Leitsatz

Die auf der Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Forderung (hier: Darlehensforderung gegen eine Tochtergesellschaft) beruhende Teilwertminderung ist keine voraussichtlich dauernde Wertminderung und rechtfertigt deshalb keine Teilwertabschreibung.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3, Nr. 2 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, kaufte im März 2003 alle vier bestehenden Geschäftsanteile an der B-GmbH zum Preis von jeweils 1 EUR. Zugleich erwarb sie deren Betriebsgrundstück.

Nach dem Anteilserwerb stellte die Klägerin der B-GmbH bis April 2003 insgesamt 2,1 Mio. EUR zur laufenden Finanzierung zur Verfügung, die in deren Kapitalrücklage eingestellt wurden. In den Monaten Juni und Juli 2003 überwies die Klägerin der B-GmbH insgesamt rd. 1,8 Mio.  EUR als Darlehen. Der schriftliche Darlehensvertrag, nach dem der Betrag der B-GmbH für neun Jahre unverzinslich überlassen werden sollte, wurde im Dezember 2003 abgefasst.

Die Klägerin wies in ihrem handelsrechtlichen Jahresabschluss zum 31.12.2003 die Beteiligung an der B-GmbH in ihrem Anlagevermögen (unter Finanzanlagen, Anteile an verbundenen Unternehmen) mit Anschaffungskosten von rd. 2,1 Mio. EUR aus. Ebenfalls in ihrem Anlagevermögen (unter Finanzanlagen, Ausleihungen an verbundene Unternehmen) wies sie die Darlehensforderung gegenüber der B-GmbH mit einem Buchwert von rd. 1,1  Mio. EUR aus. Der vorgenannte Buchwert beruhte darauf, dass die Klägerin den Darlehensbetrag von rd. 1,8 Mio. EUR unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % und der Laufzeit des Darlehens bis zum 31.12.2012 abgezinst und den Differenzbetrag von rd. 690.000 EUR als Aufwand erfasst hatte (unter sonstiger betrieblicher Aufwand, Abzinsungsaufwand).

Das FA vertrat demgegenüber die Ansicht, die Abzinsung der Darlehensforderung sei unzulässig. Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 11.4.2011, 9 K 209/08 K,F, Haufe-Index 2713065, EFG 2011, 1988).

 

Entscheidung

Der BFH hat das bestätigt. Es fehle an der notwendigen "voraussichtlich dauernden Wertminderung" der Darlehensforderung, um eine Teilwertabschreibung zu rechtfertigen.

 

Hinweis

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann anstelle jener Kosten der Teilwert i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG).

Der Teilwert einer unverzinslichen oder niedrig verzinsten Forderung, mit deren Befriedigung erst in geraumer Zeit gerechnet werden kann, liegt in der Regel unterhalb ihres Nominalwerts. Sie ist weniger wert als eine nominal gleich hohe Forderung, die kurzfristig eingezogen werden kann. Das gilt nicht nur aus Sicht des Erwerbers einer Einzelforderung, sondern in gleicher Weise auch aus der des Erwerbers eines gesamten Unternehmens, zu dessen Vermögen die Forderung gehört. Der Teilwert unverzinslicher Darlehen ist deshalb grundsätzlich durch Abzinsung der künftigen Rückzahlung zu ermitteln.

2. Es gibt dazu nach der Rechtsprechung aber Ausnahmen, so im Fall der Betriebsaufspaltung bei einem kapitalersetzenden Darlehen, das der Betriebskapitalgesellschaft vom Gesellschafter des Besitzunternehmens gewährt wird. Auch die Unverzinslichkeit des Gesellschafterdarlehens eines Alleingesellschafters einer Kapitalgesellschaft könne grundsätzlich nicht zu einer Minderung des Teilwerts der Darlehensforderung führen, und zwar unabhängig davon, ob die Forderung eigenkapitalersetzenden Charakter hat oder nicht. Der BFH lässt Zweifel anklingen, ob er diesen Ausnahmen ausnahmslos beipflichten könnte.

3. Ausschlaggebend ist ihm vielmehr, dass eine solche Wertminderung jedenfalls nicht "voraussichtlich dauernd" i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist:

Zwar ist der aktuelle Wert der Forderung zu den Bilanzstichtagen, die vor dem Fälligkeitszeitpunkt liegen, infolge der Unverzinslichkeit tatsächlich gemindert. Jedoch steigt der Wert in der Folge zwangsläufig sukzessive an und erreicht im Fälligkeitszeitpunkt den Nominalbetrag der Forderung. Der Forderungsinhaber hat deshalb die gesicherte Aussicht, zum Fälligkeitszeitpunkt den Nominalwert der Forderung zu erhalten. Das gilt jedenfalls dann, wenn die mit dem Fehlen der Fälligkeit einer unverzinslichen Forderung verbundene Wertminderung nicht das Risiko hinsichtlich der Rückzahlung widerspiegelt; die Wertminderung ist dann nur vorübergehend und folglich als nicht dauerhaft und darf deshalb nicht berücksichtigt werden.

Der BFH knüpft damit im Ergebnis an seine Spruchpraxis zu gesunkenen Wechselkursen von festverzinslichen Wertpapieren an; auf diese Spruchpraxis und die dazu gegebenen Praxis-Hinweise ist zu verweisen (BFH, Urteil vom 8.6.2011, I R 98/10, BFH/NV 2011, 1758, BFH/PR 2011, 370). Dass die Wechselkursänderungen "exogen", die Unverzinslichkeit aber "endogen" ist, ändert an den Bewertungsgrundsätzen nichts.

Ob dies uneingeschränkt auch bei "unü...

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