Leitsatz

Das Finanzamt kann den Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) einer GbR wegen Gefährdung des Steueranspruchs ablehnen, wenn die GbR an ihren liquiditätsschwachen Gesellschafter umfangreiche Leistungen erbringt und der liquiditätsschwache Gesellschafter den ausbezahlten Vorsteuerabzug wg. Nichtbezahlung der Leistungsentgelte nicht mehr an das Finanzamt zurückzahlen kann.

 

Sachverhalt

Die klagende GbR, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, beantragte bei Gründung am 1.9.2007 im steuerlichen Fragebogen die Ist-Versteuerung. Nachdem das Finanzamt zunächst die Ist-Versteuerung nicht ausdrücklich abgelehnt hatte, versagte es die Ist-Versteuerung Ende 2010 nach einer Umsatzsteuerprüfung mit folgender Begründung: "Die GbR erbringt an ihren liquiditätsschwachen Gesellschafter umfangreiche Leistungen. GbR und Gesellschafter werden durch nahestehenden Familienangehörigen beherrscht. Der liquiditätsschwache Gesellschafter (Leistungsempfänger) sei bei der zu erwartenden späteren Nichtbezahlung nicht in der Lage, die nach Leistungsbezug zuerst auszubezahlende Vorsteuer später an das Finanzamt zurückzuzahlen."

 

Entscheidung

Nach Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg hat das Finanzamt der GbR zu Recht die Ist-Versteuerung abgelehnt, da deren Genehmigung zu einer Gefährdung des Steueranspruchs geführt hätte. Leistender und Leistungsempfänger werden unbestritten voneinander nahestehenden Familienangehörigen beherrscht. Der Leistungsempfänger steckte eindeutig in Liquiditätsschwierigkeiten. Somit hätte bei Gestattung der Ist-Versteuerung die leistende GbR längere Zeit keine Umsatzsteuer zu entrichten; jedoch erhält der in Liquiditätsschwierigkeiten befindliche Leistungsempfänger bereits bei Leistungsbezug den Vorsteuerabzug, ohne im Fall einer möglicherweise erforderlichen Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu einer Rückzahlung der Vorsteuer in der Lage zu sein.

Bei bloßer Nichtzahlung der Rechnung ist die beim Leistungsempfänger vorzunehmende Vorsteuerkorrektur nach § 17 UStG nicht sofort möglich und würde wegen der zeitlichen Differenz zwischen Vorsteuerabzug und möglicher Korrektur nach § 17 UStG die Gefährdung des Steueranspruchs nicht beseitigen, sondern im Ergebnis zu einem ungesicherten Kredit zu Lasten des Fiskus führen. Insoweit ist bereits eine über längere Dauer zu erwartende Zinsbeeinträchtigung des Finanzamts ein hinreichender Grund für die Versagung der Ist-Versteuerung.

 

Hinweis

Gegen das Urteil wurde Revision beim BFH eingelegt (Az. XI R 38/14).

Nach Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg bedeutet die erst später erfolgte Ablehnung des Antrags auf Ist-Versteuerung nicht eine konkludente Genehmigung durch das Finanzamt. Dagegen gilt nach Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen ein Antrag auf Ist-Versteuerung als konkludent gestellt und genehmigt, wenn sich aufgrund der vom Unternehmer eingereichten Einnahmen-Überschussrechnung und Umsatzsteuererklärung ergibt, dass er die Ist-Versteuerung angewendet hat und das Finanzamt diese Umsatzsteuererklärung anerkennt (Urteil v. 28.8.2014, 16 K 128/12, Revision anhängig, Az. beim BFH: V R 47/14).

 

Link zur Entscheidung

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.06.2014, 2 K 2149/11

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