Leitsatz

1. Eine Anteilsvereinigung ist nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt. Wird erst nach der Schenkung der Anteile aufgrund weite­rer Rechtsvorgänge der grunderwerbsteuerliche Tatbestand erfüllt, ist eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nicht gerechtfertigt.

2. Bei der Anteilsvereinigung in der Hand einer Gesamthandsgemeinschaft aufgrund einer Einbringung von Gesellschaftsanteilen wird nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser (fiktive) Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i.S. des § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 3, § 3 Nr. 2, § 5 Abs. 1 GrEStG

 

Sachverhalt

A schenkte vier Teilgeschäftsanteile seiner grundbesitzenden GmbH zu je 12.500 DM im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an seine vier Töchter. Diese waren nach dem Übertragungsvertrag verpflichtet, die Anteile in die Klägerin, eine KG, einzubringen. An der Klägerin waren die Töchter zu je 25 % als Kommanditistinnen beteiligt. Für die Einbringung der Geschäftsanteile erhielten sie keine Gegenleistung. Der Wert der Anteile wurde auf einem gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagekonto verbucht.

Das FA setzte für die Einbringung gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer wegen einer Anteilsvereinigung in ihrer Person fest. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG gewährte das FA nicht, da die Anteilsvereinigung nicht mit der Annahme der Schenkung vollzogen worden sei.

Nach erfolglosem Vorverfahren wies die Vorinstanz (FG Düsseldorf, Urteil vom 16.7.2014, 7 K 1910/13 GE, Haufe-Index 8029437, EFG 2014, 1898) die Klage ab.

 

Entscheidung

Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

Der Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist erfüllt, weil sich im Vermögen der Klägerin wiederum alle Anteile der grundbesitzenden GmbH vereinigt haben.

Eine Steuerbefreiung wegen einer Schenkung i.S.d. § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG kommt nicht in Betracht. Zwar sind Grundstücksschenkungen grundsätzlich von der Besteuerung ausgenommen; die Steuerbefreiung ist auch auf eine Anteilsvereinigung anzuwenden. Die Befreiung erfordert aber, dass nur ein Lebenssachverhalt gegeben ist, der sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt. Daran fehlt es im Streitfall, denn die Einbringung der Teilgeschäftsanteile durch die Töchter als Kommanditistinnen ist durch deren Gesellschaftsverhältnis veranlasst und deshalb keine freigebige Zuwendung. Die Einbringung der Anteile ist darüber hinaus keine Vollziehung einer Auflage nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG.

Auch die Privilegierung nach § 5 Abs. 1 GrEStG wegen Übergangs eines Grundstücks auf eine Gesamthand kann nicht gewährt werden. § 5 GrEStG gilt zwar auch, wenn ein Gesellschafter, der zu mindestens 95 % an einer grundbesitzenden GmbH beteiligt ist, die Anteile an der GmbH auf eine Gesamthandsgemeinschaft überträgt, da § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG den Erwerb der (in einer Hand vereinigten) GmbH-Anteile dem Erwerb der GmbH-Grundstücke gleichstellt.

Diese Rechtsprechung zur Übertragung der bereits vereinigten Anteile (§ 1 Abs. 3 Nrn. 3 und 4 GrEStG) ist auf eine in der Person der Gesamthand erst eintretende Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 GrEStG) nicht anwendbar. Denn hier wird nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser fiktive Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i.S.d. § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden.

 

Hinweis

Der Entscheidungsfall weist rechtlich zwei Sachverhaltsteile auf. Zunächst überträgt der Vater schenkweise alle seine – auf die Empfängerinnen aufgeteilten – Anteile an einer grundbesitzenden GmbH auf vier Töchter. Dieser Vorgang löst keine Grunderwerbsteuer aus und unterliegt den Vorschriften des ErbStG.

Danach sind die Töchter verpflichtet, ihre Anteile in die KG – die Klägerin – einzubringen, an der die Töchter wiederum jeweils zu einem Viertel beteiligt sind. Hierdurch kommt es zu einer grunderwerbsteuerbaren Anteilsvereinigung, die weder unter dem Aspekt der Schenkung noch der Einbringung eines "Grundstücks" in die "eigene Personengesellschaft" privilegiert ist.

Ein Zusammenziehen beider Sachverhalte mit dem Ergebnis einer Schenkung an die KG und damit an deren Gesellschafterinnen ist nicht zulässig. Denn eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, die beide Sachverhaltsteile vereinigt, ist im Fall der zivilrechtlich orientierten Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer nicht möglich.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.2.2017 – II R 52/14

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