Schrifttum:

Vgl. zunächst die Hinweise vor Rz. 1. Außerdem: Bittmann, Das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung in der Rechtsprechung, NStZ 2019, 383 (Teil 1/2), 447 (Teil 2/2); Brenner, Gewinnabschöpfung, das unbekannte Wesen im Ordnungswidrigkeitenrecht, NStZ 1998, 557; Bublitz, Die Kausalität bei der leichtfertigen Steuerverkürzung durch den Steuerberater und sonstige Dritte, DStR 1984, 435; Hohn, Die Bestimmung des erlangten Etwas i.S.d. § 73 StGB durch den BGH, wistra 2003, 321; Nack, Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verfall, GA 2003, 879; Madauß, Gewinnabschöpfung und steuerliche Ordnungswidrigkeiten, NZWiSt 2016, 98; Rebler, Die Einziehung im OWi-Recht (§ 29a OWiG) – Das Bruttoprinzip und die Bestimmung des "Erlangten" (§ 29a OWiG), DAR 2018, 411; Reitz, Die bußgeldrechtliche Verantwortung des steuerlichen Beraters, DStR 1984, 91; Titze, Gewinnabschöpfung in der bußgeldrichterlichen Praxis, wistra 2022, 452.

 

Rz. 140

[Autor/Stand] Als weitere Maßnahme zur Abschöpfung von unrechtmäßig Erlangtem (neben den § 30 Abs. 3, § 17 Abs. 4 OWiG) sieht § 29a OWiG die Einziehung des Wertes von Taterträgen (bis 30.6.2017 "Verfall") im Ordnungswidrigkeitenrecht vor. Die Einziehung nach § 29a OWiG richtet sich ausschließlich auf einen Geldbetrag.[2]

Die Einziehung von Taterträgen gegenüber dem Täter ist ausgeschlossen, wenn gegen diesen eine Geldbuße festgesetzt wird, weshalb die Vorschrift insoweit nur eine lückenfüllende Funktion hat. Wird eine Geldbuße gegen den Täter festgesetzt, erfolgt die Gewinnabschöpfung bereits mithilfe der Geldbuße (§ 17 Abs. 4 OWiG). Für die Vermögensabschöpfung nach § 29a OWiG bleiben demnach die Konstellationen, in denen der Täter rechtswidrig, aber nicht vorwerfbar einen Bußgeldtatbestand verwirklicht (§ 29a Abs. 1 OWiG) oder die Einziehung gegenüber tatunbeteiligten Dritten erfolgt (§ 29a Abs. 2 OWiG). Die Vorschrift des § 29a OWiG wurde durch das am 1.7.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017[3] neu gefasst (zu den Kernpunkten der Reform im Einzelnen s. § 399 Rz. 300 ff.). Die Änderung erfolgte parallel zur Neuausgestaltung der Vorschrift der strafrechtlichen Einziehung von Taterträgen in §§ 73 ff. StGB. Zu den wesentlichen Änderungen des § 29a OWiG zählen neben der Anpassung der Begrifflichkeiten an Unionsrecht[4] ("Einziehung von Taterträgen" in Anlehnung an "confiscation" statt "Verfall") die Regelungen zur Drittabschöpfung in dem neu gefassten Abs. 2 der Vorschrift sowie die Konkretisierung des Bruttoprinzips[5] in dem neuen Abs. 3.

Wird die Anordnung der Einziehung des Wertes des Tatertrages wegen einer mit Geldbuße bedrohten Handlung, die vor dem 1.7.2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, ist § 29a OWiG in der neuen Fassung anzuwenden (§ 133 Abs. 6 OWiG). In Verfahren, in denen bis zum 1.7.2017 bereits eine Entscheidung über den Verfall des Wertersatzes ergangen ist, ist § 29a OWiG in der bis zum 1.7.2017 geltenden Fassung anzuwenden.

Die Voraussetzungen der Einziehung des Werts von Taterträgen beim Täter sind nach § 29a Abs. 1 OWiG :

  • tatbestandsmäßige und rechtswidrige Begehung einer Ordnungswidrigkeit,
  • "etwas" erlangt,
  • Nichtfestsetzung einer Geldbuße.

Die Anordnung der Einziehung des Werts von Taterträgen ist eine verschuldensunabhängige Maßnahme. Fehlende Vorwerfbarkeit oder ein unvermeidbarer Verbotsirrtum schließen die Einziehung daher nicht aus. Neben dem unmittelbar die Tatbestandsmerkmale der Bußgeldvorschrift verwirklichenden Täter erfasst § 29a Abs. 1 OWiG auch den gem. § 14 Abs. 1 OWiG dem Täter gleichgestellten Beteiligten (Anstifter, Gehilfe oder Mittäter).

Für die Anordnung der Einziehung des Werts von Taterträgen nach § 29a Abs. 1 OWiG ist es unerheblich, aus welchen Gründen die Festsetzung einer Geldbuße unterbleibt[6]. So kann sie angeordnet werden, wenn das Verfahren gegen den Täter mangels hinreichenden Tatverdachts (§ 170 Abs. 2 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG), aus Opportunitätserwägungen (§ 47 OWiG) oder aufgrund einer Amnestie eingestellt wird[7]. Randt weist zutreffend darauf hin, dass eine bußgeldbefreiende Selbstanzeige nach § 378 Abs. 3 AO einer Anordnung nach § 29a OWiG nicht entgegensteht, da auch nach einem Rücktritt, der ebenfalls einen persönlichen Ahndungsaufhebungsgrund darstellt, die Einziehung für anwendbar erachtet wird[8]. Entgegen der Subsidiarität der Einziehung des Werts von Taterträgen erfolgt die Abschöpfung durch die Bußgeldbehörden häufig über die selbständige Einziehung anstatt über die Anordnung von Bußgeldern, was teilweise auf die Geltung des Nettoprinzips im Rahmen von § 17 Abs. 4 OWiG sowie die nicht erforderliche Schuldfeststellung zurückgeführt wird.[9] Dies wird von der Rspr. auch überwiegend nicht beanstandet.[10]

Die Einziehung des Werts von Taterträgen kann auch dann selbständig angeordnet werden, wenn gegen den Täter kein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde (§ 29a Abs. 5 OWiG). Dabei handelt es sich um eine reine V...

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