Leitsatz

Besteht bei der Adressierung eines Steuerbescheides eine Verwechslungsgefahr, kann der Verwaltungsakt nichtig sein, eine Heilung ist nicht möglich.

 

Sachverhalt

Klägerin war eine GmbH, die sich in der Liquidation befand. Liquidator war der ehemalige Geschäftsführer. Ein Insolvenzverfahren wurde mangels Masse abgelehnt. Seit 2006 versteuerte die GmbH ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten. Nachdem eine Leistung im Jahr 2008 zunächst nach vereinbarten Entgelten versteuert worden war, beantragte die Klägerin die Änderung der Umsatzsteuer 2008, da der Umsatz nach dem Zufluss zu versteuern sei. Dem entsprach das Finanzamt auch. Allerdings änderte es auch die Umsatzsteuer 2010 ab, da in diesem Jahr die Zahlung erfolgte. Der geänderte Bescheid wurde an den Liquidator "in der GmbH" als gesetzlichen Vertreter. Andere Steuerbescheide wurden an den Liquidator als Liquidator adressiert. Die Klägerin legte Einspruch ein, dieser wurde zurückgewiesen.

 

Entscheidung

Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg. Die Umsatzsteuerbescheide seien nämlich nichtig, da sie an einem schwerwiegenden Fehler leiden würden. Der Inhaltsadressat sei nämlich nicht eindeutig erkennbar. Seien bei einem Steuerbescheid Bekanntgabeadressat und Inhaltsadressat (= der Steuerschuldner) nicht identisch, seien beide anzugeben. Sei der Inhaltsadressat im Steuerbescheid gar nicht, falsch oder so ungenau bezeichnet, dass Verwechslungen möglich seien, sei der Verwaltungsakt nichtig und damit unwirksam. Eine Heilung komme nicht in Betracht. Hier seien die Bescheide mehrdeutig. Insbesondere sei im Liquidationsstadium gleichfalls die GmbH der zutreffende Inhaltsadressat und nicht der Liquidator.

 

Hinweis

Es lohnt sich oft, auf die Formalien zu achten. Gerade bei der Bekanntgabe können Fehler des Finanzamts recht schnell dazu führen, dass ein Bescheid mehrdeutig ist, so dass der Bescheid nichtig ist. Es muss dann ein neuer Bescheid ergehen, da eine Heilung nicht möglich ist. Ob die Adressierung durch das Finanzamt dabei im Einzelfall zutreffend gewesen ist, kann recht gut anhand der Ausführungen des AEAO zu § 122 AO geprüft werden, da die Ausführungen dort recht umfangreich sind und auch Sonderfälle betreffen.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 18.05.2017, 5 K 1954/16 U

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