Tz. 1124

Stand: EL 81 – ET: 08/2014

In der Fachlit wird seit Mitte der 90er Jahre diskutiert, ob durch die "Ansiedlung" eines Internet-Servers in einem Niedrig-St-Staat Vertriebsgewinne verlagert werden könnten (s IWB 1997, 265; s IStR 1997, 257).

Derartige Fälle werden in der Lit unter Anwendung des sog Pipeline-Urt des BFH beurteilt. Nach diesem Fall (s Urt des BFH v 30.10.1996, IStR 1997, 147) ist eine unterirdisch verlaufende Rohrleitung eine feste Geschäftseinrichtung sowohl iSd § 12 S 1 AO als auch eines DBA (NL). Der BetrSt-Begriff erfordert nicht, dass die Geschäftseinrichtung oder Anlage einen Bezug zur Erdoberfläche hat und deshalb auch dort sichtbar sein muss. Dies entspr auch dem OECD-MAK, s dortige Rn 28 zu Art 5 OECD-MA. Der BFH hat zugleich entschieden, dass beim bloßen Durchleiten (Transport) durch eine Pipeline auch die Voraussetzung der Nutzung für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken vorliegt.

Die urspr Auff der Fin-Verw (s Vfg der OFD Karlsruhe v 11.11.1998 – Az: S 1301 A – St 332, mit Anm von Keßer, Maßwald und Peter in IStR 1999, 439) war hingegen, dass es sich um eine Hilfstätigkeit handelt und damit keine BetrSt vorliegt.

 

Tz. 1125

Stand: EL 81 – ET: 08/2014

Inzwischen ist nach der Einfügung der Rn 41.1ff in den MAK ist davon auszugehen, dass ein Server dann eine BetrSt darstellen soll, wenn alle Kernfunktionen (Vertragsabschluss, Zahlung, Lieferung) über den Server abgewickelt werden. Von einer vorbereitenden oder Hilfstätigkeit ist jedoch (s Rn 42.7 des OECD-MAK zur Art 5 OECD-MA) auszugehen, wenn zB folgende Tätigkeiten vorliegen:

Herstellen einer Kommunikationsverbindung zwischen Lieferanten und Kunden (da einer Telefonleitung vergleichbar);
Werbung für Güter oder Dienstleistungen (zB elektronischer Verkaufskatalog);
Übertragung von Informationen durch einen Spiegelserver aus Gründen der Sicherheit und Effektivität;
Erhebung von Marktdaten für das Unternehmen;
Erteilung von Auskünften.

Hinsichtlich Einzelheiten s Findeis/Eikmann (DStZ 2008, 139). Der BFH (s Urt des BFH v 05.06.2002, IStR 2002, 638) hat es "offen" gelassen, ob er diesen Kriterien folgen wird.

Es sind allerdings auch Fälle denkbar, in denen eine BetrSt begründet werden kann

 

Beispiel:

Die schweizerische WebCom-AG bietet durch ihren Internetserver eine elektronische Handelsplattform an (elektronische "Auktion" im Internet). In D soll für die hiesigen Kunden hierfür ein Unterstützungs- und Betreuungsleistungen erbringendes Call-Center nebst Server eingerichtet werden.

Lösung:

Da in derartigen Fällen Geschäftsgegenstand sowohl des Stammhauses als auch der Niederlassung die Kundenbetreuung in jeglicher Form ist, kommt nicht einer der Ausschlusstatbestände des Art 5 Abs 3 DBA-CH (ähnlich Art 5 Abs 4 OECD-MA) zum Zuge (s OECD-MAK, zu Art 5 Rn 24 sowie s Scherer, in: Debatin/Wassermeyer, DBA, Art 5 DBA-CH, Rn 61).

Noch keine abschließende Beurteilung liegt hinsichtlich der Frage vor, welche Eink einer solchen BetrSt zuzuordnen sind. Nach Auff der dt Fin-Verw beschr sich die Funktion des Servers auf die Datenübermittlung (= technische Betrachtung). Der der BetrSt zuzuordnende Gewinn beschr sich daher uE auf ein Cost-plus für die reinen Hardwarekosten.

 

Tz. 1126

Stand: EL 81 – ET: 08/2014

Aufgrund der neueren technischen Entwicklungen im Bereich des E-commerce ergeben sich jedoch inzwischen neue Herausforderungen für den ertragstlichen BetrSt-Begriff, indem "Cloud" Strukturen zu beruteilen sind. Beim elektronischen Geschäftsverkehr werden Märkte (Handelsplatformen, Online-Shops) oder auch Produkte (zB der elektroniche Softwarevertrieb "ESD", Musik- oder Videodownloads) virtualisert (s Tappe, IStR 2011, 870). Diese Strukturen unterscheiden sich nach Tappe von der Server-BetrSt dadurch, dass sowohl die Verfügungsgewalt als auch die "Körperlichkeit" im Vergleich zum eigenen Computer (oder Rechenzentrum) zurückgenommen ist. Es erfolgt regelmäßig ein Zugriff auf Leitungen oder Geräten von reinen EDV-Dienstleistern (Providern), so dass es fraglich erscheint, ob noch BetrSt des Vertriebs-Unternehmens bestehen.

Einen Lösungsansatz für eine sachgerechte Besteuerung nach der Wertschöpfung sollen die BEPS-Arbeiten der OECD bringen. Ein Diskussionsentw liegt unter dem Datum 24.03.2014 vor (s Pinkernell, IStR 2014, 273).

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