Leitsatz

Ein volljähriges Kind befindet sich auch dann noch in Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. A) EStG, wenn die Berufsausbildung infolge Krankheit vorübergehend unterbrochen wird, aber anschließend wieder aufgenommen und abgeschlossen werden soll. Ist jedoch klar, dass die Fortführung des Ausbildungsverhältnisses dauerhaft objektiv unmöglich ist, kann trotz eines fortbestehenden Ausbildungswillens keine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. A) EStG erfolgen.

 

Sachverhalt

Die im Jahr 1989 geborene Tochter der Klägerin begann im August 2008 eine Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten. In dem Widerspruchsbescheid der Knappschaft Bahn/See vom 27.7.2011 wurde festgestellt, dass die Tochter die Tätigkeit als Auszubildende zur Tiermedizinischen Fachangestellten nicht weiter verrichten könne. Auch aus Sicht des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit wurde ein erneuter Einsatz der grundsätzlich arbeitsfähigen Tochter in der letzten Ausbildung zur Tiermedizinischen Fachangestellten nicht befürwortet. Die Familienkasse lehnte die weitere Kindergeldgewährung ab August 2011 ab, da die Tochter nicht mehr arbeitsunfähig gewesen sei und sich nicht mehr in Ausbildung befunden habe. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Tochter sei - bezogen auf die gewählte Ausbildung - weiter arbeitsunfähig gewesen, mit der Folge, dass Kindergeld auch ab August 2011 zu gewähren sei.

 

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Wortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. A) EStG stellt nicht auf das formale Weiterbestehen eines Ausbildungsverhältnisses ab, sondern darauf, dass auf die Ausbildung gerichtete Maßnahmen tatsächlich durchgeführt werden. Zwar ist eine Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung grundsätzlich unschädlich, weil in solchen Fällen das Kind aus objektiven Gründen nicht in der Lage ist, sich der Ausbildung zu unterziehen. Nach Auffassung des FG kann jedoch ein volljähriges Kind nicht als "arbeitsunfähig krank" behandelt werden, wenn nach einer sozialmedizinischen Stellungnahme ein erneuter Einsatz im letzten Ausbildungsdienstverhältnis nicht befürwortet wird, das Kind jedoch nicht mehr aus objektiven Gründen daran gehindert ist, seine Ausbildung fortzusetzen, und somit wieder in der Lage ist, berufliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erbringen.

 

Hinweis

In vergleichbaren Fällen sollte jedoch geprüft werden, ob eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. C) EStG in Betracht kommt. Voraussetzung hierzu ist, dass konkrete Bemühungen um einen anderen Ausbildungsplatz zum nächstmöglichen Zeitpunkt nachgewiesen werden können.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 27.02.2013, 8 K 962/12 (Kg)

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