Rz. 18

[Autor/Stand] Soweit der Angeklagte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das gerichtliche Verfahren gegen ihn endgültig eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last (§ 467 Abs. 1 StPO[2]). Das gilt auch bei einem Teilfreispruch (s. Rz. 17)[3].

Der Angeklagte kann dann seine in Rz. 26 ff. bezeichneten Auslagen gegenüber der Staatskasse auf Antrag festsetzen lassen (Muster s. Rz. 50)[4].

Wird der Angeklagte erst in der Rechtsmittelinstanz freigesprochen oder das Verfahren eingestellt, so kann er Ersatz seiner notwendigen Auslagen in allen Rechtszügen verlangen (vgl. § 473 StPO).

Der Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beteiligte rechtsschutzversichert ist[5].

Gemäß § 43 Satz 1 RVG kann der Angeklagte seinen künftigen etwaigen Erstattungsanspruch an den Verteidiger abtreten[6].

Ausnahmen von der Erstattungspflicht sind in § 467 Abs. 2–5 StPO genannt. Danach trägt der Angeschuldigte Kosten und Auslagen selbst

  • bei schuldhafter Säumnis (Abs. 2),
  • bei unrichtiger Selbstanzeige (Abs. 3 Satz 1),
  • bei wahrheitswidriger Selbstbelastung und Verschweigen entlastender Umstände (Abs. 3 Satz 2 Nr. 1),
  • bei Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses (Abs. 3 Satz 2 Nr. 2),
  • bei Einstellung nach Ermessen (Abs. 4),
  • bei endgültiger Einstellung nach § 153a StPO (Abs. 5),

wobei die Ausnahmefälle teils zwingend (Abs. 2, 3 Satz 1, Abs. 5) sind, teils im Ermessen des Gerichts stehen (Abs. 3 Satz 2, Abs. 4).

 

Rz. 19

[Autor/Stand] Die Vorschriften, nach denen die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat, wenn dieser freigesprochen oder das Verfahren durch das Gericht eingestellt wird (s. Rz. 18) gelten gleichermaßen, wenn die StA die öffentliche Klage zurücknimmt und das Verfahren einstellt (§ 467a StPO). Diese Regelung gilt auch für die selbständig ermittelnde FinB im Steuerstrafverfahren (§ 386 Abs. 2, § 399 AO). Von besonderer Bedeutung ist dies, wenn die FinB den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zurückgenommen hat und das Steuerstrafverfahren eingestellt wird (s. dazu die Erl. § 400 Rz. 123 ff. sowie § 406 Rz. 2). Gleiches gilt, wenn nach einem Einspruch des Beschuldigten gegen den Strafbefehl (§§ 410, 411 StPO) die Klage zurückgenommen wird (§ 411 Abs. 3 StPO). Auch bei Einstellung des Verfahrens durch die FinB kann von der Erstattung der notwendigen Auslagen entsprechend § 467 Abs. 35, § 467a Abs. 1 Satz 2 StPO abgesehen werden (s. Rz. 18).

 

Rz. 20

[Autor/Stand] Nach der Rspr.[9] enthält § 467a StPO eine abschließende Regelung für Verfahrenseinstellungen nach Klagerücknahme, so dass die Auslagen dem Angeschuldigten nicht erstattet werden bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens vor Anklageerhebung bzw. Antrag auf Strafbefehl durch die FinB[10], sondern nur nach dem Gesetz über die Entschädigung wegen Strafverfolgungsmaßnahmen, soweit Maßnahmen unter § 2 StrEG fallen und dann auch die für die Aufhebung erforderlichen Auslagen umfassen[11]. Diese restriktive Sichtweise muss als unbefriedigend und reformbedürftig angesehen werden[12]. Speziell im Steuerstrafverfahren sind die Ermittlungen oft zeit- und kostenintensiv, so dass die frühzeitige Einschaltung eines Verteidigers und/oder steuerlichen Beraters zur frühzeitigen Verfahrensbeilegung beitragen kann und damit durchaus auch im öffentlichen Interesse an einer verfahrensökonomischen Erledigung liegt[13].

 

Rz. 21

[Autor/Stand] Bei Einstellung des Verfahrens steht dem Verteidiger eine zusätzliche Gebühr (sog. Befriedungsgebühr) zu (Nr. 4141 RVG-VV). Entsprechendes gilt für den Steuerberater (§ 45 StBVV).

 

Rz. 22– 23

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.08.2023
[2] I.d.F. des KostRÄndG 1994, BGBl. I 1994, 1325.
[3] Näher dazu Volpert, RVGreport 2007, 289 und 444; Volpert, RVGreport 2008, 167.
[4] Eing. dazu Volpert, StRR 2008, 412.
[5] OLG Frankfurt v. 19.2.1970 – 2 Ws 11/70, NJW 1970, 1694 f.; Kraus in BeckOK, § 408 AO Rz. 8; Brandis in Tipke/Kruse, § 408 AO Rz. 1; Webel in JJR9, § 408 AO Rz. 12; Tormöhlen in HHSp., § 408 AO Rz. 6.
[6] Vgl. dazu KG v. 16.11.2005 – 11 W 2/04, JurBüro 2006, 387; näher dazu Volpert, RVGreport 2007, 289; Volpert, StRR 2008, 412.
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.08.2023
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.08.2023
[9] BGH v. 9.6.1981 – 4 ARs 4/81, BGHSt 30, 152; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt66, § 467a StPO Rz. 2 m.w.N.; a.A. Bohlander, AnwBl. 1992, 161.
[10] Ebenso Kemper in Rolletschke/Kemper/Roth, § 408 AO Rz. 11 f., wenngleich er de lege lata eine Billigkeitsregelung gutheißen würde; vgl. auch LG München I v. 5.7.1973 – 9 O 245/73, NJW 1973, 2341.
[11] BGH v. 18.9.1975 – III ZR 139/73, BGHZ 65, 170 (175 ff.) = NJW 1975, 2341 ff.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt66, § 7 StrEG Rz. 5.
[12] Zu Recht krit. Bohlander, AnwBl. 1992, 161; Tormöhlen in HHSp., § 408 AO Rz. 11 f.; s. auch Webel in JJR9, § 4...

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