Leitsatz

1. Reist ein Steuerpflichtiger zur Erholung und zur Aktualisierung von Lehrbüchern an ausländische Ferienorte, so ist regelmäßig von einer nicht unwesentlichen privaten Mitveranlassung auszugehen, die bei fehlender Trennbarkeit der Reise in einen beruflichen und einen privaten Teil den Abzug der Aufwendungen als Betriebsausgaben ausschließt (Anschluss an Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21.9.2009, GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

2. Aufwendungen eines Schwerbehinderten für eine Begleitperson bei Reisen sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn die Begleitperson ein Ehegatte ist, der aus eigenem Interesse an der Reise teilgenommen hat und für den kein durch die Behinderung des anderen Ehegatten veranlasster Mehraufwand angefallen ist.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4, § 18 Abs. 1, § 33 EStG

 

Sachverhalt

Ein Lehrer und nebenberuflicher Autor von Lehrbüchern, der zu 90 % schwerbehindert ist und ständiger Begleitung bedarf, begehrte erfolglos, Kosten für Reisen zu einem angemieteten Ferienhaus in Italien sowie zu einem seiner Ehefrau gehörenden Ferienhaus in Spanien als Betriebsausgaben im Zusammenhang mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit abzuziehen sowie die Kosten der Begleitung durch seine Ehefrau als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Zur Begründung trug er vor, er habe diese Reisen unternommen, um an den Ferienorten ausschließlich die von ihm verfassten Lehrbücher zu überarbeiten. Die Wahl der Reiseziele entspreche dem Rat seines Arztes. Er habe sich ausschließlich in den Ferienhäusern aufgehalten, da ihm der Ausblick zur Erholung und Abschaltung in den Ruhepausen genüge.

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab (FG Münster vom 5.5.2010, 9 K 2753/07 E, Haufe-Index 2601576, EFG 2011, 640).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kläger als unbegründet zurück.

Die tatsächliche Würdigung des FG sei rechtlich nicht zu beanstanden, nach der ein Abzug der Reiseaufwendungen als Betriebsausgaben ausscheide, weil die Reisen jeweils zumindest gleichrangig auch aus privaten Motiven der Erholung und Entspannung unternommen worden seien und weil die privaten und beruflichen Anteile der Reise nicht trennbar seien.

Die private Mitveranlassung der Reisekosten werde nicht dadurch berührt, dass der Kläger nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung täglich während der streitigen Reiseaufenthalte etwa 10 Stunden an der Aktualisierung seiner Lehrbücher gearbeitet habe. Wenn wie im Streitfall die – für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden – beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge so ineinandergriffen, dass eine Trennung nicht möglich sei, fehle es an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, sodass ein Abzug der Aufwendungen auch nach der geänderten Rechtsprechung des Großen Senats des BFH insgesamt nicht in Betracht komme.

Zu Recht habe das FG auch die Reisekosten der Ehefrau des Klägers als dessen Begleitperson mangels behinderungsbedingten Mehraufwands nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abgezogen. In der Regel könne davon ausgegangen werden, dass miteinander verreisende Ehegatten jeweils aus eigenem Interesse an der Reise teilnähmen und die auf sie entfallenden Kosten als Kosten der jeweils eigenen Lebensführung anzusehen seien. Solche Reisekosten kämen damit regelmäßig nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne eines behinderungsbedingten Mehraufwands des jeweils anderen Ehegatten in Betracht. Die Würdigung des FG, es seien "keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Kläger und seine Ehefrau die in Rede stehenden Reisen nicht auch dann in gleicher Weise gemeinsam unternommen hätten, wenn der Kläger nicht schwerbehindert wäre", sei bindend.

 

Hinweis

1. Der Große Senat des BFH hat bekanntlich das vor Jahrzehnten von ihm erfundene "Aufteilungsverbot" aufgegeben und die Vorschrift des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auf ihren rechtlichen Kern zurückgeführt. Danach sind aufgrund des Nettoprinzips Aufwendungen grundsätzlich in einen privaten und einen beruflichen/betrieblichen Anteil aufzuteilen, wenn sie aufteilbar sind.

2. Für Reisekosten heißt das:

a) Ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Reise oder verschiedene Teile einer Reise unternimmt. Diese Gründe zu ermitteln, ist grundsätzlich Aufgabe der FG als Tatsacheninstanz. Lassen sich keine Gründe feststellen, die eine berufliche Veranlassung der Reise belegen, gehen entsprechende Zweifel zulasten des Steuerpflichtigen.

b) Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind (wie z.B. bei einem Urlaub im Anschluss an eine beruflich veranlasste Reise), so erfordert es das Nettoprinzip, den beruflich veranlassten – ggf. durch Schätzung ermittelten – Teil der Reisekosten abzuziehen.

c) Dagegen sind Reisekosten nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind, wenn

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