Leitsatz

Bezahlt der Steuerpflichtige mit Mitteln aus einem durch eine Lebensversicherung gesicherten Policendarlehen eine Zinsbegrenzungsprämie (Zinscap-Gebühr), dient das Darlehen nicht unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung der Anschaffungskosten eines dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmten Wirtschaftsguts i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG (Anschluss an BFH, Urteil vom 12.10.2005, VIII R 19/04, BFH/NV 2006, 288).

 

Normenkette

§ 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a, § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte Ansprüche aus einer Kapitallebensversicherung i.H.v. 120.000 EUR zur langfristigen Sicherung eines Darlehens von 180.000 EUR für die Finanzierung einer Praxisübernahme eingesetzt. Das Darlehen hatte der Kläger nur i.H.v. 155.200 EUR in Anspruch genommen, und zwar für die Kaufpreiszahlung aus dem Praxiskauf i.H.v. 148.000 EUR und für eine Zinscap-Gebühr aufgrund einer Zinsbegrenzungsvereinbarung i.H.v. 7.200 EUR.

Das FA stellte die Steuerpflicht der Zinsen aus der Lebensversicherung fest.

Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.6.2009, 4 K 1646/07, Haufe-Index 2274865, EFG 2010, 409).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des Klägers zurück. Das mit der Lebensversicherung besicherte Darlehen habe nicht ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungskosten aus der Praxisübernahme gedient, weil damit auch die Zinscap-Gebühr (Zinsbegrenzungsprämie), also Finanzierungskosten, bezahlt worden seien.

 

Hinweis

1. Das Normengefüge, um das es hier geht, ist seit dem 1.1.2005 Rechtsgeschichte. Für Altverträge sind die früheren Vorschriften jedoch noch anzuwenden. Da Kapitallebensversicherungen oft über Jahrzehnte laufen, ergeben sich immer noch Streitfälle zu diesem Komplex.

2. Nach der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG sind Zinsen aus Lebensversicherungen unter bestimmten weiteren Voraussetzungen steuerfrei, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Versicherungsbeiträge nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a oder b EStG erfüllt sind.

3. Der vorgenannte Sonderausgabenabzug der Beiträge gerät in Gefahr, wenn die Lebensversicherung als Sicherheit für einen Kredit eingesetzt wird. Das Policendarlehen steht dem Abzug der Versicherungsprämien als Sonderausgaben entgegen, wenn die Ansprüche aus den Versicherungsverträgen nicht – wie von § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG vorausgesetzt – der Sicherung von Darlehen dienen, die selbst "unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines (zur Einkünfteerzielung bestimmten) Wirtschaftsgutes dienen".

4. Diese eng gefassten Tatbestandsmerkmale bergen erhebliche Risiken. Soll eine Kapitallebensversicherung als Kreditsicherheit eingesetzt werden, so empfiehlt sich besondere Sorgfalt bei der Zahlungsabwicklung. Die gesetzliche Bagatellgrenze für fehlverwendete Mittel (2.556 EUR) ist so niedrig angesetzt, dass schon ein einziger, vom Steuerpflichtigen – verständlicherweise – als nebensächlich eingestufter Zahlungsvorgang zu erheblichen Steuernachteilen führen kann, weil mit einem Schlag über Jahrzehnte steuerfrei aufgelaufene Zinsen steuerpflichtig werden können.

5. Wesentlich ist, dass ein Darlehen nur dann ausschließlich und unmittelbar der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten dient, wenn diese Kosten tatsächlich aus den Darlehensmitteln bezahlt werden. Werden mit dem Darlehen hingegen andere Kosten, z.B. Finanzierungskosten wie Zinsen oder Zinsbegrenzungsprämien bezahlt, sind die Voraussetzungen der Steuerfreiheit der Zinsen nicht mehr erfüllt.

6. An dieser Rechtsfolge ändert sich nichts, wenn der Betrag der als Sicherheit eingesetzten Lebensversicherung den Betrag des Darlehens und die damit bezahlten Anschaffungs- oder Herstellungskosten unterschreitet. Entscheidend ist, dass mit dem – höheren – Darlehen auch andere Kosten (hier: Finanzierungskosten) bezahlt worden sind. § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG setzt die uneingeschränkte unmittelbare und ausschließliche Verwendung des (Gesamt-)Darlehens zur Finanzierung von Anschaffungs- und Herstellungskosten voraus.

7. Grundsätzlich ist eine Aufteilung in einen steuerschädlichen und einen steuerunschädlichen Teil des Darlehens ausgeschlossen. Die Zinsen aus der Lebensversicherung sind, wenn die Darlehensmittel nach den vorstehenden Maßstäben – auch nur zum geringen Teil, d.h. zu mehr als 2.556 EUR – fehlverwendet werden, insgesamt steuerbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII R 49/09

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