt und die damit in Zusammenhang stehenden Reisekosten als außergewöhnliche Belastungen abzuziehen sind.

 

Hinweis

Das FG hat im Hinblick auf zu dieser Rechtsfrage bereits anhängige Revisionsverfahren (VI R 70/12, VI R 14/13 und VI R 69/12) ebenfalls die Revision zugelassen. Ab Veranlagungszeitraum 2013 ist die (durch die geänderte Rechtsprechung ausgelöste) gesetzliche Änderung von § 33 Abs. 1 EStG zu beachten, wonach Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen sind, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 17.04.2013, 5 K 156/12

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