Leitsatz

Die Änderung eines Bescheides über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG ist ausgeschlossen, wenn der (nacherklärte) Verlust bei der Ermittlung der der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte in der bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzung nicht berücksichtigt worden ist, eine Änderung des Einkommensteuerbescheides nach Maßgabe der Änderungsvorschriften der AO ausgeschlossen ist und auch die Voraussetzungen des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG nicht vorliegen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 5b, § 10d Abs. 4, § 20 Abs. 6, § 32d Abs. 1, Abs. 4, § 43 Abs. 1, Abs. 5, § 43a Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Steuerberater. Er legte gegen die erklärungsgemäße Einkommensteuerfestsetzung für 2013 Einspruch ein. Mit diesem machte er geltend, dass er im Streitjahr durch Wertpapierverkäufe einen Verlust i.H.v. 7.060 EUR erlitten habe. Dieser sei weder in den Erträgnisaufstellungen der Bank noch in dem bei der Bank geführten "Verlusttopf" berücksichtigt worden. Hierzu legte er Wertpapierabrechnungen und Ausbuchungsmitteilungen der Bank vor. Er beantragte, die Verluste im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2013 zu berücksichtigen. Zugleich nahm er seinen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 zurück.

Das FA wies den Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid zurück, da die vom Kläger begehrte Änderung nur im Verfahren gegen den Einkommensteuerbescheid hätte geltend gemacht werden können. Dieser sei durch die Rücknahme des Einspruchs jedoch bestandskräftig geworden. Eine unmittelbare Berücksichtigung im Rahmen der Verlustfeststellung scheide aus. Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28.10.2015, 3 K 420/14, Haufe-Index 8905769, EFG 2016, 190) gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision des FA stattgegeben, das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat dem Begehren des Klägers auf direk­te Berücksichtigung von Aktienverlusten i.S.d. § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG im Verlustfeststellungsbescheid eine Absage erteilt. Er hat dabei auf die systematische Verbindung von Verlustfeststellungsverfahren und Festsetzungsverfahren abgestellt. Zwar ist der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für die Verlustfeststellung. Aus § 10d Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 EStG folgt jedoch, dass Einwendungen gegen die Höhe des festzustellenden Verlustes im Fest­setzungsverfahren geltend zu machen sind. Dies war im Streitfall aufgrund der Rücknahme des Einspruchs gegen die Einkommensteuerfestsetzung nicht mehr möglich.

2. Nach Auffassung des BFH gelten diese Grundsätze auch für Verluste aus Kapitalvermögen, die unter die Abgeltungsteuer fallen. Ein Verlustvortrag gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG ist danach nur möglich, wenn der Verlust bei der Festsetzung der Einkommensteuer aufgrund eines Antrags gemäß § 32d Abs. 4 EStG berücksichtigt worden ist.

3. Wird der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig, kommt eine Verlustfeststellung nur noch in Betracht, wenn und soweit der Steuerbescheid des Verlustentstehungsjahres nach den Vorschriften der AO geändert werden kann. Zudem enthält § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG eine Ausnahme für jene Fälle, in denen zwar die Voraussetzungen für eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung vorliegen, die Änderung des Einkommensteuerbescheids aber allein mangels Auswirkung auf die Steuerfestsetzung unterbleibt.

4. Diese Voraussetzungen waren vorliegend nicht erfüllt. Eine Korrektur der Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheiterte am groben Verschulden des Klägers. Zum einen hatte er den Verlust in der Einkommensteuererklärung nicht erklärt. Zum anderen hatte er den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid zurückgenommen. Als Steuerberater hätte es sich ihm aufdrängen müssen, dass eine unmittelbare Berücksichtigung des Verlustes im Feststellungsverfahren ausgeschlossen ist.

5. Dass die Vorlage einer Bescheinigung der Bank über die Verluste gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG, § 43a Abs. 3 EStG nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 20.10.2016, VIII R 55/13, BFH/NV 2017, 362, BFH/PR 2017, 146, BFHE 256, 56, BStBl II 2017, 264) im vorliegenden Fall entbehrlich war, führt zu keinem anderen Ergebnis.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 9.5.2017 – VIII R 40/15

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