Leitsatz

Bei einem Forstbetrieb ist die Totalgewinnprognose grundsätzlich generationenübergreifend über den Zeitraum der durchschnittlichen Umtriebszeit des darin vorherrschenden Baumbestands zu erstrecken. Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Forstbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier Forstbetriebe für einen fiktiven konsolidierten Forstbetrieb zu erstellen.

 

Normenkette

§ 13, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Land- und Forstwirt, hatte seinen aus verpachteten landwirtschaftlichen Flächen von 31 ha und einem selbst bewirtschafteten Forst von 55 ha bestehenden Betrieb zum 1.7.2002 unter Vorbehalt eines lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauchs auf seinen Sohn übertragen. In den Folgejahren erzielte der Kläger jeweils durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Verluste, die auf hohe negative Ergebnisse des eigenbewirtschafteten Forsts zurückzuführen waren.

Nach einer Außenprüfung erkannte das FA für das Jahr 2004 die forstwirtschaftlichen Verluste wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr an und erfasste bei der ESt-Festsetzung anstelle bisheriger Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nun Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Verpachtung der landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Gestützt auf mehrere Gutachten machte der Kläger geltend, aus dem Forst könne über die Dauer von 2001 bis 2092 insgesamt ein erheblicher Totalgewinn erzielt werden. Weder im Einspruchs- noch im Klageverfahren vor dem FG hatte der Kläger damit Erfolg. Das FG war der Meinung, für die Totalgewinnprognose sei allein auf den Nießbrauchsbetrieb abzustellen (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.11.2012, 4 K 344/09). Nach dem Tod des Klägers zu erwartende Überschüsse dürften nicht berücksichtigt werden.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Klägers statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. Bei einem Forstbetrieb sei eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose anzustellen, die auch die Phase der Übertragung des Betriebs auf die nächste Generation unter Nießbrauchsvorbehalt einschließe. Die vom Nießbraucher und Eigentümer unterhaltenen Betriebe seien dabei zusammenzufassen. Dazu, ob angesichts der konkreten Betriebsführung ein Totalgewinn zu erwarten sei, müsse das FG noch weitere Feststellungen treffen.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft einerseits die Besonderheiten eines forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen überaus langfristige Anlage auch bei der einkommensteuerlichen Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht berücksichtigt werden muss (dazu unter 2.). Darüber hinaus ist eine neuartige und nicht nur für forstwirtschaftliche Betriebe geltende Handhabung zur Ermittlung des Totalgewinns aus einem unter Vorbehalt des unentgeltlichen Nießbrauchs auf die nächste Generation übertragenen Betrieb entwickelt worden (dazu unter 3.).

2. a) Ein forstwirtschaftlicher Betrieb ist dadurch gekennzeichnet, dass derjenige, der Aufwendungen für die Anpflanzung trägt, in der Regel nicht derjenige ist, der den zugehörigen Ertrag aus dem Einschlag des Holzes erzielt. Deshalb spricht der BFH dem Forstwirt eine Gewinnerzielungsabsicht nicht deshalb ab, weil er Investitionen in Neuanpflanzungen vornimmt, ohne in absehbarer Zeit zu einem Totalgewinn führende ­Einnahmen erwarten zu können. Stattdessen wird eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose angestellt, die sich über die gesamte Wachstumsperiode des jeweiligen Baumbestands (sog. Umtriebszeit) erstreckt. Diese kann je nach Holzart sogar 100 Jahre überschreiten. Fällt die – naturgemäß mit hohen Unsicherheiten behaftete – Prognose nicht negativ aus, werden auch über viele Jahre hinweg erzielte Verluste anzuerkennen sein.

b) Das hiesige Urteil macht deutlich, dass eine konkrete Einzelfallprognose anzustellen ist, die nicht nur den jeweiligen Holzbestand im Detail berücksichtigt, sondern auch auf der im Beobachtungszeitraum erkennbaren Art der Betriebsführung beruhen muss. Es ist dabei zu unterstellen, dass auch alle betroffenen künftigen Generationen nach denselben Maßstäben wirtschaften werden wie die gegenwärtig betriebsführende Generation.

c) Ständiger Rechtsprechung des BFH entspricht es im Übrigen, bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb die Frage der Gewinnerzielungsabsicht getrennt für den landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Teil des Betriebs vorzunehmen. Fehlt für einen dieser Teile die Gewinnerzielungsabsicht, bleiben die betreffenden Verluste unberücksichtigt (sog. Segmentierung).

3. Neu sind die Überlegungen des BFH zur zusammengefassten Totalgewinnprognose bei zwischen Vorbehaltsnießbraucher und Eigentümer aufgespaltenem Betrieb.

a) Mit der Übertragung des Eigentums unter Vorbehalt des Nießbrauchs kommt es zu einer Art Aufspaltung des bisherigen Betriebs in einen ruhenden Betrieb in der Hand des Eigentümers und einen aktiven Betrieb in der Hand des Nießbrauchers. Eine solche Art der Betriebsübertr...

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