Leitsatz

1. Kinderzuschüsse zu einer Rente, die von einem berufsständischen Versorgungswerk gezahlt werden, sind nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG steuerpflichtig und nicht wie die Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG steuerfrei.

2. Die unterschiedliche Behandlung der Kinderzuschüsse verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 1 Buchst. b, § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 31 Sätze 4 und 5, § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Der Kläger bezog von seinem berufsständischen Versorgungswerk eine Altersrente, in der auch Kinderzuschüsse für seine minderjährigen Kinder enthalten waren. Die Kinderzuschüsse wurden gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG im Streitjahr 2006 mit dem Besteuerungsanteil von 50 % besteuert. Der Kläger ist der Auffassung, die Steuerfreiheit des § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG müsse nicht nur für die Kinderzuschüsse der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für die zu einer Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk gezahlten Kinderzuschüsse gelten. Dies ergebe sich auch aus dem BMF-Schreiben vom 12.12.1991 (DB 1991, 136). Ansonsten liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Das FG wies die Klage als unbegründet ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 18.3.2010, 11 K 811/08 E, Haufe-Index 2349897, EFG 2010, 1325).

 

Entscheidung

Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH bestätigte, dass die Kinderzuschüsse, die der Kläger von dem Ärzteversorgungswerk bezogen hatte, zu Recht gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG mit einem Besteuerungsanteil von 50 % der Besteuerung unterworfen worden seien.

 

Hinweis

1. Aufgrund der Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte durch das AltEinkG gehören seit 2005 zu den sonstigen Leistungen gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG nicht nur Leibrenten, sondern auch "andere Leistungen". Hierzu zählen auch Kinderzuschüsse, die von der gesetzlichen Rentenversicherung oder von den berufsständischen Versorgungseinrichtungen geleistet werden.

2. Lediglich Kinderzuschüsse der gesetzlichen Rentenversicherung sind gem. § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG steuerfrei. Der BFH lehnt eine Ausweitung der Steuerfreiheit auch auf berufsständische Kinderzuschüsse über den eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift hinaus ab.

3. Darin, dass nur die Kinderzuschüsse der gesetzlichen Rentenversicherung und nicht aber auch die der berufsständischen Versorgungseinrichtungen gem. § 3 Nr. 1 Buchst. b EStG steuerfrei sind, liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Die Steuerfreiheit der Kinderzuschüsse der gesetzlichen Rentenversicherung war durch das StÄndG 1977 eingeführt worden, um die vorgesehene betragsmäßige Begrenzung dieser Leistungen zumindest etwas zu kompensieren. Die Höhe der Kinderzuschüsse der berufsständischen Versorgungseinrichtungen wurde demgegenüber nicht begrenzt.

Der wichtigste Differenzierungsgrund liegt aber in der unterschiedlichen Behandlung der Kinderzuschüsse im Rahmen des § 65 EStG. Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist der Anspruch auf Kin­dergeld für ein Kind ausgeschlossen, für das u.a. Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen gezahlt werden. Die berufsständischen Kinderzuschüsse können demgegenüber zusätzlich zum steuerrechtlich geregelten Familienleistungsausgleich (Kindergeld oder Freibeträge gem. § 32 Abs. 6 EStG) gewährt werden. Diese unterschiedlichen Rechtsfolgen führen dazu, dass die Bezieher von berufsständischen Kinderzuschüssen im Ergebnis regelmäßig eine bessere Behandlung erfahren, auch wenn die Zuschüsse selbst nicht steuerfrei sind.

4. Eine Steuerfreiheit der Kinderzuschüsse kann nicht aus dem BMF-Schreiben vom 12.12.1990 (DB 1991, 136) abgeleitet werden. Zum einen können Verwaltungsanweisungen im Allgemeinen weder eine einer Rechtsverordnung vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen. Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung besteht eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung lediglich ausnahmsweise im Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Rahmen des Ermessens, der Billigkeit, der Typisierung oder Pauschalierung. Zum anderen war das BMF-Schreiben vom 12.12.1990 bereits durch das BMF-Schreiben vom 24.2.2005 (Haufe-Index 1326593, BStBl I 2005, 429, Rz. 89) überholt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.8.2011 – X R 11/10

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