Rz. 117

§ 50d Abs. 8 und 9 EStG enthalten materielle Bestimmungen für unbeschränkt Stpfl. bei Bestehen eines DBA, indem sie bestimmte Regelungen des jeweiligen DBA verdrängen. Es handelt sich daher um einen Treaty Override (Rz. 4ff.). Der Sache nach enthalten die beiden Vorschriften "Switch-over-" oder "Subject-to-tax-Klauseln". Beide Arten von Klauseln unterscheiden sich zwar in ihrem Regelungszweck und daher im Tatbestand, jedoch nicht in ihren Wirkungen und sind daher schwer voneinander zu unterscheiden. Die Unterscheidung wird zusätzlich dadurch erschwert, dass z. B. § 50d Abs. 8 EStG eine Mischung von "Subject-to-tax-Klausel" und "Switch-over-Klausel" in der hier vertretenen Terminologie darstellt.

 

Rz. 118

Im Folgenden werden unter "Switch-over-Klauseln" solche Klauseln verstanden, die die Folgen eines Qualifikationskonflikts regeln, der vorliegt, wenn die beiden beteiligten Staaten die Vorschriften eines DBA unterschiedlich auslegen. In diesem Fall kann der Ansässigkeitsstaat von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode übergehen, wenn der Qualifikationskonflikt dazu führt, dass der Quellenstaat die Einkünfte nicht oder nur mit einem der Höhe nach begrenzten Quellensteuersatz besteuert. Rechtspolitisch ist eine solche Klausel problematisch, da das zutreffende Mittel zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten ein Verständigungsverfahren im Einzelfall oder eine allgemeine Verständigungsvereinbarung wäre.

 

Rz. 119

Eine "Subject-to-tax-Klausel" ist dagegen eine Klausel, die die Steuerfolgen in dem einen Staat von der Besteuerung in dem anderen Staat abhängig macht, ohne dass eine mögliche Freistellung in dem anderen Staat auf einer unterschiedlichen Interpretation des DBA, also einen Qualifikationskonflikt, zurückzuführen ist. Für das Eingreifen der Vorschrift genügt, je nach Formulierung der Klausel, eine niedrige Besteuerung. So wäre nach dieser Definition § 20 Abs. 2 AStG eine Subject-to-tax-Klausel, obwohl der Wortlaut eher auf eine Switch-over-Klausel hinweist. Rechtspolitisch lässt sich eine Subject-to-tax-Klausel eher rechtfertigen als eine Switch-over-Klausel, da der Staat in dem DBA die Freistellung regelmäßig nur deshalb gewähren will, weil er von einer aus seiner Sicht ausreichenden Besteuerung im anderen Staat ausgeht. Trifft diese Annahme im Einzelfall nicht zu, wird dieser Staat keine Veranlassung zur Freistellung sehen.

 

Rz. 120

Switch-over-Klauseln und Subject-to-tax-Klauseln können in den DBA, aber auch in nationalen Gesetzen enthalten sein. So enthalten § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG und § 20 Abs. 2 AStG eine Subject-to-Tax-Klausel, § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG eine Switch-over-Klausel und § 50d Abs. 8 EStG sowohl eine Switch-over-Klausel als auch eine Subject-to-tax-Klausel. Für die DBA hat die OECD in Art. 23 A Abs. 4 OECD-MA die Aufnahme einer Switch-over-Klausel vorgeschlagen. In älteren DBA ist eine solche Klausel häufig noch nicht enthalten; ihre Funktion übernimmt eine entsprechende Regelung in den Protokollnotizen.[1] In neueren DBA sind solche Regelung regelmäßig im Text des DBA vereinbart worden.[2]

 

Rz. 121

In ihren Wirkungen sind beide Arten von Klauseln gleich. Sie bewirken nämlich einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Bei der Switch-over-Klausel ist dies bereits in der Bezeichnung ausgedrückt; sie führt zu einem "Umschalten" von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Dies gilt aber auch für die Subject-to-tax-Klausel. Für diese Wirkung ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Freistellung in dem Methodenartikel des DBA enthalten ist oder bereits in einem Verteilungsartikel. Die nationalen Subject-to-tax-Klauseln bzw. Switch-over-Klauseln wie § 50d Abs. 8, 9 EStG machen insoweit keinen Unterschied.[3] Anders ist es nur, wenn die entsprechende Klausel in dem Methodenartikel des DBA enthalten ist.[4] Dann tritt der Übergang zur Anrechnungsmethode nur bei im Methodenartikel angeordneten Freistellungen ein, nicht soweit die Freistellung bereits im Verteilungsartikel enthalten ist.

 

Rz. 122

Eine besondere Form der "Subject-to-tax-Klausel" ist nach der Rspr. des BFH die sog. "Quellenregel".[5]

Danach gelten Einkünfte, die nach dem jeweils anwendbaren DBA im Quellenstaat besteuert werden können, als Einkünfte aus Quellen dieses Staates und unterliegen damit im Ansässigkeitsstaat der Freistellung.[6] Der BFH versteht diese Klausel so, dass die Einkünfte "nur" dann als Einkünfte aus ausl. Quellen gelten, wenn sie nach dem DBA im ausl. Staat besteuert werden können. Ist das nicht der Fall, greift nicht die Freistellungs- sondern die Anrechnungsmethode ein. Bei diesem Verständnis wirkt die Quellenregel wie eine Subject-to-Tax-Klausel.

[1] Z. B. DBA Italien mit Ziff. 18 Buchst. b des Protokolls aus dem Jahr 1989; DBA Niederlande aus dem Jahr 1959; DBA Österreich aus dem Jahr 2000.
[2] Z. B. Art. 23 Abs. 4 Buchst. b DBA-USA aus dem Jahr 2008; Art. 22 Abs. 1 Buchst. e Doppelbuchst. aa DBA-Niederlande aus dem Jahr 2012; Art. 22 Abs. 1 Buchst. e Doppelbuchst. aa, cc.
[3] Im Ergebnis...

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