Leitsatz

1. Ein Besitz-Einzelunternehmen, das im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Grundbesitz an eine Betriebs-Kapitalgesellschaft verpachtet, kann die ­erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch dann nicht in Anspruch nehmen, wenn die Betriebs-Kapitalgesellschaft vermögensverwaltend tätig ist.

2. Selbst wenn in einem derartigen Fall die Betriebs-Kapitalgesellschaft die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung erfüllt, kommt eine Anwendung dieser Kürzungsvorschrift auf das Besitz-Einzelunternehmen im Wege einer "Merkmalsübertragung" nicht in Betracht (Abgrenzung zu dem zu § 3 Nr. 20 GewStG ergangenen Senatsurteil vom 29. März 2006, X R 59/00, BFHE 213, 50, BStBl II 2006, 661).

 

Normenkette

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin verpachtet im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ein Grundstück an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin sie ist. Die GmbH errichtete auf dem Pachtgrundstück mehrere Büro- und Lagergebäude. Diese in ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehenden Gebäude vermietet sie an Dritte zu gewerblichen Zwecken und nimmt die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch. Auch die Klägerin begehrt diese erweiterte Kürzung, die ihr das FA indes versagte. Das FG gab der Klage statt (FG München, Urteil vom 5.8.2014, 13 K 2280/11, Haufe-Index 7356501, EFG 2014, 2069).

 

Entscheidung

Die Revision des FA führte zur Aufhebung des Urteils und Klageabweisung, soweit die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG beantragt worden war. Soweit das FA der Klägerin für einige Streitjahre auch die einfache Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG versagt hatte, war die Klage begründet.

 

Hinweis

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erfüllt das Besitzunternehmen in Fällen der Betriebsaufspaltung nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Entscheidend hierfür ist, dass die personelle und sachliche Verflechtung, die für eine Betriebsaufspaltung kennzeichnend ist, den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschreitet.

Das Besitzunternehmen betätigt sich wegen der Möglichkeit, über den einheitlichen Betätigungswillen der Gesellschafter Einfluss auf die Betriebsgesellschaft zu nehmen, eigengewerblich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Betriebsgesellschaft als Gewerbebetrieb kraft Tätigkeit oder kraft Rechtsform anzusehen ist.

Auch das Vorliegen des Grundtatbestands der Betriebsaufspaltung ist nicht davon abhängig, dass die Betriebsgesellschaft eine originäre gewerbliche Tätigkeit ausübt. Vielmehr genügt hier ebenfalls das Vorhandensein eines Gewerbebetriebs kraft Rechtsform.

2. Der X. Senat verneint auch die Übertragung gewerbesteuerrechtlich günstiger Merkmale der Betriebs-Kapitalgesellschaft auf die Besitzunternehmen bei der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Zwar hatte der BFH in mehreren Urteilen die "Merkmalsübertragung" bei § 3 Nr. 20 Buchst. b und c GewStG und § 3 Nr. 6 GewStG bejaht; die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG unterscheidet sich aber von diesen Regelungen entscheidungserheblich in zweierlei Hinsicht:

Zum einen sind die Befreiungsvorschriften des § 3 GewStG als Sozialzwecknormen anzusehen, während § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG dazu dient, Gewerbebetriebe kraft Rechtsform bei Ausübung einer rein vermögensverwaltenden Tätigkeit mit natürlichen Personen und Personengesellschaften gleichzustellen. Es handelt sich damit um einen in der gewerbesteuerrechtlichen Systematik selbst angelegten Fiskalzweck; die Verfolgung eines besonderen außersteuerlichen Lenkungs- oder Subventionszwecks ist nicht erkennbar.

Als entscheidenden Unterschied hat der BFH aber die unterschiedliche Rechtslage hinsichtlich der Gewerbesteuerbelastung der Gewinnausschüttungen angesehen, die das Besitzunternehmen von der Betriebs-Kapitalgesellschaft erhält. Ohne "Merkmalsübertragung" liefe nämlich in den Fällen des § 3 Nr. 6, 20 GewStG die Steuerbefreiung der Betriebs-Kapitalgesellschaft im Ergebnis leer. Der Gewinn unterläge wegen der Erfassung der Dividende beim Besitzunternehmen wirtschaftlich letztlich doch in vollem Umfang der Gewerbe­steuer, weil das Besitzunternehmen seinen Gewerbeertrag wegen der Gewerbesteuerbefreiung der Betriebs-Kapitalgesellschaft nicht gemäß § 9 Nr. 2a GewStG um die erhaltene Gewinnausschüttung kürzen könnte.

Anders aber bei der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG: Da sie rechtstechnisch nicht als Steuerbefreiung, sondern als "Kürzung", d.h. als bloßer Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags anzusehen ist, steht sie der Anwendung des § 9 Nr. 2a GewStG nicht entgegen. Der ausgeschüttete Gewinn der Betriebs-Kapitalgesellschaft wird daher, soweit er auf der Verwaltung und Nutzung von eigenem Grundbesitz beruht, auch im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig von der Gewerbesteuer freigestellt.

Es lässt sich damit – anders als bei der Gewerbesteuerbefreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG – nicht sagen, dass die Steuerverschonung durch die erweitert...

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