Leitsatz

1. Kosten eines Arbeitgebers aus Anlass einer Betriebsveranstaltung sind bei Überschreiten einer Freigrenze in vollem Umfang als Arbeitslohn zu werten. Die Freigrenze beträgt auch im Jahr 2007 noch 110 EUR.

2. Eine Anpassung der Freigrenze an die Geldentwertung ist nicht Aufgabe der Gerichte.

3. In die Ermittlung, ob die Freigrenze überschritten ist, sind die den Arbeitgeber treffenden Gesamtkosten der Veranstaltung einzubeziehen und zu gleichen Teilen sämtlichen teilnehmenden Arbeitnehmern zuzurechnen, sofern die entsprechenden Leistungen Lohncharakter haben und nicht individualisierbar sind.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

K veranstaltete für ihre Mitarbeiter ein Sommerfest und mietete dazu entsprechende Räumlichkeiten, organisierte Speisen, Getränke und Live-Musik sowie die An- und Abreise der Teilnehmer. 302 Personen nahmen teil: 252 Arbeitnehmer, 44 Partner, Gäste und Externe sowie 6 Mitarbeiter einer mit K assoziierten Gesellschaft. Die Kosten des K beliefen sich auf insgesamt 52.877 EUR (175 EUR/Teilnehmer). Das FA sah in den Zuwendungen anlässlich des Sommerfestes Lohn und erhob pauschal LSt über 11.005 EUR (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Klage blieb erfolglos (Hessisches FG, Urteil vom 1.9.2010, 10 K 381/08, Haufe-Index 2590216, EFG 2011, 443).

 

Entscheidung

Der BFH hob aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Hinweis

Freigrenzen für Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen betragsmäßig anzupassen ist Aufgabe des Gesetzgebers.

1. Das Besprechungsurteil rekapituliert mit umfangreichen Nachweisen die Rechtsprechung zum "ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse". Das ist das Abgrenzungsinstrument, das der Lohnsteuersenat kreiert hatte, um insbesondere Sachzuwendungen des Arbeitgebers aus dem lohnsteuer­rechtlich erheblichen Bereich auszunehmen, etwa Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen. Wenn eine solche Veranstaltung der Belegschaft als Ganzes angeboten wird und auch nicht die von der Rechtsprechung geschaffenen Freigrenze (150 DM, dann 200 DM/110 EUR) der Höhe nach überschritten wird, liegt kein Lohn vor. An dieser Freigrenze hält der Lohnsteuersenat (zunächst) fest, um "Rechtsanwendungsgleichheit und Rechtssicherheit" zu gewährleisten, kündigt aber eine Überprüfung dieser bisherigen Rechtsprechung an. Im Übrigen sieht der BFH die Finanzverwaltung in der Pflicht, ihr Erfahrungswissen einzubringen.

2. Lohn und Freigrenze bemessen sich grundsätzlich nach den Gesamtkosten der Veranstaltung, die anteilig allen Teilnehmern zuzurechnen sind. Hier beginnt schon die Überprüfung der Rechtsprechung, wenn der BFH darauf hinweist, dass Leistungen, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung stehen und durch die der Arbeitnehmer deshalb nicht bereichert ist, kein Lohn sind (z.B. Kosten der Buchhaltung oder für die Beschäftigung eines "Event-Managers"). Weiter grenzt der BFH aus den Gesamtkosten solche aus, die nicht den Feierlichkeiten, sondern echten betrieblichen Veranstaltungsteilen zuzuordnen sind; zu den Gesamtkosten gehören auch nicht solche, die einzelnen Arbeitnehmern individualisierbar zuzurechnen sind. Im Streitfall waren das etwa Kosten für Taxifahrten. Dabei wäre dann auch § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG zu beachten.

3. Fazit: Künftig sind die Gesamtkosten stärker zu strukturieren und differenzieren, um entscheiden zu können, inwieweit in die Gesamtkosten eingehenden Leistungen tatsächlich in unmittelbarem Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung standen, sowie ob Leistungen Arbeitnehmern quasi vorab individuell und unmittelbar zuzurechnen sind. Solche individualisierbaren Leistungen mindern infolge dessen den Teil der Gesamtkosten, der den Arbeitnehmern anteilig zuzurechnen ist und der aus Sicht der Steuerpflichtigen den Höchstbetrag von 110 EUR nicht überschreiten sollte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.12.2012 – VI R 79/10

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