Ausländische Investmentanteile wurden in der Vergangenheit nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zwingend pauschal besteuert. Nach der Regelung des § 6 InvStG wird nicht mehr auf die Ansässigkeit abgestellt, sondern bei Nichtoffenlegung der Verhältnisse erfolgt regelmäßig eine Renditeschätzung mit 6 % des Kurswerts. Es ist umstritten, ob dies zulässig ist.[1]

Mit Urteil vom 18.11.2008 hatte der BFH entschieden, dass die (zwingende) Pauschalbesteuerung von Investmenterträgen nach § 18 Abs. 3 Sätze 1 – 4 AuslInvestmG ohne Nachweismöglichkeit der tatsächlich erzielten Erträge gegen die europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Sie diskriminiere die Anleger in ausländischen Fonds gegenüber Anlegern in inländischen Fonds. Darüber hinaus hat der BFH ausgeführt, dass die Beschränkungen der zwischen Drittländern/europäischen Mitgliedstaaten geltenden Kapitalverkehrsfreiheit auch gegenüber – falls betroffen – dritten Ländern (z. B. USA) zu beachten sind.[2] Mit BMF-Schreiben vom 6.7.2009[3] hat die Finanzverwaltung zu den steuerlichen Konsequenzen aus dieser Rechtsprechung Stellung genommen.

Es ist hierbei sowohl der räumliche als auch der sachliche Anwendungsbereich der o. g. Rechtsprechung auf die fragliche Kapitalanlage zu prüfen.

Räumlicher Anwendungsbereich

Zwar spricht der BFH in seiner Urteilsbegründung zur Kapitalverkehrsfreiheit sowohl die EU/EWR-Staaten als auch Drittstaaten an. Nach dem BMF-Schreiben vom 6.7.2009 ist der räumliche Anwendungsbereich aber einzuschränken. Das Urteil des BFH vom 18.11.2008[4] ist nur auf Investmentvermögen in Mitgliedstaaten der EU und in Vertragsstaaten des EWR (derzeit noch ohne Liechtenstein) anzuwenden.

Für Staaten, die weder der EU noch dem EWR zugehörig sind (Drittstaaten wie z. B. USA), können die Rechtsprechungsgrundsätze wegen der sog. Stand-Still-Klausel nicht angewandt werden.

Hierbei handelt es sich um eine in Art. 57 EG-Vertrag niedergelegte Regelung, die besagt, dass Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit dann unbeachtlich sind, wenn diese bereits zum 31.12.1993 mit Drittländern bestanden haben.

Hierzu war unter dem Az. VIII R 2/09 ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig, das die zeitliche Anwendung der Stand-Still-Klausel in Bezug auf § 18 Abs. 3 AuslInvestmG in Frage stellte. Die Vorinstanz[5] hatte im Fall eines ausländischen Fonds mit Sitz in den USA keine Bedenken, die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG anzuwenden. Diese Vorschrift, so das FG, bestünde bereits seit 1969. Der Umstand, dass § 18 Abs. 3 AuslInvestmG im Rahmen des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000[6] dahingehend geändert wurde, dass das Halbeinkünfteverfahren auf ausländische Investmentanteile nicht anwendbar sei, sei unbeachtlich. Der BFH hat sich dem im Urteil vom 28.7.2015[7] angeschlossen. Die Pauschalbesteuerung ist für Einkünfte aus Investmentfonds mit Sitz im Drittstaat verfassungsgemäß. Ursache hierfür war insbesondere die Entscheidung des EuGH in der Rs. C-560/13 "Wagner-Raith"[8]. Die Finanzverwaltung hat daher ausdrücklich im BMF-Schreiben vom 2.6.2016[9] darauf hingewiesen, dass das vorgenannte BFH-Urteil vom 25.8.2009 im Verhältnis zu Drittstaaten durch Rechtsprechungsänderung nicht anwendbar ist, da § 18 Abs. 3 AuslInvtmG durch die sog. Stand-Still-Klausel des Art 64 AEUA geschützt ist.

Aktueller Stand

Gegen das vorgenannte BFH-Urteil v. 28.7.2015, VIII R 39/12 (= Folgeurteil Wagner-Raith) wurde Verfassungsbeschwerde, Az. 2 BvR 59/16, eingelegt. Auch gegen das BFH-Urteil v. 28.7.2015, VIII R 2/09 (Parallelverfahren) wurde Verfassungsbeschwerde, Az. 2 BvR 2677/16 erhoben.Demgegenüber wurde die Nichtigkeitsklage beim BFH zwischenzeitlich zurückgewiesen.

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Hinweis

BVerfG-Entscheidungen abwarten

Die Finanzverwaltung gewährt wegen der anhängigen Verfassungsbeschwerden 2 BvR 59/16 u. 2677/16 Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO.

Sachlicher Anwendungsbereich

Ist das BMF-Schreiben vom 6.7.2009[11] räumlich anwendbar, werden die Anleger ausländischer Investmentvermögen unter der zeitlichen Geltung des AuslInvestmG nach den Vorschriften des KAGG bis Ende 2003 besteuert. Ab dem VZ 2004 ist mit Einführung des Investmentsteuergesetzes (InvStG) die Ungleichbehandlung zwischen ausländischen und inländischen Investmentvermögen entfallen.

Faktisch werden durch § 6 InvStG zwar auch nur ausländische Fonds betroffen, es erfolgt jedoch keine formelle Diskriminierung, da auch bei inländischen Fonds, die ihre Verhältnisse nicht offenlegen, eine gesetzliche Renditeschätzung erfolgt. Das FG Hamburg[12] hat hingegen deshalb Zweifel an der Rechtmäßigkeit der "Nachfolge"-Vorschrift erhoben.

Eine grundsätzliche Entscheidung erfolgte durch die Entscheidung des EuGH im Verfahren C-326/12 "Caster & Caster"[13]. Der EuGH hat entschieden, dass § 6 InvStG an das Unionsrecht anzupassen ist. Dem Steuerpflichtigen, der Anteile an einem ausländischen Investmentfonds gezeichnet hat, sei die Möglichkeit einzuräumen, Unterlagen oder Informationen beizubringen, mit denen sich die tatsächliche Höhe se...

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