Leitsatz

Verpflichtet sich ein Kind zu einem mehrjährigen Dienst im Katastrophenschutz (hier: Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr) und wird es deshalb vom Wehrdienst freigestellt, erwächst daraus keine Verlängerung der kindergeldrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit über das 25. Lebensjahr hinaus.

 

Normenkette

§ 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, § 32 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Buchst. d, Abs. 5 Satz 1 EStG, § 13a WPflG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Vater eines im November 1987 geborenen Sohnes (S), der sein Medizinstudium im Herbst 2013 abschloss. Die Familienkasse setzte Kindergeld für Januar 2008 bis November 2012 fest und hob die Kindergeldfestsetzung wegen Vollendung des 25. Lebensjahres ab Dezember 2012 auf. Der Bescheid wurde nicht angefochten.

Im Januar 2016 beantragte der Kläger, ihm für S auch über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus Kindergeld zu gewähren, weil S wegen seiner mindestens sechsjährigen Verpflichtung zum Dienst im Katastrophenschutz (Freiwillige Feuerwehr) eine Freistellung vom Wehrdienst bewilligt worden sei. Diesen Antrag lehnte die Familienkasse ab. Das FG wies die Klage als unbegründet ab (FG des Saarlandes, Urteil vom 15.2.2017, 2 K 1200/16, Haufe-Index 10921471).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Die Berücksichtigung von Kindern, die für einen Beruf ausgebildet werden, endet mit Vollendung des 25. Lebensjahres. Sie verlängert sich nach § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG, wenn ein Kind den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, oder sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat, oder eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer ausgeübt hat.

2. Der Katalog der Verlängerungstatbestände in § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG ist abschließend. Das folgt bereits aus dem Wortlaut der Aufzählung, die weder mit "insbesondere" eingeleitet wird noch z.B. eine Öffnung für "ähnliche Fälle" enthält. Für den abschließenden Charakter spricht auch die Gesetzeshistorie; die durch das JStG 1996 eingeführten Verlängerungstatbestände entsprechen den zugleich abgeschafften Berücksichtigungstatbeständen.

3.§ 32 Abs. 5 EStG ist auch nicht analog auf den Dienst im Katastrophenschutz anzuwenden, denn es fehlt an der für eine analoge Anwendung erforderlichen planwidrigen gesetzlichen Regelungslücke:

Die Verlängerungstatbestände sollten einen Ausgleich dafür schaffen, dass Kinder während der Ableistung ihres Wehr-, Zivil- oder Entwicklungshelferdienstes typischerweise steuerlich nicht berücksichtigt werden, weil sie regelmäßig einen Vollzeitdienst umfassen und daher meist eine Ausbildung oder einen Freiwilligendienst sowie andere Berücksichtigungstatbestände ausschließen; typischerweise verzögert die Ableistung solcher Dienste auch das Ausbildungsende. Der Dienst im Katastrophenschutz ist dagegen typischerweise kein Vollzeitdienst und kann neben einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis abgeleistet werden, sodass er den Ausbildungsabschluss nicht verzögert.

4. Das Besprechungsurteil widerspricht dem BFH-Urteil XI R 12/12 nicht (BFH, Urteil vom 5.9.2013, XI R 12/12, BFH/NV 2013, 1989, BFH/PR 2014, 9, BFHE 242, 404, BStBl II 2014, 39). Danach kann ein Kind über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus für einen der Dauer dieses Dienstes entsprechenden Zeitraum berücksichtigt werden, wenn es während des gesetzlichen Grundwehr- oder Zivildienstes zugleich für einen Beruf ausgebildet und als Kind berücksichtigt wurde. Denn der Gesetzgeber durfte sich bei der Konzeption des § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG an dem typischen Fall orientieren, in dem die Ableistung des Dienstes zu einer Ausbildungsverzögerung führt; auf eine tatsächlich im Einzelfall eingetretene Ausbildungsverzögerung kommt es daher nicht an.

5. Die Familienkasse hatte im Januar 2013 in einem Bescheid Kindergeld für Januar 2008 bis November 2012 festgesetzt und ab Dezember 2012 aufgehoben. Auf die verfahrensrechtliche Frage, ob eine dadurch erzeugte Bestandskraft einer Kindergeldfestsetzung entgegenstehen würde, kam es mangels Anspruchsberechtigung nicht an. Dagegen dürfte sprechen, dass angesichts der Beschränkung nicht ersichtlich ist, worauf sich die Aufhebung bezogen haben soll.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.10.2017 – III R 8/17

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