Leitsatz

Überträgt der Hoferbe das Eigentum an einem Hofgrundstück zur Abgeltung des Abfindungsergänzungsanspruchs i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO auf einen anderen Abkömmling des Hofübergebers, ist der Grundstückserwerb weder nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG noch nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Nr. 2 Satz 1, Nr. 3 Satz 1 GrEStG, § 3 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 4, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 5 ErbStG vor 2009, § 12, § 13, § 17 HöfeO, § 2303, § 2317, § 2346, § 2352 BGB

 

Sachverhalt

Die Eltern der Klägerin übertrugen 1998 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ihren landwirtschaftlichen Hof (§ 1 HöfeO) auf den Bruder (B) der Klägerin. Die Klägerin erklärte sich gegen Zahlung von 16.000 DM nach § 12 HöfeO für abgefunden und verzichtete auch auf Ansprüche auf Ergänzung der Abfindung nach § 13 HöfeO für den Fall, dass B beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke mit dem Erlös landwirtschaftliche Ersatzflächen erwerben sollte. Im Jahr 2004 vereinbarten die Klägerin und B die abschließende Regelung eines etwaigen Nachabfindungsanspruchs nach § 13 HöfeO. Der Klägerin wurde ein Anspruch auf Übertragung eines Baugrundstücks mit einer Fläche von 1.000 qm nach eigener Wahl eingeräumt, falls bestimmte zum Hof gehörende Grundstücke oder Teile davon Baulandqualität erhalten sollten. Sie erklärte, dass sie mit Erhalt des Baugrundstücks auf sämtliche weiteren Ansprüche gemäß § 13 HöfeO gegenüber B verzichte. Dieser nahm den Verzicht an. B übertrug im Jahr 2006 eine Teilfläche aus einem zum Hof gehörenden Grundstück auf die Klägerin.

Das FA setzte für den Erwerb der Grundstücksteilfläche gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Das Begehren der Klägerin auf Grunderwerbsteuerbefreiung hatte keinen Erfolg. Das FG sah die Voraussetzungen des § 3 Nr. 2 und Nr. 3 GrEStG als nicht erfüllt an (FG Münster, Urteil vom 20.2.2014, 8 K 1727/11 GrE, Haufe-Index 6670889, EFG 2014, 949).

 

Entscheidung

Der BFH hat ebenfalls eine Grunderwerbsteuerbefreiung des Erwerbs der Klägerin verneint und deren Revision als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

Nach dem landwirtschaftlichen Sondererbrecht der HöfeO (anzuwenden in Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein) erhalten Abkömmlinge, die nicht Hoferben sind, statt des Erbteils schuldrechtliche Abfindungsansprüche nach §§ 12, 13 HöfeO. Der Anspruch auf Ergänzung der Abfindung setzt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 HöfeO voraus, dass zum Hof gehörende Grundstücke einzeln oder nacheinander veräußert werden und die dadurch erzielten Erlöse insgesamt ein Zehntel des Hofwertes übersteigen, es sei denn, dass die Veräußerung zur Erhaltung des Hofes erforderlich war. Der Anspruch gegen den Hoferben ist aufschiebend bedingt und entsteht mit einer Grundstücksveräußerung; er ist auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet (§ 13 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 HöfeO).

Wird der Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO dadurch abgegolten, dass der Hoferbe ein Hofgrundstück auf einen anderen Abkömmling des Hofübergebers überträgt, stellt sich die Frage einer etwaigen Grunderwerbsteuerbefreiung. Diese innerhalb der Finanzverwaltung bislang kontrovers behandelte Frage hat der BFH unter Prüfung aller in Betracht kommenden Befreiungsvorschriften verneint.

1. Die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG greift nicht, weil ein Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO auf einen Geldanspruch und nicht auf eine Grundstücksübereignung gerichtet ist. Die Erfüllung dieses Anspruchs durch Übertragung eines Hofgrundstücks ändert am Inhalt dieses auf Geld gerichteten Anspruchs nichts. Für den Erwerber ergibt sich keine Doppelbelastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer, weil der Erwerb des Abfindungsanspruchs einerseits und die (erfüllungshalber erfolgenden) Übertragung des Hofgrundstücks andererseits verschiedene Lebensvorgänge sind.

2. Auch eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG scheidet aus. Der Abfindungsergänzungsanspruch nach § 13 HöfeO ist seinem Rechtscharakter nach kein Pflichtteilsanspruch. Die Abgeltung des Abfindungsergänzungsanspruchs ist auch keine Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ist nur anwendbar, wenn die Erbschaft vollständig ausgeschlagen wurde; ein nur teilweiser Verzicht auf einen Abfindungsanspruch genügt nicht. Auch eine nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 ErbStG befreite Grundstücksschenkung liegt nicht vor, weil eine Grundstücksübertragung zur Abgeltung eines Abfindungsergänzungsanspruchs nach § 13 HöfeO nicht freigebig erfolgt und insoweit auch keine Abfindung für einen Erbverzicht vorliegt.

3. Der Grundstückserwerb zur Abgeltung eines Abfindungsergänzungsanspruchs nach § 13 HöfeO ist auch nicht nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG befreit. Diese Vorschrift stellt nur den Erwerb eines zum (ungeteilten) Nachlass gehörigen Grundstücks von der GrESt frei; das Grundstück muss also den Erben...

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