Zusammenfassung

 
Überblick

Die Freibeträge für Kinder nach § 32 Abs. 6 EStG, bestehend aus dem Kinderfreibetrag und dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (= Bedarfsfreibetrag), haben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der Einkommensbesteuerung in der Wechselbeziehung mit dem Kindergeld die Funktion, bei unterhaltspflichtigen Eltern deren Aufwand für das Existenzminimum der Kinder von der Besteuerung freizustellen.

Damit wird dem subjektiven Nettoprinzip, also dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, Rechnung getragen. Sie folgt aus dem Gleichheitsgebot des Grundgesetzes.

Durch § 31 EStG werden die Freibeträge für Kinder mit dem Kindergeld verknüpft. Dies geschieht mittels der Vergleichsrechnung im Rahmen der ESt-Veranlagung (= Günstigerprüfung) zwischen dem während des laufenden Jahres gezahlten Kindergeld und der Steuerminderung durch die Freibeträge für Kinder.

Historie

Der Kinderfreibetrag gehört zum Kreis der am häufigsten geänderten steuerlichen Tatbestände. Dies betrifft sowohl die einzelnen Berücksichtigungsvoraussetzungen für Kinder als auch die Höhe der Kinderfreibeträge.

Für den Kindergeldanspruch bei volljährigen Kindern aufgrund Berufsausbildung, Übergangszeit, Wartezeit oder Freiwilligendienst ist grundsätzlich nur eine Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes mit mehr als 20 Wochenstunden schädlich, wenn das Kind bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Erststudium besitzt.

Der Kinderbonus 2022, der zusätzlich zum Kindergeld als einmalige Sonderzahlung gewährt wurde, betrug 100 EUR für jedes Kind, für das in mindestens einem Monat in 2022 ein Anspruch auf Kindergeld bestand (§ 66 Abs. 1 Satz 2 EStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 2022 v. 23.5.2022, BStBl 2022 I S. 662). Einen Kinderbonus zusätzlich zum Kindergeld gibt es im Jahr 2023 nicht mehr.

In den letzten Jahren wurden die Kinderfreibeträge immer wieder geringfügig erhöht. Der sog. Bedarfsfreibetrag wurde nach vielen Jahren ab VZ 2021 auf 1.464/2.928 EUR erhöht (Zweites Familienentlastungsgesetz v. 1.12.2020, BStBl 2020 I S. 1347).

Der 14. Existenzminimumbericht (BT-Drucks. 20/4443) ergab einen Erhöhungsbedarf beim Kinderfreibetrag und Grundfreibetrag. Erhöhungen waren daher notwendig, um das sog. Existenzminimum für alle steuerfrei zu stellen. Die Berichtsergebnisse flossen in das Inflationsausgleichsgesetz (InflAusG v. 8.12.2022, BStBl 2023 I S. 3) ein.

Im Inflationsausgleichsgesetz wurde daher eine weitere Anhebung des Kinderfreibetrags rückwirkend zum 1.1.2022 von 2.730/5.460 EUR auf 2.810/5.620 EUR beschlossen. Für 2023 wurde der Kinderfreibetrag auf 3.012/6.024 EUR und ab 2024 auf 3.192/6.384 EUR angehoben.

Der Grundfreibetrag wurde ebenso mit dem Inflationsausgleichsgesetz zum 1.1.2023 auf 10.908 EUR und zum 1.1.2024 auf 11.604 EUR angehoben.

Mit Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 v. 10.12.2019, BGBl 2019 I S. 2115, sind mit Wirkung ab VZ 2021 die Freigrenzen in § 3 Abs. 3 Satz 1 SolZG für die Einzelveranlagung auf 16.956 EUR und für die Zusammenveranlagung auf 33.912 EUR angehoben worden. Zur Vermeidung zusätzlicher Belastungen durch den Solidaritätszuschlag wird die Freigrenze nach § 3 SolzG 1995 für die Jahre 2023 und 2024 anlässlich der Erhöhung des Grundfreibetrags ebenso erneut angehoben.[1] Die Freigrenze beträgt für das Jahr 2023 17.543 EUR bzw. 35.086 EUR. Für das Jahr 2024 steigt die Freigrenze weiter auf 18.130 EUR bzw. 36.260 EUR. Damit wird auch die Berechnung des Soli an die Inflation angepasst.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen finden sich in §§ 32, 31 EStG. Die entsprechenden Verwaltungsanweisungen sind R 32.1 bis 32.13 EStR 2012 und H 32.1 bis 32.13 EStH 2022; darüber hinaus sind folgende BMF-Schreiben von Bedeutung:

[1] InflAusG v. 8.12.2022, BStBl 2023 I S. 3.

1 Grundsätzliches

Im System des Familienleistungsausgleichs besteht eine unmittelbare Verzahnung zwischen dem Kinderfreibetrag und dem Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (= Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG) einerseits und andererseits dem Anspruch auf Kindergeld.

Die zentrale Vorschrift hierzu ist § 31 EStG. Danach erfolgt die steuerliche Freistellung des Einkommens der Eltern bzw. eines Elternteils i. H. d. Kinderexistenzminimums durch die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG (= Kinderfreibetrag und Bedarfsfreibetrag) oder durch das Kindergeld nach dem EStG.

Nach § 31 Satz 3 EStG wird im laufenden Kalenderjahr grundsätzlich monatlich Kindergeld gezahlt.[1] Der Anspruch auf ausländische Leistungen (= vergleichbare andere Leistun...

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