Rz. 49

Erfolgt aufgrund eines DBA bzw. der Regelungen in § 43b EStG und § 50g EStG eine Freistellung der Vergütung vom Steuerabzug oder eine Reduzierung des Abzugssteuersatzes, ermöglicht es § 50d Abs. 2 EStG dem Vergütungsschuldner in bestimmten Fällen vom Steuerabzug abzusehen. Damit wird das umständliche Verfahren der Einbehaltung und Abführung der Steuer mit nachfolgender Erstattung an den Vergütungsempfänger vermieden. Grundlage hierfür ist eine Freistellungsbescheinigung; diese ist vom Freistellungsbescheid im Erstattungsverfahren (Rz. 37) zu unterscheiden.[1] Adressat der Freistellungsbescheinigung und Vergütungsgläubiger müssen identisch sein.[2]

 

Rz. 50

§ 50d Abs. 2 S. 1 EStG enthält für das Freistellungsverfahren 2 unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Ohne weitere Einschränkungen ist das Freistellungsverfahren nach Halbs. 1 anwendbar für die Entlastung nach §§ 43, 50a Abs. 1 und 50g EStG. Für die Entlastung von KapESt, die auf einem DBA beruht (also nicht auf § 43b EStG) enthält § 50d Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG einen besonderen Tatbestand, der das Freistellungsverfahren einschränkt (hierzu Rz. 50a). Das Freistellungsverfahren, das nach Wahl der Beteiligten neben das Erstattungsverfahren tritt, ist danach bei folgenden Vergütungen zulässig:

  • Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Dividenden, sonstige Gewinnausschüttungen), die unter § 43b EStG fallen; es handelt sich um Gewinnausschüttungen an Kapitalgesellschaften in einem EU-Staat, die seit mindestens 12 Monaten mit mindestens 10 % beteiligt sind. Für diese Gewinnausschüttungen reduziert § 43b EStG den KapESt-Satz auf 0 %. Das Freistellungsverfahren gilt für alle Gewinnausschüttungen, also auch für verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Einschränkungen nach § 50d Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG gelten nur für die Entlastung nach DBA, nicht für die Entlastung nach § 43b EStG.
  • § 50d Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG erweitert die Möglichkeit der Freistellung auf Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die von einer unbeschränkt stpfl. Kapitalgesellschaft (also z. B. nicht Genossenschaft) an eine Kapitalgesellschaft in einem Nicht-EU-Staat gezahlt werden, die aber nach einem DBA einer niedrigeren KapESt oder keiner KapESt unterliegen. Die Möglichkeit des Freistellungsverfahrens bei einer Entlastung von der KapESt nach einem DBA wird hierdurch stark eingeschränkt; Einzelheiten Rz. 50a. Das Freistellungsverfahren betrifft insbesondere das internationale Schachtelprivileg, wonach die ausl. Kapitalgesellschaft an der inländischen regelmäßig zu mindestens 25 %, nach einer Reihe von DBA reduziert auf 10 %, unmittelbar beteiligt sein muss (§ 50d Abs. 2 S. 1 EStG). Das Freistellungsverfahren gilt für alle Gewinnausschüttungen, die nach dem einschlägigen DBA als Dividendeneinkünfte (Art. 10 OECD-MA) eingeordnet werden, also auch für vGA. Da sich der Begriff der "Dividende" in den DBA regelmäßig nach dem Recht des Staats der ausschüttenden Gesellschaft richtet (Art. 10 Abs. 3 OECD-MA), gilt das Freistellungsverfahren auch für Liquidationserlöse und gleichgestellte Bezüge einer inländischen Kapitalgesellschaft (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG), soweit es sich nicht um Rückzahlung von Nennkapital oder Auskehrungen aus dem steuerlichen Einlagekonto handelt.[3]
  • Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG, die nach einem DBA von der Steuer im Quellenstaat entlastet sind. Das Freistellungsverfahren ist ohne weitere Voraussetzungen anwendbar. Weder braucht der Vergütungsgläubiger an dem Vergütungsschuldner beteiligt zu sein, noch muss der Vergütungsgläubiger Kapitalgesellschaft sein. Das Freistellungsverfahren ist daher auch für natürliche Personen als Vergütungsgläubiger eröffnet. Die gegenteiligen Einschränkungen nach § 50d Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG gelten nur für die Entlastung nach einem DBA für Kapitalgesellschaften, nicht für andere Fälle der Entlastung.
  • Lizenzzahlungen innerhalb eines EU-Konzerns können nach § 50g EStG entlastungsberechtigt sein.
  • Zinszahlungen innerhalb eines EU-Konzerns nach § 50g EStG.
 

Rz. 50a

Für die Entlastung von Kapitalerträgen nach einem DBA enthält § 50d Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG einen besonderen Tatbestand. Das Freistellungsverfahren ist danach nur anwendbar, wenn der Vergütungsgläubiger eine im anderen Vertragsstaat ansässige Kapitalgesellschaft ist, die an der im Inland ansässigen ausschüttenden Kapitalgesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt ist. Die Entlastung nach DBA betrifft in erster Linie das internationale Schachtelprivileg, jedoch werden auch Portfoliodividenden entlastet. Bei diesen reduziert ein DBA die KapESt regelmäßig von 25 % auf 15 %, wobei diese Entlastung sowohl Körperschaften als auch natürlichen Personen zusteht. Nach § 50d Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 EStG steht das Freistellungsverfahren jedoch nur einer im anderen Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft offen. Ausgeschlossen ist damit das Freistellungsverfahren für den Entlastungsanspruch natürlicher Personen und von ausl. Körperschaften, die nach dem Rechtstypenvergleich nicht einer inländi...

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