Leitsatz

Einer Steuerberatungsgesellschaft ist eine gewerbliche Inkassotätigkeit grundsätzlich nicht gestattet. Sie kann ihr allenfalls durch eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 StBerG gestattet werden.

Erklärt die Steuerberatungsgesellschaft eine solche Tätigkeit zum Gegenstand ihres Unternehmens, ohne eine Ausnahmegenehmigung zu besitzen, kann die Steuerberaterkammer ihre Anerkennung widerrufen. Sie muss nicht abwarten, ob die Tätigkeit tatsächlich aufgenommen oder eine Ausnahmegenehmigung doch noch erteilt wird.

 

Normenkette

§ 57 Abs. 2 und 4, § 64 Abs. 2, § 72 Abs. 1 StBerG

 

Sachverhalt

Eine Steuerberatungsgesellschaft, deren Tätigkeit in ihrer Satzung zunächst als geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen und damit zu vereinbarende Tätigkeiten im Sinne des StBerG beschrieben war, hatte durch Gesellschafterbeschluss den Unternehmensgegenstand durch die Angabe ergänzt: "insbesondere des § 64 StBerG". Sie vertrat dazu zunächst die Auffassung, ein Steuerberater dürfe – auch gewerblich – "im Inkassobereich" tätig sein. Jedenfalls könne ihr eine Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG erteilt werden.

Die Steuerberaterkammer erteilte keine Genehmigung und widerrief die Anerkennung der Gesellschaft. Sie sieht die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes als unzulässig an, weil ein geschäftsmäßiger Forderungseinzug mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar sei.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Klageabweisung bestätigt. Für ihn stand dabei ungeachtet des Wortlauts der beschlossenen Satzungsänderung aufgrund der vom FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.2.2010, 2 K 2185/09, Haufe-Index 2325405, EFG 2010, 1251) vorgenommenen tatsächlichen Würdigung gem. § 118 Abs. 2 FGO fest, dass die Gesellschaft gewerblich tätig werden will.

 

Hinweis

1. Die Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft ist zu widerrufen, wenn Voraussetzungen für die Anerkennung der Gesellschaft nachträglich fortfallen (§ 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StBerG). Das ist der Fall, wenn die Gesellschaft – z.B. durch Satzungsänderung – Tätigkeiten zu ihrem Unternehmensgegenstand bestimmt, denen nachzugehen einem Ste­u­erberater und dementsprechend gem. § 72 Abs. 1 StBerG auch einer Steuerberatungsgesellschaft nach § 57 Abs. 2 Satz 1 StBerG nicht gestattet ist, insbesondere wenn diese gewerbliche Tätigkeiten i.S.d. § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 1 StBerG sind. Die Steuerberaterkammer muss in diesem Fall nicht etwa abwarten, ob die Steuerberatungsgesellschaft die von ihr bekundete Absicht, unzulässige Tätigkeiten aufzunehmen, auch tatsächlich verwirklicht.

2. Eine gewerbliche Tätigkeit ist einer Steuerberatungsgesellschaft grundsätzlich nicht gestattet. § 64 Abs. 2 StBerG ändert daran nichts. Denn § 64 Abs. 2 Satz 1 StBerG erklärt zwar die Übertragung von Gebührenforderungen zur Einziehung an eine Steuerberatungsgesellschaft – auch ohne Zustimmung des Mandanten – für zulässig. Damit ist indes nichts darüber gesagt, ob es dem Zessionar berufsrechtlich gestattet ist, den Erwerb solcher Forderungen bzw. den Auftrag zu einem Inkasso zum Gegenstand eines von ihm betriebenen Gewerbes zu machen.

Das grundsätzliche Verbot einer gewerblichen (Neben-)Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft ist auch nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass der Gesellschaft gem. § 57 Abs. 4 StBerG eine solche Tätigkeit gestattet werden kann, wenn eine Prüfung der Steuerberaterkammer ergibt, dass keine Bedenken gegen die Aufnahme einer solchen Tätigkeit bestehen. Selbst wenn es aus der Sicht eines geänderten Verständnisses der Berufsfreiheit auf dem Gebiet der Steuerberatung ausreichend erscheinen sollte, eine gewerbliche Nebentätigkeit grundsätzlich zu gestatten und nur im Einzelfall bei konkreten Gefahren für die Steuerberatung zu verbieten, hat der BFH die gesetzliche Regelung als verfassungsrechtlich hinnehmbar erachtet, weil der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers berücksichtigt werden müsse. Diese Regelung bedeutet lediglich, dass der Steuerberaterkammer zur Abwehr von Gefahren für die Steuerberatung ein vorgängiges Prüfungs- und Entscheidungsrecht eingeräumt wird, ob die beabsichtigte gewerbliche Tätigkeit mit den Aufgaben einer Steuerberatungsgesellschaft vereinbar ist. Ein solcher Genehmigungsvorbehalt wäre nur zu beanstanden, wenn eine Unvereinbarkeit von vornherein auszuschließen oder allenfalls ausnahmsweise zu gewärtigen wäre.

3. Ob das FG bzw. der BFH darüber entscheiden darf, ob eine Ausnahmegenehmigung für eine gewerbliche Tätigkeit zu erteilen ist oder ob dies einer gesonderten, gegebenenfalls vor den Verwaltungsgerichten zu erstreitenden Entscheidung der Steuerberaterkammer vorbehalten ist, wird bekannt­lich vom BFH anders beurteilt als vom BVerwG (BVerwG, Urteil vom 26.9.2012, 8 C 26.11, NJW 2013, 327; BFH, Beschluss des Senats vom 29.11.2011, VII B 110/09, BFH/NV 2012, 797). In der Besprechungsentscheidung musste sich der BFH aber mit diesem Dissens nicht auseinandersetzen, weil die Klägerin mit ihrem Begehren v...

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